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/ Wort zum Tag

Kraft für einen Tag!?

Gerhard Weinreich über Jesaja 40,30-31.

Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden.

Jesaja 40,30–31

6. Jahrhundert vor Christus. Schon seit langer Zeit leben die Israeliten im babylonischen Exil. Anfangs hoffen sie noch auf eine baldige Heimkehr. Doch je länger ihre Gefangenschaft dauert, umso deprimierter und resignierter werden sie. Da ruft ihnen der Prophet Jesaja zu: „Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden.“ Was für ein aktueller Mutmacher! Denn immer mehr Menschen erleiden heute einen „Burnout“, einen totalen Zusammenbruch oder stehen kurz davor.               

Mir ist eine Frau unvergesslich, die davon verschont blieb. Wie das? Ich besuche sie das erste Mal. Mir fallen in der Diele die vielen braunen, aufeinander gestapelten Kartons auf. Sie bemerkt mein erstauntes Gesicht und sagt: „Herr Pfarrer, da ist mein Essen in Breiform drin! Ich muss jeden Tag von einer Schwester des Roten Kreuzes künstlich ernährt werden.“ Dann bittet sie mich in ihr Wohnzimmer. Mein Blick fällt auf eine eingerahmte, schon ziemlich vergilbte Spruchkarte an der Wand. Ich sage: "Sie muss Ihnen viel bedeuten, weil sie dort hängt!" „Ja" antwortet sie. "Eine Diakonisse schenkte sie mir nach meiner ersten Operation. Sie ahnte wohl, welch langer Leidensweg auf mich wartete. So war es. In den vergangenen 15 Jahren musste ich 28-mal operiert werden! Seitdem bete ich morgens diese Spruchkarte, die mit den Worten beginnt: „Gib mir Kraft für EINEN Tag!“

Eine eigenartige Bitte an Gott! Brauchen wir nicht jeden Tag Kraft für die Aufgaben, Kämpfe und Enttäuschungen des Lebens? Die können auch junge Leute so müde und mürbe machen, dass sie keine Freude mehr am Leben haben! Selbst gestandene Männer können straucheln und in Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung fallen! Das war schon zu Zeiten Jesajas so. Doch für seine entmutigten Landsleute hat er Ermutigung: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft!" Aber was heißt auf Gott harren? Im Hebräischen, der Sprache des Alten Testaments, steht für harren ein Wort, das gebraucht wird, wenn ein Bogenschütze seinen Pfeil eingelegt hat, das Ziel ins Auge fasst und zielt. Voller Konzentration schaut er allein auf das Ziel. „Auf den HERRN harren," das sind nach Pfarrer Busch „nicht die, welche diese oder jene Möglichkeiten für ihr Leben ins Auge fassen und dabei auch noch ein bisschen Religion haben. Die auf den HERRN harren, das sind die, welche ganz mit ihm rechnen, nur mit ihm; die ihn allein ihren Heiland sein lassen. Solche bekommen täglich neue Kraft.“ Wie die Frau, die ich besuchte! Gott schenkte ihr immer wieder „Aufwinde", die sie – einem Adler gleich – im übertragenen Sinn „nach oben“ brachten und wie mit starken Flügeln trugen. Wohl uns, wenn ihre alte Spruchkarte auch uns heute beten lässt:

"Gib mir Kraft für EINEN Tag! HERR, ich bitte nur für diesen,
dass mir werde zugewiesen, was ich heute brauchen mag.
Jeder Tag hat seine Last, jeder Tag bringt neue Sorgen,
und ich weiß nicht, was für morgen Du mir, HERR, beschieden hast.
Aber eines weiß ich fest, dass mein GOTT, der Seine Treue
täglich mir bewies aufs Neue, sich auch morgen finden lässt.
Gib mir heute Deinen Geist, dass das Band wird stark erfunden,
das mich hält mit Dir verbunden und bis morgen nicht zerreißt.
Nun, so will ich meine Bahn ohne Sorgen weiter schreiten.
Du wirst Schritt für Schritt mich leiten, bis mein letzter Schritt getan."
Amen.

(Autor des Gebets: Edith Stein oder Rudolf Lehmann Filhes)

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Kommentare (4)

Waltraud R. /

Sehr gut

Bettina K. /

Vielen Dank! Sehr hilfreich!
Wünsche Ihnen auch einen guten Tag und eine gesegnete Adventszeit

Heinrich D. /

Vielen Dank für diese ermutigenden Worte.

Edith C. /

Vor über 60 Jahren erhielt ich an meiner Konfirmation diesen Spruch aus Jesaja von meinem Pfarrer. Er sagte mir überhaupt nicht zu, und ich wusste nicht was er mir sagen soll.
Es vergingen viele mehr