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24.10.2014 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Dunkle Tage, gedrückte Stimmung

Wie Winterdepressionen entstehen und was man dagegen tun kann.


Die ersten Blätter fallen, die Tage werden kürzer und kälter. Man merkt, es wird Herbst. Diese Jahreszeit stellt für viele Menschen eine Herausforderung dar, denn mit dem abnehmenden Licht sinkt auch ihre Stimmung. Man spricht in solchen Fällen von einer Winterdepression. Doch was kann man tun, wenn regnerische Novembertage aufs Gemüt schlagen?

Der Psychiater und Psychotherapeut Prof. Dr. Hubertus Himmerich hat ein Buch geschrieben, das sich genau mit diesem Thema befasst. Wir haben im Folgenden für Sie die wichtigsten Tipps und Hinweise zu Herbst- und Winterdepressionen zusammengefasst.

Bevor man sich als Angehöriger oder Betroffener überlegt, wie man einer Winterdepression begegnen kann, ist wichtig zu klären: Handelt es sich nur um eine Art Winterblues oder um eine richtige Depression? Depressionen – auch solche, die durch jahreszeitliche Umschwünge herbeigeführt werden – erfordern nämlich immer eine fachkundige Begleitung.Stimmungstief oder Depression?

Von einer Depression spricht man, wenn mindestens zwei Kernsymptome über den Zeitraum von zwei Wochen erfüllt sind. Dazu zählt man: gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, Interessensverlust und Freudlosigkeit. Hinzu können Suizidgedanken, Appetitminderung, verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, Schlafstörungen, Gedanken von Schuld und Wertlosigkeit sowie vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen kommen. Wer solche Probleme über einen längeren Zeitraum bei sich feststellt, sollte einen Arzt aufsuchen.

Doch was zeichnet den Winterblues aus? Auch hier klagen Betroffene über verminderte Konzentrationsfähigkeit und eine allgemein gedrückte Stimmung. Es fällt schwer, morgens aus dem Bett zu kommen. Das Schlafbedürfnis ist höher, dafür ist der Appetit oft stärker ausgeprägt. Man ist weniger aktiv und zieht sich eventuell auch sozial zurück. Insgesamt sind diese Symptome schwächer ausgeprägt als bei einer (Winter-)Depression und schwanken stärker.
 

 
Tipps gegen Winterblues
aus dem Buch "Winterblues:
Das 
Wohlfühlbuch gegen die
Herbst- und Winterdepression",
Hubertus Himmerich, 160 S.,
14,99 Euro, Kreuz Verlag.

Lichtmangel macht müde und betrübt

Ob nun Winterdepression oder nur leichter Winterblues: Die Gründe sind meist die gleichen. Dadurch, dass die Nordhalbkugel der Erde in den Wintermonaten weniger Licht abbekommt, kann der Schlaf-Wach-Rhythmus von Menschen aus dem Gleichgewicht geraten. Dann wird aufgrund der Dunkelheit mehr Melatonin ausgeschüttet – ein Hormon, das uns müde macht. Dies führt dazu, dass wir uns kraftlos fühlen und uns schlechter konzentrieren. Gleichzeitig wird für die Produktion von Melatonin vermehrt das Glückshormon Serotonin verbraucht. Man wird also nicht nur schneller müde, sondern fühlt sich auch weniger gut als im Sommer.

Ein weiterer Grund für Winterdepressionen kann ein Vitamin D-Mangel sein. Vitamin D wird zum großen Teil durch Sonneneinstrahlung im Körper selbst gebildet. Wenn die Tage trübe und zudem noch recht kurz sind, nimmt der Körper nicht mehr genug Vitamin D auf. Das kann neben einer gedrückten Stimmung auch zu Problemen mit der Immunabwehr führen.
 

Dunkle Tage aufhellen

Doch wie kann man der Problematik der Winterdepressionen beikommen? Nur die wenigsten Menschen können schließlich im Winter wie die Vögel in den Süden auswandern. Ein wichtiger Aspekt ist die Behandlung mit Licht. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten:

1. Auch bei schlechtem Wetter liegt die Beleuchtungsstärke des Tageslichts noch über der von anderen Lichtquellen. Wer sich also auch bei Wind und Regen zwingt rauszugehen, tankt wertvolles Licht, das der Körper in Vitamin D umwandeln kann.

2. Auch die Anschaffung einer speziellen Tageslichtlampe kann den Lichtmangel ausgleichen. Am geeignetsten ist laut Himmerich eine tägliche Lichttherapie von 30 bis 40 Minuten bei einer Lichtstärke von 10.000 Lux.

3. Lichtwecker können das sanfte Aufwachen am Morgen fördern und außerdem durch das Licht, das sie absondern, die Melatoninproduktion senken. Wichtig ist zudem immer darauf zu achten, in dunklen Räumen zu schlafen. Denn nächtliche Lichtquellen stören das Ein- und Durchschlafen und senken so die Schlafqualität.
 

Sport, gesunde Ernährung und Musik heben Stimmung

Aber nicht nur Licht hilft gegen eine beginnende Winterdepression. Naturheilmittel wie Johanniskraut, Safran, Lavendel oder Rosenwurz können in Stimmungstiefs helfen. Ebenso wichtig ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Besonders viel Vitamin D findet sich in Fettfischen, Lebertran und Aalen. Auch ungesättigte Fettsäuren wirken depressionsmindernd. Diese sind in fetten Seefischen wie Lachs und atlantischem Hering enthalten.

Doch nicht nur Ernährung und Licht sind bei der Bekämpfung des Winterblues hilfreich. Ebenso positiv kann es sich auswirken, einmal bewusst auf Schlaf zu verzichten ‒ gerade wenn lange Schlafphasen dazu führen, dass man noch müder wird. Auch Musik und bewusste Bewegung in Form von Sport können behilflich sein, die eigene Stimmung anzuheben. Genauso bietet es sich für Winterblues-Geplagte an, in der dunklen Jahreszeit bewusst einen Urlaub in den Süden zu unternehmen, um dort Sonne zu tanken.
 

Mit Hilfe geht es leichter

Bei alldem sollten Betroffene aber immer im Blick behalten, wann es ratsam ist, sich Hilfe zu suchen. Wer durch eigene Anstrengungen, Lichttherapie und Naturheilmittel keine Besserung der Stimmung erfährt, sollte mit seinem Arzt oder einem Psychologen Rücksprache halten. In vielen Fällen kann auch Seelsorge ein erster Schritt sein, um Rat und Hilfe zu erhalten. Denn wenn die Abneigung gegen die dunkle Jahreszeit eventuell noch mit Verlusterfahrungen verbunden ist oder die eigene Antriebslosigkeit Gefühle von Wert- und Nutzlosigkeit hervorrufen, wird aus einem Winterblues schnell eine Depression.

Wichtig ist, dass die Betroffenen sich das Problem eingestehen und Hilfe suchen. In schweren Fällen kann auch die Einnahme von Antidepressiva ratsam sein, um die Zeit bis zum Frühling zu überbrücken. Eine solche Vorgehensweise sollte aber immer von einem Psychologen, Psychiater oder Arzt begleitet werden. In einem solchen Fall selbst herumzudoktern, kann Probleme drastisch verschärfen.

Wenn ein Wintertief stark ausgeprägt ist, sollten Betroffene sich Unterstützung in ihrem persönlichen Umfeld suchen. Familie und enge Freunde sollten wissen, wieso man sich zurückzieht, Stimmungsschwankungen durchmacht oder weniger Kraft für alltägliche Pflichten hat. Wenn man erstmal lernt, dazu zu stehen, dass die winterliche Dunkelheit einen wortwörtlich krank macht, wird es auch leichter, mit dieser Krankheit umzugehen.

Vor allem aber sollte man nicht aus dem Blick verlieren: In spätestens einem halben Jahr wird es wieder Frühling.  Das macht Mut, auch dunkle und schwere Tage durchzustehen.

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Sie schätzt an ihrem Job, mit verschiedenen Menschen und Themen in Kontakt zu kommen. Sie ist verheiratet und mag Krimis und englische Serien.

Ihr Kommentar

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Kommentare (5)

Friederike L. /

Ich habe mir die Tageslichtlampe gekauft u.
habe erfahren dürfen, dass diese mir sehr hilft. Ich wünsche allen Menschen damit auch diesen Erfolg!
Friederike L.

Mathias R /

Burn-out kann auch hausgemacht sein. Manche laden sich für die Karriere oder ein besseres Einkommen immer mehr Arbeit auf. Bei solchen Leuten ist völlige Überlastung mehr oder weniger vorprogrammiert mehr

Max W. /

Finde ich gut und erfrischend, sich sachlich mit dem Thema Depression im Spätherbst zu befassen. Das hilft, sich selbst und andere konkreter zu beobachen und aktiv zu sein oder zu werden, damit das "schwarze Loch" keine Chance hat.

Anmerkung der Redaktion /

Natürlich ist ein "Urlaub im Süden" im November in vielen Fällen mit höheren Kosten verbunden als ein normaler Sommerurlaub. Gleichzeitig ist es durchaus nicht unmöglich, den Jahresurlaub in den mehr

Libby /

Der Tip mit "Urlaub in den Süden" ist fast schon ein klein wenig lieblos: denn wer kann es sich mitten im November denn schon zeitlich und finanziell leisten? Diejenigen, die es können, sind auch oft nicht die Winterblues-Kandidaten ...

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