Sich als Gemeindeleiter, Pastor oder Ältester weiterbilden – das ist in Deutschland leicht. In ganz Deutschland gibt es Bibelschulen und theologische Hochschulen, die Tages- und Wochenendseminare anbieten und an denen man auch über einen längeren Zeitraum hinweg Theologie studieren kann. Anders ist das in China. Denn das Land ist riesig und es gibt nur wenige offizielle Kirchen. Viele Christen treffen sich in sogenannten „Hauskirchen“. Diese Hauskirchen sind staatlich nicht anerkannt. Deshalb ist es für ihre Gemeindeleiter mit Risiken verbunden, christliche Seminare oder sogar eine Bibelschule zu besuchen. Trotzdem brauchen die Leiter der stetig wachsenden chinesischen Gemeinden Schulungen in christlicher Theologie.
Ein Gemeindeleiter aus China
Unser weltweiter Missionspartner TWR will diese Gemeindeleiter unterstützen. Deshalb wurde das Radioseminar SOTA (Seminary on the Air) entwickelt. Dieses Programm ermöglicht chinesischen Gemeindeleitern und Pastoren schon seit vielen Jahren, sich theologisch innerhalb von drei Jahren umfassend weiterzubilden. Zunächst wurde SOTA über Kurzwelle ausgestrahlt. Doch seit 2012 ist es für die Teilnehmer auch möglich, auf die einzelnen Lektionen via Internet zuzugreifen. Da das Internet aber blockiert werden kann und dies in einigen Regionen Chinas auch immer wieder vorkommt, produziert TWR mittlerweile mp3-Geräte und Tablets, die den Studierenden ermöglichen, ohne Radio und Internetzugriff die einzelnen Lektionen durchzuarbeiten. Zusätzlich gibt es Lehrbücher zu den Lektionen.
Ein klarer Blick nach vorne trotz mancher Einschränkungen
Das funktioniert sehr gut. Aktuell gibt es circa 2000 Studenten weltweit, die an SOTA teilnehmen. Um diese Studenten noch weiter zu unterstützen, hat SOTA in einigen Städten Chinas Studienzentren für die Seminarteilnehmer gegründet. Doch auch das ist mit Risiken verbunden. Denn seit dem 1. Februar 2018 ist in China ein neues Religionsgesetz in Kraft getreten, das christlichen Gruppen gegenüber viele Restriktionen enthält. Dies schränkt auch die Arbeit von SOTA innerhalb Chinas ein und erschwert es, Treffen zwischen den Studierenden zu organisieren. Doch über die mp3-Player, die Tablets und das Internet können die Seminarteilnehmer weiterhin ihre Lektionen erhalten.
Ein Kursteilnehmer von SOTA
William T. ist bei TWR für die chinesische Missionsarbeit zuständig und leitet SOTA. Für ihn ist diese Art des Theologiestudiums „das effektivste Ausbildungsprogramm für China, das möglich ist.“ Er räumt zwar ein, dass es ein Nachteil ist, dass sie „nicht überall vor Ort Bibelschulen starten können“. Trotzdem lassen er und sein Team sich nicht von den bestehenden Einschränkungen verunsichern. Seine Ziele für die nächsten Jahre sind klar: „Noch mehr Material, mehr Absolventen, mehr Treffen in den Studienzentren.“
Aktuell gibt es 25 Kurse, die die Studenten bei SOTA belegen können. Gerne würde William T. diese aber um circa neun weitere aufstocken. Jetzt sondieren er und sein Team, bei welchen Themen der Bedarf nach weiterer Schulung im Augenblick am dringendsten ist. Doch um neue Kurse anbieten zu können, braucht es auch neue Mitarbeiter, gerade pädagogische Mitarbeiter vor Ort, die die Studenten und die Studienzentren betreuen.
Rund um den Globus studieren chinesische Christen Theologie mit SOTA
Es begeistert William T., dass es SOTA-Studenten nicht nur in China, sondern in vielen Ländern der Welt gibt. Während sie eine berufliche Ausbildung im Ausland absolvieren, nutzen chinesische Christen SOTA, um sich während dieser Zeit auch theologisch weiterzubilden. Viele von ihnen werden irgendwann nach China zurückkehren und so ihr Wissen in die chinesischen Hauskirchen tragen.
Circa 100 Studienteilnehmer von SOTA leben derzeit in Deutschland. Eine von ihnen ist Florence. Sie lebt mit ihrem deutschen Ehemann seit elf Jahren in Deutschland. Neben ihrer Vollzeitbeschäftigung ist das SOTA-Studium für sie eine Herausforderung. Aber sie hat viele Fachkenntnisse im Studium erworben, die ihr dabei helfen, in ihrer chinesischen Gemeinde Bibelarbeiten vorzubereiten. Vor allem aber sagt sie: „Ich habe durch das Studium eine engere Beziehung mit Gott aufgebaut.“
Auch Cheng studiert SOTA in Deutschland und das parallel zu einem Studium der Wirtschaftswissenschaften an einer deutschen Hochschule. Denn er möchte später einmal nicht nur im Wirtschaftsbereich arbeiten, sondern sich auch als Pastor in einer Gemeinde engagieren. Am SOTA-Studium begeistert ihn die Flexibilität. Oft hört er sich die Lektionen an, während er kocht oder aufräumt. So kann er es gut mit seinem Hochschulstudium vereinbaren.
Der Bedarf an SOTA reißt nicht ab
Doch so hilfreich SOTA auch ist, der Bedarf an theologischer Aus- und Weiterbildung chinesischer Christen reißt nicht ab. William T. ist überzeugt: „In den nächsten fünf, zehn oder zwanzig Jahren sehe ich kein Ende für SOTA. In China wird noch viel Training und Ausbildung gebraucht.“ Zuversichtlich stimmen ihn die Rückmeldungen, die er immer wieder von Gemeinden und Pastoren erhält: „Die Leiter der Hauskirchen haben uns versichert: Wir brauchen euch und eure Ausbildung. Viele unserer Studenten sind Pastoren in kleinen Dörfern. Sie haben oft sehr wenig Ausbildung bekommen. Sie sind unsicher, ob sie in ihren Predigten das Richtige sagen. Am Ende des Studiums melden sie uns oft zurück: Wir haben Vertrauen in unseren Dienst gewonnen.“
Auch deshalb ist es ihm wichtig, SOTA weiter auszubauen. Daran werden William und sein Team weiter arbeiten – trotz aller Widerstände und Einschränkungen.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Auf der chinesischen Seite von SOTA (http://www.kzsxy.org/) kann man sich zu den Kursen anmelden und mehr zu dem Programm erfahren. Weitere christliche Inhalte in Chinesisch und anderen Sprachen sind auf www.twr360.org zu finden.
Ich habe Kontakt zu chinesischen Christen, die nach Deutschland geflohen sind. Sie sind sehr verwirrt durch die Kirche des Allmächtigen.
Wie bekommen sie den Zugang zu SOTA? Gibt es andere christliche Programme auf chinesisch?