Noch schneller, noch größer, noch effizienter – die Fortschritte der Technik begeistern Menschen und animieren zum Kauf des neuesten Smartphones oder der neuen Spülmaschine. Überholte Modelle scheinen unnütz und unbrauchbar. Während sich Menschen in den westlichen Ländern im Konsum verlieren, gibt es eine Menschengruppe in Amerika, die der Technik gegenüber eher kritisch eingestellt ist und nur nach sorgfältiger Überlegung einzelne Dinge übernimmt: Die Amish. Ein „moderner“ Mensch kann mit dieser Lebensweise kaum etwas anfangen.
Lernen von den Amish
Doch Nancy Sleeth ist überzeugt, dass sich ein Blick auf die Amish lohnt und sie in vielen Punkten das bessere Los ziehen. Sleeth lebte mit ihrer Familie viele Jahre den amerikanischen Traum vom Leben. Viele Schicksalsschläge in der Familie ließen sie ihre Lebensweise mit Luxus und Konsum hinterfragen. Sie beschäftigte sich stärker mit der amischen Lebensweise und begann gemeinsam mit ihrer Familie, einzelne Prinzipien auf das eigene Leben zu übertragen. Dabei merkte sie, dass die Betonung auf Familie, Natur und weniger Konsum sie zufriedener machte und ihr eine neue Lebensqualität gab. Auch die kleinen Freuden des Alltags bekamen mehr Beachtung, wie das frische, selbstgebackene Brot am Samstag.
Sleeth sieht in der amischen Lebensgestaltung Schätze vergraben, die darauf warten, von „modernden“ Menschen entdeckt und umgesetzt zu werden. Sie umreißt grundlegende Themen wie Finanzen, Familie und das Zuhause. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“ ist sie der Meinung, dass das Zuhause regelmäßig entrümpelt werden sollte. Es passiert häufig, dass sie oder ihr Mann den Gästen beim Abschied ein Geschenk mitgeben. Ähnlich setzt sie auch in ihren Beziehungen Wert auf Qualität. Deswegen investiert sie vor allem Zeit in ihre Familie und in enge Freundschaften.
Auch ihre Beziehung zur Natur ist nachahmenswert. Sleeth verbringt täglich eine halbe Stunde in der Natur, um Gott in ihr zu entdecken. Sie schreibt: „Die Natur twittert und simst ständig Nachrichten von Gott, aber wir sind zu beschäftigt, um sie zu lesen.“ Gerade im 21. Jahrhundert, in dem Menschen häufig über Reizüberflutung und Stress meckern, kann Stille und Natur heilsame Wirkung zeigen.
Amish werden glorifiziert
Neben hilfreichen Anregungen sind Sleeths Ansätze teils extrem und übertrieben. Genauso wie die Amish keinen Wert auf Mode und auffällige Kleidung legen, kleidet sich auch Sleeth eher dezent und einfach. Sie rät, es grundsätzlich schlicht mit der Kleidung zu halten und nicht mit der Mode zu gehen. Außerdem gibt sie den Tipp, grundsätzlich Einkaufszentren zu meiden. Dabei fügt sie die Zeile aus dem Vaterunser „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ an. Es ist beeindruckend, mit welchem Engagement sie für einen nachhaltigen Lebensstil wirbt. Gleichzeitig ist der Gedanke, dass jede Frau sich schlicht kleiden sollte, befremdend. Klare, intensive Farben unterstreichen die Augenfarbe und den Teint, die unterschiedlichen Stile und Schnitte der Kleidung schmeicheln den spezifischen Menschentypen. Dies alles durch unauffällige, lockere Kleidung zu ersetzen, ist im Sinne des persönlichen Stils nicht angebracht.
Stellenweise überzeugt die Autorin damit, dass die Einstellungen der Amish nachahmenswert sind. Doch insgesamt wird die Welt der Amish zu sehr glorifiziert. Es liegt eben nicht in erster Linie an der Einfachheit der Kleidung oder an dem Genuss der Natur, ob jemand glücklich ist oder nicht. Außerdem ist auch das bekannte Merkmal der Amish, dass sie eine äußerst kritische Einstellung gegenüber technischen Fortschritt haben, bedenkenswert. Gott gab dem Menschen Intelligenz und damit die Veranlagung zu forschen und zu entwickeln. Natürlich sollte Forschung gerade in Bezug auf Ethik und Moral hinterfragt werden und folglich nicht jede Innovation gefördert und gefeiert werden. Dennoch sollte sie nicht prinzipiell gemieden werden.
Fazit
Das Buch eignet sich für Frauen, die gerne eine nachhaltige Lebensweise einüben wollen und bereit sind, sich selbst hinterfragen zu lassen. Auch wenn die Einstellungen und Empfehlungen von Nancy Sleeth teils weltfremd wirken, regt das Buch zum Nachdenken an. Es sollte nicht alles übernommen werden, dennoch ist der eine oder der andere Gedanke hilfreich, um das Leben zu entschlacken und zu vereinfachen.
Ihr Kommentar
Kommentare (6)
Klare, intensive Farben unterstreichen die Augenfarbe und den Teint, die unterschiedlichen Stile und Schnitte der Kleidung schmeicheln den spezifischen Menschentypen...lol?Oh ja. Das ist nat. der … mehrerste und auch primärste Grund einen bescheidenen Lebensstil zu hinterfragen. Keine Frage. Was für eine aufgeweckte, geistesklare und vor allem logisch schlussfolgernde Argumentation sie doch verfolgen^^Das ist nat. das wichtigste überhaupt wenn es um die Möglichkeit einer naturverbundenen, nachhaltigen, sinnvollen und friedvolleren Lebensführung geht das aber auch ja die Augenfarbe durch die Farbe der Kleidung hervorgehoben wird usw. Das muss auf jeden Fall und als aller erstes abgeändert werden.
Also bzgl. der Thematik dieses Artikels, des Buches und den Sinn des Lebenswandels der Amish um den es ja ursächlich geht, ist diese Betrachtung sehr wichtige und ich bin ihnen dankbar durch ihre Spitzfindigkeit erinnert worden zu sein.....
Amish-Frauen mit Nagellack kann ich mir kaum vorstellen. Wer hat denn da Handmodell gestanden?
Hallo Frau Löwen,
ich habe Ihren Artikel gelesen, der mir gut gefallen hat. Nur an einer Stelle war ich etwas verwirrt:
"Gleichzeitig ist der Gedanke, dass jede Frau sich schlicht kleiden sollte, … mehrbefremdend."
Ich weiß nicht, ob Sie "schlicht" mit "hässlich" gleichsetzen (ich nicht), aber in der Bibel wird ein aufwändiger Kleidungsstil der inneren Schönheit gegenüber gestellt, zum Beispiel hier:
"... genauso will ich, dass die Frauen mit ihrer Kleidung keinen Anstoß erregen und sich bescheiden und zurückhaltend schmücken. (in älteren Übersetzungen steht sogar: "sich mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken") Sie sollen nicht durch aufwendige Frisuren, Gold, Perlen oder teure Gewänder auffallen, sondern durch gute Werke. Das ist der Schmuck von Frauen, die Ehrfurcht vor Gott haben. "
(1. Timotheus 2,9)
... oder hier:
"Euer Schmuck soll nicht der äußerliche sein, mit Haarflechten und Goldumhängen und Kleideranlegen, sondern der verborgene Mensch des Herzens mit dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott wertvoll (andere: "sehr köstlich") ist. Denn so haben sich einst auch die heiligen Frauen geschmückt, welche ihre Hoffnung auf Gott setzten..."
(1. Petrus 3,3-5a)
Dass wir möglichst hässlich oder in einer bestimmten Tracht rumlaufen müssten, steht da übrigens nicht... :)
Wenn Jesus aus unseren Herzen und unseren Augen leuchtet, wird äußerer Schmuck belanglos und passt m.E. irgendwie nicht dazu.
Liebe Grüße Heike
Für mich als Katholiken ist die Wahl des Lebensstils der Amischen mit dem der verschiedenen Ordensgemeinschaften und Kommunitäten vergleichbar.
Hier wir eine "(Ordens-)Regel" aufgestellt, die … mehrzeichenhaft in der Welt Zeugnis abgeben will.
Der einfach Lebensstil, die schlichte Kleidung, auch der konsequente und sehr weitgehende Verzicht auf technische Mittel erscheinen mir hier sehr angebracht und attraktiv.
Wenn dies alles aber ein "Imperativ" für alle wäre, jeder - aus Sicht der Amischen - diesen Lebensstil wählen müsste, wenn er Gott gefallen wollte, dann würde es schief liegen.
Auch die Ordensgemeinschaften leben ihre - teils ziemlich krasse, man denke z.B. nur an die Karthäuser (vergleiche den phantastischen Film "Die große Stille") - sehr konsequent (wenn es gelingt), aber sie sehen dies als *ihren* speziellen Weg, nicht als Maßstab für alle Christen.
Insofern kann ich die Kritik der Rezensentin an dem einfachen und "technophoben" Lebensstill der Amischen nicht teilen. Es ist eben *ihr* und auch ein sehr schönes Zeichen in dieser am Rande des Wahnsinns lebenden Welt.
Grüße
FranzX
Der einfache Lebensstil ist bestimmt nicht schlecht.
Was mich bei den Amish - und auch bei den Mennoniten - befremdet, ist die Tatsache, dass der 'Fortschritt' auf dem Stand des 18. oder 19. … mehrJahrhunderts 'eingefroren' ist.
Man muss mit Sicherheit nicht JEDE Mode mitmachen, aber ich bezweifle, ob es sinnvoll ist, Kinder in einer Welt aufwachsen zu lassen, die das Jetzt komplett ausblendet.
Ich habe zwar das Buch nicht gelesen, würde aber sowohl Nelli Löwen als auch den strengen Amish Recht geben. Denn sie sind alle Kinder Gottes, mit denen Gott Seinen Weg geht. Gott liebt nämlich alle … mehrseine Kinder, die sich für Ihn entscheiden und zeigt ihnen persönlich im Alltag, was sie verändern sollen. Gebote aus der Sicht des neuen Testament sollen den Menschen glücklich machen und nicht versklaven. Das geschieht durch die persönliche Beziehung zu Gott, der der beste Helfer, Ratgeber, Trainer, Arzt, Lebensberater usw. ist, und Er zeigt bei jedem Menschen, was er mit Gottes Hilfe im Leben verändern soll.