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© Guillaume Bolduc / unsplash.com

14.04.2016 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Anna Maria Spieß

Weniger ist mehr

Praktische Tipps für einen bewussteren Alltag.

Zeitmanagement, Work-Life Balance und Burnout. Das alles sind Begriffe, die die gleiche Thematik von unterschiedlichen Standpunkten beleuchten. Beim Zeitmanagement geht es darum, seinen Alltag besser zu strukturieren und möglichst effizient zu sein. Die Work-Life Balance dagegen beschäftigt sich damit, dass Arbeit und Freizeit – mit anderen Worten Stress und Entspannung – möglichst ausgeglichen sind, sodass so etwas wie ein Burnout – also völlige Erschöpfung – gar nicht erst entsteht.

Modewort Entschleunigung?

Was mich an all diesen Begriffen stört, ist, dass sie so problembezogen scheinen. Zeitmanagement klingt für mich schon fast wie eine Bedrohung – und ich bin ein sehr organisierter und strukturierter Mensch! Alles muss noch schneller und effizienter gehen. Ich darf nicht einfach mal eine Stunde vertrödeln, weil ich beim Einkaufen noch ein bisschen stöbern will.

Selbst „Work-Life Balance“, die eigentlich etwas Positives sein soll, klingt so, als müsste ich unbedingt auf ein gesundes Gleichgewicht achten. Zu viel Freizeit sollte nämlich auch nicht sein. Ich bin der Ansicht: Über Bord mit den Begriffen! Alternativ dazu und mindestens genauso aktuell: Entschleunigung.

Ich habe vor Kurzem ein Magazin entdeckt, das geradezu zum Entschleunigen einlädt. Darin habe ich Anregungen und Tipps bekommen, Dinge neu anzugehen und wieder kreativ zu werden. Das hat mich ins Nachdenken gebracht und ich bin zu dem Entschluss gekommen: Ich möchte wieder bewusster leben – nicht möglichst zeitoptimiert. Ich will den Moment auskosten, mich an Dingen erfreuen und mir Zeit nehmen für das, was mir wirklich wichtig ist. Doch dafür muss ich erstmal auf Spurensuche gehen. Was ist mir denn wirklich wichtig? Und wo kann ich im Alltag Zeit für diese Dinge finden?

Ich möchte wieder bewusster leben – nicht möglichst zeitoptimiert. Ich will den Moment auskosten, mich an Dingen erfreuen und mir Zeit nehmen für das, was mir wirklich wichtig ist.

Termine als Highlights – ein Perspektivwechsel

Wenn man einen Blick in die eigene Vergangenheit wagt, kann man feststellen, dass man als Kind mehr Zeit hatte. Man konnte spielen und hatte noch keine großen Verpflichtungen. Mit der Zeit wächst die Verantwortung und es gibt Dinge, die einfach erledigt werden müssen. Neben Arbeit, Haushalt und eventuell Familie bleibt nur noch wenig Zeit für Hobbies, kreative Arbeiten oder Unternehmungen mit Freunden. Aber stimmt das wirklich?

Mein Alltag ist von all diesen Punkten geprägt. Ich bin fast jeden Abend unterwegs – aber hauptsächlich zu Terminen, die ich mir selbst ausgesucht habe. Ich treffe Menschen, die mir wichtig sind, übe Tätigkeiten aus, die mir Spaß machen, und schalte vom Büroalltag ab. Ich kann mich also eigentlich nicht darüber beklagen, zu wenig Zeit zu haben.

Ich nutze meinen Tag ziemlich gut aus. Doch nehme ich meine Aktivitäten auch bewusst wahr? Manchmal kommt es mir eher so vor, als hetze ich von einem Termin zum nächsten, als leiste ich nur ein Pflichtprogramm ab.

Das Problem ist also nicht die fehlende Zeit, sondern meine Einstellung.

Das Problem ist also nicht die fehlende Zeit, sondern meine Einstellung. Wenn ich mir vornehme, bewusst zu leben und die Momente zu genießen, kann das meinen Tagesablauf entschleunigen und ich kann lernen, Dinge bewusster wahrzunehmen. Nach der Arbeit gehe ich meistens Lebensmittel einkaufen. Jetzt habe ich die Wahl: Hetze ich in zehn Minuten durch den ganzen Laden und stopfe möglichst viel in meinen Beutel, damit dieses elendige Thema für die Woche erledigt ist? Oder überlege ich mir schon vorher, was ich kochen möchte, stöbere in Blogs und Kochbüchern und kaufe dann bewusst für die einzelnen Gerichte ein?

Wenn ich nach Hause komme, kann ich mich entweder sofort in meine Joggingklamotten schmeißen und losrennen oder ich trinke erstmal mit meinem Mann gemütlich einen Tee und tausche mich über meine Arbeit aus. Auch mit einer Tasse Tee lässt es sich noch wunderbar joggen. Es kann also helfen, den innerlichen Druck rauszunehmen und meine Sicht auf die Dinge zu verändern.

Acht praktische Tipps zum bewussteren Leben

Welche Punkte prägen Ihren Alltag? Machen Sie sich am besten eine Liste, auf der Sie notieren, welche To Do’s Sie haben und welche Dinge Ihnen wichtig sind. Was sind eher lästige Termine – Elternabende, Putzdienst in der Gemeinde oder der Yogakurs?

Wenn Sie alle Punkte aufgeschrieben und für sich geordnet haben, fangen Sie an, sich folgende Fragen zu stellen:

  1. Muss ich zu diesem Termin gehen oder kann ich ihn von meiner To Do Liste streichen?
     
  2. Wieso freue ich mich nicht auf diese Aufgabe? Was stört mich, welche Bedenken habe ich?
     
  3. Würde es mir helfen, den Termin auf einen anderen Zeitpunkt zu verlegen und ist das möglich?
     
  4. Was ist dennoch positiv an dem Termin oder der Aufgabe?
     
  5. Was kann mir helfen, diese Verpflichtung positiver wahrzunehmen? Welche Chancen bietet Sie mir?
     
  6. Wie kann ich mich belohnen, wenn ich diese lästige Aufgabe erledigt habe?
     
  7. Welche Dinge würde ich gerne neu oder wieder vermehrt tun?
     
  8. Was kann oder sollte ich sogar dafür streichen?

 

Nicht alle Termine oder Verpflichtungen kann man einfach aus dem Zeitplan verbannen. Aber man kann sich fragen, welche Termine wirklich sein müssen – und welche man vielleicht nur aus Pflichtgefühl erledigt. Die ehrenamtliche Arbeit in der Gemeinde ist sicher wichtig. Wenn sie jedoch zur ständigen Belastung wird, sollte ich vielleicht überlegen, den Bereich zu wechseln und stattdessen etwas zu suchen, das mir mehr Spaß macht.  

Auch der wöchentliche Hausputz muss vielleicht doch nicht jede Woche sein. Eventuell hilft es mir, meine eigenen Ansprüche herunterzufahren und stattdessen samstags ein gutes Buch zu lesen und abzuschalten.

Nicht alle Termine oder Verpflichtungen kann man einfach aus dem Zeitplan verbannen. Aber man kann sich fragen, welche Termine wirklich sein müssen – und welche man vielleicht nur aus Pflichtgefühl erledigt.

Es kann auch hilfreich sein, an seiner Einstellung zu gewissen Verpflichtungen zu arbeiten und das Positive daran zu sehen. Die Vereinssitzung ist vielleicht nicht immer angenehm, aber immerhin habe ich die Möglichkeit, anschließend noch mit ein paar Freunden etwas trinken zu gehen. Sollte all das nicht helfen, muss man manchmal einfach die Zähne zusammenbeißen und das nötige Übel erledigen.

Dann darf man sich aber auch belohnen: Mit der Lieblingsserie und einem Glas Rotwein auf der Couch, mit einem Schwimmbadbesuch oder mit einem Kreativnachmittag mit den besten Freundinnen. Einfach Zeit nehmen zum Quatschen, Basteln, Ideen sammeln und Träumen.

So schaffe ich mir kleine Oasen im Alltag, die mir helfen, zu entschleunigen und Dinge zu tun, die mir Spaß machen. Meine Zeit ist nicht unbegrenzt – aber die Termine und Aufgaben, die ich mir selbst auferlege, sollte ich auch bewusst wahrnehmen und auskosten.

Mein Date mit Gott

Im Glaubensleben ist es nicht anders. Wie oft habe ich mir schon vorgenommen, regelmäßig in der Bibel zu lesen? Oder täglich für andere Menschen zu beten? Doch ich finde einfach keine Zeit – von Zeitmanagement möchte ich aber auch nichts hören. Es wäre doch komisch, mir einen Termin mit Gott zu machen. Oder?

Es ist keine Frage des Zeitmanagements, sondern wieder einmal eine Frage der Einstellung und Prioritäten. Wenn es mir wichtig ist, für andere Menschen zu beten, dann sollte es auch möglich sein, Zeit dafür zu finden. Das heißt im Zweifelsfall, etwas anderes zu verschieben oder abzusagen. Oder mir bewusst einen Termin zu setzen.

Donnerstag zwischen 18 und 19 Uhr noch nichts vor? Perfekt – genau die richtige Zeit für einen ausgiebigen Gebetsspaziergang. Dann habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ich kann die frische Luft genießen und bekomme den Kopf frei für Gebet – ohne Ablenkung von meinem Haushalt, der auf mich wartet.

Donnerstag zwischen 18 und 19 Uhr noch nichts vor? Perfekt – genau die richtige Zeit für einen ausgiebigen Gebetsspaziergang.

Wenn ich ein Date mit Gott habe, ihn fest in meinen Tag einplane, werde ich diese Zeit mit ihm bewusster wahrnehmen. Zeit mit Gott kann etwas unheimlich entschleunigendes haben. Wenn ich mir Zeit für Gott nehme, merke ich, wie sich viele Dinge von ganz allein zu regeln scheinen. Denn der Blick in die Bibel kann meine Prioritäten ebenfalls neu ordnen. Dort kann ich nachlesen, was Jesus wichtig ist und was er mit meinem Leben vorhat. Ich kann ihn bitten, mir zu zeigen, welche Dinge wirklich wichtig sind – und wo ich getrost Nein sagen kann.

Neu fokussieren

Ob Sie mehr Zeit für Hobbies brauchen, neue Aktivitäten planen oder Gott in Ihren Alltag integrieren wollen, fangen Sie Schritt für Schritt an. Machen Sie keine großen Pläne mit 15 neuen Hobbies. Suchen Sie sich eine Sache aus, die Sie gerne machen möchten und finden Sie einen passenden Termin mit Luft nach oben und unten.

Trennen Sie sich von Verpflichtungen, die Sie sich nur selbst machen und die eigentlich nicht so wichtig sind, und lernen Sie, das Positive in den Dingen zu sehen, die Sie nicht abschütteln können. Nehmen Sie Momente mit Freunden, Kollegen oder Sportkameraden bewusst wahr. Und nehmen Sie sich vor allem immer wieder Momente der Ruhe, um Ihre Prioritäten neu zu ordnen.

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (1)

Friederike G. /

langsamer laufen, garantiert nicht fallen !
Nicht alles erledigen müssen und sich Zeit nehmen, das gibt Sicherheit.

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