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© Verne Ho / unsplash.com

25.09.2024 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Katrin Faludi

Der Teufelskreis der Angst

Warum hat uns Angst manchmal so fest im Griff? Und was können wir tun, um sie zu durchbrechen?

Welcher Anblick oder welche Vorstellung löst bei dir automatisch Angst aus?  

Jeder von uns wird diese Frage anders beantworten. Bei mir war es bis vor Kurzem die Vorstellung, in einen Segelflieger zu steigen. Dabei fliege ich unheimlich gerne! Ich liebe es, in ein großes Verkehrsflugzeug zu steigen und mich damit in die Lüfte zu erheben. Bei Kleinflugzeugen hörte diese Liebe jedoch schlagartig auf. Warum? Weil ich in den Nachrichten zu oft von tödlichen Unfällen mit Kleinflugzeugen gelesen habe. 

Nun kam neulich mal wieder die Einladung durch einen guten Freund, eine Runde bei ihm im Segelflieger mitzufliegen. Die erste Einladung hatte ich abgelehnt, doch als die zweite kam nahm ich mir vor, mich zu überwinden und sagte zu. 

Zugleich aber lief vor meinem inneren Auge ein Film ab mit Bildern von zerschellten Kleinflugzeugen in Waldgebieten oder auf Äckern, von Hilfskräften, die Zinksärge von der Unfallstelle wegtragen. Wollte ich wirklich so enden? Ich bekam Beklemmungen, wenn ich nur daran dachte.  

Als ich dann im Flieger saß, die Haube über mir geschlossen wurde und der Pilot fröhlich verkündete: „Jetzt geht’s los!“, als sich das Zugseil spannte, das uns in die Luft befördern sollte, schlug mir das Herz bis zum Hals, denn ich wusste: Es ist zu spät zum Aussteigen …  

Reiz, Bewertung und Körperreaktion 

Meine Damen und Herren, willkommen im Kreislauf der Angst! 

Was ist hier passiert? Ich habe euch an einem Beispiel, das ich kürzlich erlebt habe, dargestellt, wie eine Angstreaktion abläuft, das heißt was ein Reiz, eine körperliche Reaktion und die Bewertung derer auslösen, was wir als Angst empfinden. 

An erster Stelle steht immer ein Reiz. Das kann alles Mögliche sein. Bei mir war es in dieser Situation das Kleinflugzeug. Bei anderen kann es ein Hund sein, eine Spinne, große Höhe oder ein anstehendes Telefonat .  

Dieser Reiz ist im Gehirn unmittelbar mit Angst verknüpft, oft aus einer früheren Erfahrung heraus. Taucht der Reiz auf, wird im Gehirn also automatisch der „Angst-Knopf“ gedrückt. Wir bewerten den Reiz sofort als gefährlich, ohne dass er es zwangsläufig ist.  

Auf den Reiz und die automatische Einsortierung als Gefahr hin leitet das Gehirn in kürzester Zeit eine körperliche Reaktion ein. Unser Nervensystem beginnt zu feuern: der Herzschlag erhöht sich, die Atmung wird flacher, der Blutdruck steigt, die Muskeln spannen sich an, die Verdauung wird eingestellt. Warum das Ganze? 

Kampf oder Flucht 

Unser Körper schaltet dadurch sofort in einen Kampf- oder Fluchtmodus. Denn Angst bedeutet „Gefahr“ und einer Gefahr müssen wir entweder entfliehen oder uns gegen sie verteidigen. Dieser körperliche Mechanismus ist uralt und dient dazu, unser Überleben zu sichern.  

Was bei uns davon bewusst ankommt ist Unwohlsein, das Gefühl von Beklemmung oder schlimmstenfalls sogar blanke Panik. Das ist das, was wir als Angst erleben.  

Das Problem daran ist unsere Bewertung des Ganzen. Wir nehmen den Reiz und die unmittelbare Reaktion unseres Körpers wahr und bilden daraus eine unheilvolle Verknüpfung: Der Reiz macht mir Angst, also ist er gefährlich! 

Tatsächlich löst aber diese zwischengeschaltete unbewusste Bewertung die Angst aus – nicht der Reiz an sich. Im Falle eines Hundes kann es also sein, dass wir bei seinem Anblick sofort mit Angst reagieren, obwohl vor uns ein harmloser Chihuahua steht und keine reißende Bestie. 

Exit-Strategie 

Die gute Nachricht ist: Diese Verknüpfung können wir lösen. Es ist möglich, aus einer Angstreaktion auszusteigen – noch bevor sie sich aufschaukelt und in einen Teufelskreis mündet. Ein solcher Teufelskreis beginnt, wenn wir schon Angst vor der eigentlichen Angstreaktion entwickeln. Das führt dazu, dass wir den Auslöser meiden, was kurzfristig Entlastung verspricht, uns langfristig aber im Leben einschränken kann.  

Denn was ist, wenn ich immer wieder am Nachbarhund vorbeigehen muss? Oder wenn ich beruflich fliegen muss, obwohl ich Flugangst habe? Ich habe meiner Angst nachgegeben und den Auslöser erfolgreich vermieden, als ich die erste Einladung zum Segelfliegen ausgeschlagen habe. Dabei habe ich mich aber auch um ein schönes Erlebnis gebracht, wie ich nach meinem Flug nach der zweiten Einladung dann festgestellt habe. 

Um der Angst nicht hilflos ausgeliefert zu bleiben, ist es wichtig, zu verstehen, welche Reize Angst in uns auslösen, welche körperliche Reaktion bei uns anspringt und dass wir dem entgegenwirken können. Durch dieses Bewusstmachen und eine wirkvolle Gegenstrategie können die ursprünglichen Bewertungsmuster in realistischere und hilfreichere umgeschrieben werden.  

Aber wie funktioniert das genau? Wie kommen wir unseren angstauslösenden Reizen auf die Spur und wie können wir diese Verknüpfungen lösen, um befreiter zu leben? Antworten auf diese Fragen liefert der ERF Jess-Podcast „Heavenly Mental – Über Gott und die Psyche“. In Folge 2 erläutert Co-Host und Psychotherapeutin Sandra Erbach den Teufelskreis der Angst und stellt wirksame Übungen vor, die jeder im Fall einer Angstreaktion anwenden kann. 

Der Podcast ist in folgenden Podcast-Portalen verfügbar:

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Autor/-in

Katrin Faludi

  |  Redakteurin

Katrin Faludi hat Medienwissenschaft und Amerikanistik studiert. Hauptberuflich arbeitet sie seit vielen Jahren als Radioredakteurin, nebenberuflich ist sie Buchautorin. Zu ihren Themen gehören Lebenshilfe und seelische Gesundheit, denen sie mit einer Prise Humor sehr gerne die Schwere nimmt. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und mag alles, was mit Sprache(n) zu tun hat.

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