Im alttestamentlichen Buch Jesaja findet sich eine Aufforderung Gottes, an die ich seit dem Schwarzen Schabbat am 07. Oktober 2023 immer wieder denken muss: „Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott“ (Jesaja 40,1).
Dieser kurze Vers aus der Bibel ist für viele Christen zu einer Art Leitmotiv für ihr Beten und Handeln im Blick auf Israel geworden. Manche haben diese Handlungsempfehlung im vergangenen Jahr sogar sehr konkret umgesetzt, indem sie nach Israel gereist sind, um dort bei der Ernte in der Landwirtschaft oder beim Aufbau der zerstörten Kibbuze zu helfen.
Mich spornt der Text zum Beten an. Wenn Du – gerade auch zum Jahrestag des Massakers der Hamas – mitbeten möchtest, hier einige Anliegen, für die du beten kannst:
Schutz vor Anschlägen für Juden
Seit dem 07. Oktober 2023 ist die Zahl der antisemitischen Vorfälle weltweit rasant gestiegen. Auch in Deutschland trauen sich viele jüdische Mitbürger nicht mehr offen, ihr Jüdischsein zu zeigen. Synagogen oder koschere Restaurants werden beschmiert oder beschädigt, Jüdinnen und Juden tätlich angegriffen. In den sozialen Medien trifft sie oft der volle Hass antisemitischer Propaganda. All das hat zu einem Klima der Angst und Verunsicherung unter Juden in Deutschland und weltweit beigetragen.
Gewisse ideologische oder religiöse Deutungen des Konfliktes und seine zumindest teilweise einseitige Darstellung in den westlichen Medien verschärfen dieses Klima noch. Jüdische Personen in Europa und den USA werden dadurch oft in die Defensive gedrängt und müssen sich für den Krieg in Israel rechtfertigen.
Bete dafür, dass Gott Juden und Jüdinnen, ihre Schulen, Synagogen und andere kulturelle Orte schützt und Anschläge verhindert.
Gerade zum Jahrestag des Terrorüberfalls besteht die Gefahr von Nachahmungstätern. Bete für eine faire Berichterstattung in den Medien und für eine strengere Nachverfolgung antisemitischer Beiträge in den sozialen Medien.
Außerdem kannst du um Weisheit und Mut für die jüdischen Gemeinden und Gemeinschaften hier im Land beten, damit sie ihre Sicht der Dinge so schildern können, dass sie gehört und verstanden werden. Wichtig ist auch Mut für Kirchen und Zivilpersonen, sodass sie sich trauen gegen Antisemitismus aufzustehen.
Einheit in der zerrissenen israelischen Gesellschaft
Schon vor dem 07. Oktober 2023 war die jüdisch-israelische Gesellschaft durch die damals geplante Justizreform gespalten. Die Terroranschläge der Hamas und die Geiselnahmen haben die Bevölkerung kurz geeint, aber mittlerweile sind die Fronten wieder sehr verhärtet.
Es geht dabei vor allem um die Frage, wie die Regierung die Verhandlungen im Gazastreifen führen soll: ob sie mehr Wert auf die rasche Befreiung der Geiseln oder auf langfristige Sicherheit legen soll. Dazu kommt, dass radikale Kräfte aus der rechts-religiösen Ecke den Konflikt mit scharfen Worten und teilweise auch Taten aufheizen.
Neben diesen Spannungen können immer noch etwa 60.000 Israelis nicht in ihre Häuser in Nordisrael zurückkehren. Für die Bewohner der zerstörten Kibbuzze stellt sich die Frage, ob sie überhaupt zurückkehren wollen. Familienangehörige sorgen sich um ihre Söhne und Töchter, die wiederholt als Reservisten in die Armee eingezogen worden sind. Außerdem leidet die Wirtschaft unter dem ausgebliebenen Tourismus und den fehlenden Arbeitern, zum Beispiel in der Landwirtschaft.
Bete dafür, dass Gott Menschen befähigt, in dieser aufgeheizten Stimmung vermittelnd auf ihre Umgebung einzuwirken, sowie um Weisheit für die israelische Regierung und gute politische Lösungen im Gazastreifen, im Westjordanland und im Grenzkonflikt mit dem Libanon.
Viele Menschen brauchen Kraft und Schutz für den kräftezehrenden Alltag in einem Land, das sich permanent im Krisen- und Kriegszustand befindet. Bete für Frieden, Hoffnung, Liebe, Mut und Gottvertrauen in den Herzen der Menschen und der Regierenden, damit nicht Hass und Unversöhnlichkeit die Überhand gewinnen. Ergänzend kannst du dafür beten, dass Jüdinnen und Juden in der persönlichen Begegnung mit Gott Trost und Kraft finden.
Messianische Juden und die Verkündigung des Evangeliums
Es gibt eine Anzahl an Jüdinnen und Juden, die wie wir Christen glauben, dass Jesus der von Gott verheißene Messias ist. Sie werden meist messianische Juden genannt. Sie bekennen Jesus als ihren Herrn, halten aber weiter jüdische Feste und Traditionen ein. Viele von ihnen dienen in der israelischen Armee.
Gleichsam sitzen sie als kleine Minderheit im Land zwischen allen Stühlen: Das Misstrauen der jüdischen Bevölkerung gegenüber allem Christlichem ist aufgrund der oft antisemitischen Haltung der Kirche in der Geschichte und aufgrund von Missverständnissen nach wie vor hoch. Trotzdem ist es vielen messianischen Juden ein Anliegen, dass ihre Landsleute Jesus ebenfalls als Messias kennenlernen.
Bete für Weisheit, damit messianische Juden ihren Glauben auf gute Art und Weise in ihren Familien, in der Gesellschaft und der Armee einbringen können. Bete außerdem dafür, dass sie Misstrauen und Missverständnisse über das Evangelium mit Liebe und Humor entgegenwirken.
Ein weiteres Anliegen ist, dass Jesus den Jüdinnen und Juden begegnet, die sich fragen, ob Jesus der von Gott versprochene Retter sein könnte.
Bitte zudem darum, dass messianische Juden und palästinensische Christen durch den gemeinsamen Glauben an Jesus Vorurteile und Hass überwinden können, sowie um Schutz für messianische Christen, die (Reserve-)Dienst in der Armee leisten.
Palästinensische Christen und ihre Rolle im Konflikt
Palästinensische Christen sind arabischstämmige Christen, die vor allem im Westjordanland und im Gazastreifen leben. Auch sie sitzen zwischen allen Stühlen. Sie leiden unter dem Krieg beziehungsweise unter den Einschränkungen und manchmal auch der Willkür, die das Leben im Westjordanland und dem kriegsgeschüttelten Gazastreifen mit sich bringen.
Viele palästinensische Christen leben in einer Umgebung, in der Abneigung oder Hass auf das jüdische Volk sehr präsent sind. Gleichzeitig sind sie als Christen in der muslimischen Mehrheitsgesellschaft eine religiöse Minderheit. Manche von ihnen hadern – verständlicherweise – mit der Frage, wie Israel das erwählte Volk Gottes sein soll und was das für ihre Identität als palästinensische Christen bedeutet.
Bete für die palästinensischen Christen im Gazastreifen um Gottes Schutz und seine Versorgung. Bete, dass palästinensische Christen ihre Identität als Gottes geliebte Kinder und als ein eigenständiges Volk finden, ohne dass sie Israels Identität als Gottes auserwähltes Volk dabei ablehnen müssen.
Stehe im Gebet außerdem für christliche Projekte im Westjordanland ein, die ein friedliches Zusammenleben zwischen den unterschiedlichen Nationalitäten und Religionen erfahrbar machen wollen. Bete, dass palästinensische Christen ihren Nachbarn und Bekannten auf gute Art und Weise ihren Glauben an Jesus bezeugen.
Arabischstämmige Israelis und Palästinenser
Arabischstämmige Israelis sind Palästinenser mit einem israelischen Pass, die nicht im Westjordanland oder im Gazastreifen leben. Sie dienen teilweise aus Überzeugung in der israelischen Armee, teilweise sind sie dem israelischen Staat gegenüber sehr kritisch eingestellt.
Anders ist die Lage im Gazastreifen und Westjordanland. Umfragen dort zeigen, dass eine große Mehrheit dort den Terrorüberfall der Hamas befürwortet. Allerdings dürften bei solchen Umfragen auch Angst vor Repressionen und der jahrelange Einfluss einer sehr emotionalen und hasserfüllten Propaganda eine wichtige Rolle spielen.
Palästinensische Friedensaktivisten oder gemäßigte Stimmen haben es schwer und müssen um ihr Leben fürchten. Gleichzeitig leiden die Menschen persönlich unter den Einschränkungen im Westjordanland und dem Krieg im Gazastreifen.
Bete dafür, dass Gott gemäßigte Kräfte und Friedensaktivisten im Westjordanland und im Gazastreifen schützt, sie stärkt und ihnen den Mut gibt, für ihre Überzeugung einzustehen.
Ein weiteres Anliegen ist der Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung. Bete, dass sie Gottes Hilfe und Trost in ihren ganz persönlichen Nöten erfahren.
Außerdem kannst du dafür beten, dass in der palästinensischen Bevölkerung die Sehnsucht nach Frieden und die Bereitschaft wachsen, die eigene Zukunft ohne Hass auf Israel zu gestalten. Bete für einen echten Neuanfang nach dem Krieg und dass auch die Weltgemeinschaft konstruktiv dazu beiträgt. Du kannst des Weiteren dafür beten, dass die islamistischen Terroristen erkennen, dass sie mit ihrem Hass und ihren Gewalttaten nicht im Sinne Gottes handeln.
Gebet als Brücke zwischen Utopie und Wirklichkeit
Klingt das alles utopisch? Ja, das tut es! Aber ein Gebet ist kein politisches Grundsatzprogramm, sondern die Bitte um Gottes Handel und Eingreifen. Ich glaube, dass Gott in diesem Krieg und in all dem Leid und Hass wirkt und einzelnen Menschen begegnet. Er möchte Menschen segnen und Unheil und Bösem abwehren.
Am Ende ist es Gott, der die politischen Geschicke in dieser Welt lenkt. Und immer wieder greift er in diese auch überraschend ein.
Aus diesen Gründen möchte ich konkret für die Menschen und die Situation in Israel beten. Das tue ich, obwohl ich von meinem Bibelverständnis her davon ausgehe, dass erst die Wiederkunft Jesu zu echtem und langfristigem Frieden in der Region und in der Welt an sich führen wird.
Bis es so weit ist, braucht es immer wieder neu tragfähige Zwischenlösungen für alle Beteiligten – und für diese kann und soll ich als Christin beten. Betest Du mit?
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Liebe Frau Wilhelm,
vielen Dank für diesen Artikel.
Für mich ist es ein ganz großes <anliegen Für das Volk Gottes zu beten.
Gerade im Blick auf Israel bin ich verunsichert, in welche Richtung ich … mehrbeten soll.
Es ist wichtig, da sachlich ran zu gehen. Ihre Impulse sind absolut hilfreich für mich.
Verstehen kann ich das Vorgehen Israels nicht immer. Ich seh auch die große Not, der Zivilbevölkerung in den Nachbarländern.
Danke, sehr hilfreich für mich.
Mit freundlichen Grüßen
Sigrid K.
Danke für die Gebetshilfe.
daß die Palästinenser weitgehend von Hamas-Gedanken geprägt sind (incl. ihrer Kinder, die auch schon Hamas-Werkzeuge geworden sind!!) das ist samt der … mehrHisbollah-Feindschaft denkbar schwierig. Im Libanon haben die iran-freundlichen H-Kämpfer auch schon die Bevölkerung direkt und indirekt als menschliche Schutzschilder eingesetzt. Deren Kinder zu bemitleiden und Kindermord anzuprangern, ist deshalb zu kurz gedacht.
Der Widersacher unseres Dreieinigen Gottes ist verstärkt am Werk.
Sicher ist Ihnen Amir Tsarfati bekannt und hoch geschätzt. Verlässliche glaubwürdige Informationsquellen sind selten. Gebet für Israel ist unsere Chance und Aufgabe.