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© Anton Mislawsky / unsplash.com

31.10.2025 / Gastbeitrag / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Ester Heinzmann

Warum gibt es Judenhass?

Über den Ursprung von Antisemitismus und den Umgang damit. Eine Spurensuche in der Bibel.

Als mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Verbrechen des Holocausts ans Licht kamen, galt der Antisemitismus als entlarvt und erledigt. Erschüttert über den brutalen Massenmord an sechs Millionen Juden dachte man, endgültig aus der Geschichte gelernt zu haben. 

Doch das Ausmaß und die Gewaltbereitschaft des Judenhasses, der seit dem grausamen Massaker vom 7. Oktober 2023 sein hässliches Haupt wieder erhoben hat, verdeutlichen: Antisemitismus ist mitnichten ein Phänomen der Vergangenheit. An US-Universitäten schüchtern pro-Hamas Demonstranten jüdische Studenten und Fakultätsmitglieder ein. In Wien und Neapel werden israelische Touristen aus Restaurants gejagt. In Amsterdam werden israelische Fußballfans verprügelt.

Selbst mittelalterliche Ritualmordlegenden und Verschwörungsmythen erleben ein „Comeback“ und inzwischen bringen sogar junge Menschen Sympathien für die Verbrechen des Holocausts zum Ausdruck. Der Hass hat bereits erste Todesopfer gefordert: Im Mai 2025 wurde in der US-Hauptstadt Washington D.C. ein jüdisches Paar auf offener Straße erschossen, im britischen Manchester starben Anfang Oktober zwei Juden bei einem Angriff auf eine Synagoge. 

Das Ziel des Judenhasses

Juden machen lediglich 0,2% der Weltbevölkerung aus, leisten aber einen erstaunlichen, positiven Beitrag für die Menschheit: Unter den Nobelpreisträgern sind sie überdurchschnittlich vertreten. Der jüdische Staat ist in Sachen Forschung und Entwicklung weltweit führend, bahnbrechende medizinische Errungenschaften „Made in Israel“ retten weltweit Menschenleben und in Katastrophengebieten gehören israelische Einsatzkräfte meist zu den ersten und professionellsten Helfern.

Dennoch bleibt die jahrtausendealte Judenfeindschaft ungebrochen. Sie überdauert die Zeiten und überwindet geografische Grenzen. 

Sie hängt nicht davon ab, was Juden tun oder nicht tun, wie sie sich verhalten oder nicht verhalten, oder ob sie als Minderheit in einem beliebigen Land leben oder ihren eigenen Staat haben.

Antisemitismus ist wandlungsfähig. Er betrifft jede gesellschaftliche Gruppe und äußert sich in verschiedenen Formen: als religiöse Judenfeindschaft – wie im Europa des Mittelalters oder in vielen islamischen Ländern heute, als rassistischer Judenhass – wie in Nazi-Deutschland oder als Hass auf den Staat Israel, den „Juden“ unter den Staaten.

Was aber unterscheidet Antisemitismus von anderen Formen der Diskriminierung? Die Antisemitismus-Forscherin Monika Schwarz-Friesel vertritt die These, Antisemitismus sei nicht mit Rassismus gleichzusetzen. Denn während Rassismus die Herabsetzung des „Anderen“ zum Ziel habe, ziele der Judenhass auf die völlige Auslöschung des jüdischen Volkes ab.

Die geistliche Wurzel des Antisemitismus

Die Wandlungsfähigkeit des Judenhasses und auch sein grausames Ziel werden im Licht der Bibel verständlich. Er geht zurück auf den Beginn der Menschheitsgeschichte. 

Nach dem Sündenfall, dessen Folge die Trennung des Menschen von seinem Schöpfer war, versprach Gott, dass eines Tages „der Nachkomme“ der Frau kommen und der Schlange, Satan, den Kopf zertreten würde. Er sprach zur Schlange: „Von nun an setze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Ferse beißen“ (1. Mose 3,15).

Dieser Nachkomme der Frau, der Erlöser, durch den Gott die Menschheit mit sich versöhnen möchte, wird in den folgenden Büchern der Bibel als Nachkomme Abrahams, Judas und schließlich Davids weiter spezifiziert. Gottes Bundesschließung mit Abraham und die Erwählung Israels sind wesentliche Bestandteile dieses Erlösungsplans.

Gottes Bundesschließung mit Abraham und die Erwählung Israels sind wesentliche Bestandteile dieses Erlösungsplans. Die zentrale Rolle, die das jüdische Volk in Gottes Heilsplan einnimmt, lässt es zur Zielscheibe Satans werden.

Die zentrale Rolle, die das jüdische Volk in Gottes Heilsplan einnimmt, lässt es zur Zielscheibe Satans werden: Der Mord an den jüdischen Jungen in Ägypten und die Verfolgung durch den hellenistischen Herrscher Antiochus Epiphanes sind frühe Beispiele dafür. Die mittelalterliche Judenverfolgung und der in der Weltgeschichte beispiellose Massenmord an sechs Millionen Juden in Nazi-Deutschland zeigen, dass dieser geistliche Kampf bis heute andauert.

Israels Rolle in der Endzeit

Durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung hat Jesus Christus die Schuld der Menschen vor Gott beseitigt. Damit ist der erste Teil von Gottes Erlösungsplan erfüllt. Der zweite Teil wird dann vollendet, wenn Jesus wiederkommt und seine ewige Königsherrschaft antritt. 

Die Worte der biblischen Propheten verdeutlichen, dass dem zweiten Kommen Jesu die Rückkehr der Juden aus dem weltweiten Exil ins Land Israel, insbesondere nach Jerusalem, vorausgeht (vgl. Jeremia 31,8-10; Sacharja 12,10). Hinter dem Hass gegen den jüdischen Staat, der Infragestellung des Existenzrechtes Israels und des jüdischen Anspruchs auf die Hauptstadt Jerusalem, verbergen sich Satans Versuche, dies zu verhindern.

Es ist zu erwarten, dass der Hass auf Juden und Israel noch zunehmen werden, je näher die Wiederkunft Jesu rückt. Gottes Worte werden sich erfüllen, er wird zu seinem jüdischen Volk halten und am Ende als Sieger hervorgehen. Doch der Antisemitismus wird konkrete Konsequenzen für die Nationen haben. 

In seinem endzeitlichen Gericht wird Gott die Nationen richten, „wegen meines Volkes und meines Erbteils Israel, das sie unter die Nationen zerstreut haben. Und mein Land haben sie geteilt“ (Joel 4,2). In der Parallelstelle in Matthäus 25 warnt Jesus, dass auch jeder persönlich Rechenschaft über sein Handeln ablegen muss: „was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40). 

Er macht klar, dass unser Umgang mit Notleidenden und Verfolgten unsere Beziehung zu ihm direkt widerspiegelt. Vergleicht man dies mit Joels Worten, kann dies so verstanden werden, dass damit im Spezifischen auch die Einstellung gegenüber und der Umgang mit Juden gemeint ist.

Die Juden als lebendiger Gottesbeweis

Die weltweite Zerstreuung des jüdischen Volkes, die erlittene Verfolgung und die Rückkehr ins Land Israel als moderne Nation in unserer Zeit ist die Erfüllung biblischer Prophetie. Die jüdische Geschichte ist somit ein eindeutiger Beweis für den Wahrheitsanspruch der Bibel. Die Juden sind ein Zeugnis der Treue Gottes, der zu seinem Wort und zu seinem Bund mit ihnen steht.

Wenn die Bibel mehr als nur eine Sammlung mythologischer Geschichten, mehr als nur ein Buch unter vielen religiösen Büchern ist, dann haben die in ihr offenbarten Maßstäbe Gottes universellen Anspruch. Psalm 2 spricht davon, dass sich die Nationen gegen Gott und seinen Gesalbten zusammentun, um „ihre Stricke“ (die als einengend empfundenen biblischen Maßstäbe) zu zerreißen.

Vor diesem Hintergrund wird klar, warum Judenhass nicht mit Ausgrenzung oder Herabsetzung endet, sondern die Auslöschung der jüdischen Existenz sucht. 

Dieses aus der Vorantike stammende Volk existiert trotz schwerster Verfolgungen heute noch und hält an seinen uralten Traditionen fest. Damit sind die Juden eine Erinnerung daran, dass es einen lebendigen Gott gibt. 

Wie können Christen Antisemitismus entgegentreten?

Die Bibel offenbart nicht nur die Wurzel des Antisemitismus, sondern unterstreicht auch die Notwendigkeit, ihm entgegenzutreten. Der im Buch Ester beschriebene Konflikt zwischen dem Juden Mordechai und dem Amalekiter Haman am persischen Königshof zeigt Wege auf, wie Christen mit Judenhass umgehen können.

Nachdem Mordechai sich geweigert hatte, Haman die Ehrerbietung zu erweisen, war allein seine jüdische Identität für Haman Grund genug, alle Juden zu vernichten: „es war in seinen Augen zu gering, die Hand an Mordechai allein zu legen, da man ihm die Volkszugehörigkeit Mordechais mitgeteilt hatte“ (Ester 3,6). Mit Verleumdungen, Täuschungen und Manipulation gelang es Haman, die Erlaubnis des Königs Ahasveros zu erschleichen, einen Völkermord an den Juden zu verüben. 

Es ist anzunehmen, dass zu dieser Zeit das gesamte jüdische Volk innerhalb des Persischen Reichs lebte, das sich von Nordafrika bis Indien erstreckte. Wäre Hamans Plan aufgegangen, wäre die jüdische Weltbevölkerung ausgelöscht worden. Doch am persischen Hof herrschte Gleichgültigkeit: Niemand schien sich an Hamans Plänen zu stören, niemand protestierte oder nahm die Juden in Schutz. 

1. Nicht wegschauen

Auch die jüdische Königin Ester hätte schweigen können. Obwohl sie die Gefahr verstand, hatte sie die Möglichkeit, wegzuschauen, in der Hoffnung, dass das Unglück an ihr vorüberzieht. Doch Judenhass ist noch nie vorübergezogen. 

Der heute in unserer Gesellschaft erneut aufgeflammte Judenhass wird ebenfalls nicht einfach wieder verschwinden. Er wird sich weiter ausbreiten und immer mehr Juden werden Opfer von Gewalt werden – es sei denn, wir halten ihn auf. Wenn wir eines aus der deutschen Geschichte gelernt haben, dann ist es, dass wir nicht wegschauen dürfen.

2. Beten und handeln

Ester wusste um die geistliche Dimension des Judenhasses und bat die Juden der Hauptstadt Susa, mit ihr im Gebet und Fasten einzustehen, bevor sie sich beim König für ihr Volk einsetzte. 

Wir sollten für die Bewahrung jüdischer Menschen weltweit, hier in Deutschland und auch in Israel beten. Wir sollten beten für unser eigenes Land, insbesondere für Menschen, die Verantwortung in Regierung, Medien, Justiz und Kirche tragen, dass sie mit Weisheit und Entschlossenheit Antisemitismus entgegentreten.

Gleichzeitig sind wir zum Handeln aufgerufen. Auch nach der Gebets- und Fastenzeit war Ester weiterhin gefordert, die Initiative zu ergreifen und aktiv zu werden.

3. Die Juden nicht im Stich lassen

Ester gab sich als Jüdin zu erkennen und stellte sich an die Seite ihres Volkes. Damit machte sie sich zur Zielscheibe Hamans. Doch wie bereits Mose zog Ester es vor, mit dem Volk Gottes zu leiden, statt bequem im königlichen Palast zu leben (vgl. Hebräer 11,24-26).

Juden in Deutschland leben in Angst. Christen stehen vor der Entscheidung: Lassen wir die Juden im Stich? Oder kommen wir hinter unseren Kirchenmauern hervor und stellen uns öffentlich an ihre Seite, trotz aller möglichen Konsequenzen? 

4. Lüge mit Wahrheit konfrontieren

Erst nachdem Ester sich öffentlich zum Volk Israel gestellt und mutig Hamans Lügen und Intrigen aufgedeckt hatte, kam König Ahasveros seiner Verantwortung nach, seine Bürger zu schützen.

Auch wir müssen die Lügen aufdecken, die schamlos über das jüdische Volk und Israel fabriziert und verbreitet werden. Dies erfordert Mut, aber auch Zeit und Mühe, die Fakten zu recherchieren. Außerdem sollten wir beten, dass unsere Gesellschaft, unsere politischen und geistlichen Leiter die Wahrheit erkennen und ebenfalls handeln.

Gebet und Engagement gegen Judenhass

Hinter dem weltweit grassierenden Antisemitismus verbirgt sich Hass auf Gott, der sich Israel zum Volk auserwählt hat und durch dieses Volk die Menschheit mit sich versöhnen will. 

Als Christen sind wir aufgerufen zu beten: Für Israel und das jüdische Volk sowie für unser Land und die Menschen in Medien und Politik, damit sie wie König Ahasveros ihrer Verantwortung nachkommen und den Antisemitismus in die Schranken weisen.

Wir sollten auch für diejenigen beten, die antisemitische Lügen glauben oder gar verbreiten. Denn nur Jesus, der die Wahrheit ist, kann diese Menschen von der Lüge freisetzen. 

Wir sind aufgerufen zu handeln und uns an die Seite seines Volkes zu stellen, in aller Öffentlichkeit. Dabei sollten uns die Worte Jesu motivieren: „was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan.“ Die Juden sind die leiblichen Brüder Jesu, das Volk unseres Gottes. Ihr Leid darf uns nicht gleichgültig lassen.

 

Dieser Artikel wurde bereitgestellt von TBN Israel. TBN Israel ist Teil der Sar-El Group, eine familiengeführte Unternehmensgruppe mit Sitz in Jerusalem, die Christen weltweit mit Israel verbindet – durch Medien, Reisen, Begegnungen und mehr. Weitere Informationen finden Sie auf: www.sareltours.com/de

Autor/-in

Ester Heinzmann

  |  Freie Mitarbeiterin

Ester Heinzmann arbeitet als Content Creator bei TBN Israel. Die gebürtige Deutsche lebt in Jerusalem und möchte Menschen in Deutschland ein differenziertes Bild des modernen Israels vermitteln. TBN Israel ist Teil der Sar-El Group, eine familiengeführte Unternehmensgruppe mit Sitz in Jerusalem, die Christen weltweit mit Israel verbindet – durch Medien, Reisen, Begegnungen und mehr.
Weitere Informationen finden Sie auf: www.sareltours.com/de

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Kommentare (1)

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Ute /

Mit großer Freude habe ich diesen Artikel gelesen; ganz hervorragend! Ich hege große Zuneigung für das jüdische Volk und den Staat Israel. Man kann nicht Jesus lieben und ihm nachfolgen und sein Volk ablehnen.

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