„Ich muss noch schnell einkaufen gehen.“ „Ich muss jetzt zur Arbeit“ oder „Ich muss endlich mal früher ins Bett gehen“. Wie oft lauten deine Sätze so oder so ähnlich? Fallen dir Gemeinsamkeiten auf? Jede Aussage enthält das Wort „müssen“.
Doch was macht das mit deiner Selbstwahrnehmung? Ich habe festgestellt, dass mich das Wort „müssen“ massiv stresst. Und da der ganze Alltag aus einer Aneinanderreihung von Pflichten zu bestehen scheint, steigt mein Frustlevel.
Vor kurzem habe ich die erstaunliche Entdeckung gemacht, wie eine kleine Veränderung in der Wortwahl alles verändern kann. Darum geht es in diesem Artikel.
Nicht ständig „müssen müssen“
Während meiner Studienzeit bin ich oft Bahn gefahren. Monatelang prangte eine Werbung im Ausstiegsbereich, die ein Mittelchen gegen das ständige „Müssen“ anpries. Eigentlich ging es um ein körperliches Leiden bei Männern, aber mich hat dieser Satz auch im übertragenen Sinn angesprochen: Ich möchte nicht dauernd „müssen müssen“.
Denn „Müssen“ suggeriert, dass ich lieber etwas anderes täte, aber keine andere Wahl habe. Ich scheine von äußeren Faktoren oder den Erwartungen anderer gesteuert zu werden, ohne selbst Einfluss auf den Kurs nehmen zu können.
Dadurch verschwindet zunehmend mein persönlicher Handlungsspielraum, und an seine Stelle tritt ein lähmendes Gefühl der Ohnmacht.
Ich fühle mich fremdgesteuert, als Opfer der Umstände. Persönlicher Gestaltungsspielraum? Fehlanzeige.
Du hast die Wahl!
Doch warum sind wir so geprägt, dass wir dem Wort „müssen“ so viel Raum geben? Warum meinen wir überhaupt, so viele Dinge tun zu müssen? Als ich darüber nachgedacht habe, habe ich eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Wir müssen fast gar nichts. Weder einkaufen noch arbeiten noch früher ins Bett gehen.
Ja, du hast richtig gelesen. Ich muss das alles nicht – und du auch nicht. Wir haben diese Tagesstruktur selbst geschaffen, weil sie uns sinnvoll erscheint. Aber sie basiert auf unserer eigenen Entscheidung:
- Ich entscheide mich dafür, einkaufen zu gehen, weil ich mich nicht nur von Cornflakesresten ernähren will.
- Ich entscheide mich zu arbeiten, weil ich die körperlichen und geistigen Fähigkeiten dazu haben und deshalb nicht vom Bürgergeld leben möchte.
- Ich entscheide mich, früher ins Bett zu gehen, um am nächsten Morgen ausgeschlafen zu sein.
Du siehst also: Nichts davon ist ein echtes „Muss“. Natürlich hat jede Entscheidung ihre Folgen – aber am Ende liegt sie bei dir. Und genau darin liegt deine Kraft: Du lebst nicht in einem starren Korsett, sondern hast die Möglichkeit, dein Leben bewusst zu gestalten.
Du kannst selbst bestimmen, welchen Kurs du nimmst – Tag für Tag.
Bewusst sprechen, aktiv handeln
Einen wichtigen Anteil daran hat deine Sprache. Ich ermutige dich: Verbanne das Wort „müssen“ probeweise für drei Tage aus deinem Wortschatz. Du wirst erstaunt sein, welchen Unterschied es macht. Nutze stattdessen „möchten“ beziehungsweise „wollen“ – und lass dich überraschen, wie sehr das deine Selbstwahrnehmung verändert.
Denn mit einem Schlag wirst du vom Opfer der Umstände zum Aktiv-Handelnden. Wenn du möchtest (hier üben wir schon mal), kannst du hinzufügen, welche Vorteile deine Entscheidung hat:
- „Ich möchte jetzt zur Arbeit fahren (– denn ich bin gerne pünktlich).“
- „Ich möchte den Kram wegräumen (– denn ich schätze ein aufgeräumtes Zuhause).“
- „Ich möchte jetzt einkaufen gehen (– denn heute gibt es ein gutes Angebot).“
Diese Wortwahl hilft dir auch, klarer zu erkennen, wenn du etwas wirklich nicht möchtest. Dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Warum meinst du, dies oder das gegen deinen Willen tun zu müssen? Und was würde sich ändern, wenn du es nicht mehr tätest?
Ein banales Beispiel: Ich koche ungern mittags unter der Woche, weil es so viel Zeit in Anspruch nimmt. Welche Alternativen gibt es? Ich kann abends warm essen oder für den nächsten Tag vorkochen. Ich kann Fertiggerichte essen oder Essen bestellen. Die Konsequenzen? Überschaubar. Zur Not faste ich eben mittags.
Und wenn ich doch „keine Wahl“ habe?
Manchmal scheinen wir jedoch wirklich keine Wahl zu haben: Der Chef bestellt dich zu einem unangenehmen Gespräch ein. Die Polizei hat dir einen Strafzettel geschickt. Klar, theoretisch könntest du das Gespräch sausen lassen – wenn du bereit bist, eine Abmahnung in Kauf zu nehmen. Du könntest den Strafzettel einfach wegwerfen – wenn dir ein Besuch vom Gerichtsvollzieher nichts ausmacht.
An solchen Stellen mit „möchten“ zu hantieren, wäre unnatürlich. Dennoch kannst du deinen Part sprachlich aktiver gestalten und dir damit die Kontrolle über die Situation zurückholen, indem du es so oder so ähnlich formulierst: „Ich werde mit dem Chef sprechen“ oder „Ich werde den Strafzettel bezahlen“.
So signalisierst du dir selbst: Ich mag zwar keine Lust auf diese Aufgabe verspüren, aber ich gehe sie aktiv an.
Ich habe mich bewusst entschieden, in diesem Fall dem äußeren Zwang zu folgen, weil die möglichen Konsequenzen schlimmer als die gebotene Pflicht sind. Auch das ist Freiheit.
Innere Freiheit auch in äußeren Zwängen
In diesem Zusammenhang denke ich an eine Bibelstelle aus dem Neuen Testament. Der Apostel Paulus schreibt da: „Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2. Korinther 3,17).
Die Freiheit, von der Paulus hier spricht, bedeutet nicht, dass alle äußeren Zwänge verschwinden. Wir leben weiterhin in einer Welt mit Verpflichtungen, Erwartungen und auch Situationen, die wir uns nicht ausgesucht haben. Auch Paulus selbst litt unter starken Einschränkungen wie Verfolgung, Gefängnisaufenthalten und einer chronischen Krankheit.
Doch unsere innere Haltung gibt am Ende den Ausschlag: Selbst wenn etwas unvermeidbar scheint, darf ich mich dennoch frei fühlen – weil Gott mir diese innere Weite schenkt. Damit bin ich nicht mehr getrieben, sondern kann in dem von außen gesetzten (und manchmal auch erlittenen) Rahmen bewusst und aktiv mein Leben gestalten.
So wie Paulus: Trotz Gefangenschaft und Bedrängnis berichtete er an vielen Stellen in seinen Briefen von der tiefen Freiheit, die er in Christus erlebte (vgl. Philipper 1,12-14).
Mach den Selbstversuch!
Fühlst du dich auch oft mehr gelebt, als dass du selbst aktiv lebst? Ständig unter Druck durch deine vielen To-Dos und Aufgaben? Dann ermutige ich dich: Probiere es aus! Verzichte auf das Wort „müssen“ und beobachte, wie es deine Haltung verändert.
Vielleicht merkst du schon nach kurzer Zeit:
Du musst viel weniger, als du denkst – und darfst viel freier leben, als du glaubst.
Denn manchmal beginnt echte Freiheit nicht mit großen Schritten, sondern mit einem kleinen Wort, das du loslässt.
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Eigentlich müsste man darüber nicht schreiben, da es jeder eigentlich schon weiß.
Mir hat der Artikel trotzdem sehr geholfen. Sie haben Wahrheiten auf den Punkt gebracht: lämende Ohnmacht - wer … mehrkennt das nicht?
Freiheit - die wir in und mit Jesus erleben.
Einfach andere Worte wählen und so auch die Sicht auf die Dinge ändern.
Danke!
Wem wollt ihr mit solchen Artikeln helfen? Könnt ihr Jobs backen? Dann braucht niemand mehr von Bürgergeld zu leben. Könnt ihr ungerechte und schlechte Politiker und Vorstände in Deutschland … mehraustauschen? Dann tut es. Aber verschont die Leute bitte mit solchen Artikeln. Damit ist niemanden geholfen. Setzt euch lieber für eine bessere Welt ein, dann spricht schon bald niemand mehr von "Müssen".
Moin, das geht auch schön mit dem Wort -> Aber<-. Danke für den Artikel.