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© Ankush Minda / unsplash.com

23.08.2022 / Zum Schwerpunktthema / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Susanne Ospelkaus

Freiheit!?

Susanne Ospelkaus über ein Wort, das oft gesagt und selten verstanden wird.

Ein Abstraktum

Es ist ein großes Wort: Freiheit! Wir füllen es mit unseren Vorstellungen und Werten, mit Sehnsüchten und Träumen, mit Glauben und Hoffnung. Freiheit. Es ist vor allem ein abstraktes Wort, dass es so nicht in jeder Sprache gibt, z. B. in alten Sprachen oder Sprachen von Naturvölkern.

Selbst das Friesisch kennt keine oder nur wenige Abstrakta. Da werden Begriffe wie Frieden, Einsamkeit oder Gedächtnis mit Verben umschrieben. Das erinnert uns daran, wie wir Kindern große Worte wie Liebe oder Gerechtigkeit erklären. Letztendlich sind es Dinge, die man tut. Tun-Wörter.

„Freiheit ist, wenn du selbst entscheiden darfst, was du tun möchtest und dich keiner zwingt.“ Der Dichter Matthias Claudius (1740-1815) formulierte es so: „Die Freiheit besteht darin, dass man alles das tun kann, was einem anderen nicht schadet.“

Freiheit und seine Grenzen

Unzählige Definitionen gibt es zu diesem abstrakten Wort. Je nachdem, ob man zum Freiheitsbegriff einen ethischen, politischen, philosophischen, historischen oder theologischen Zugang hat.

Die Freiheit hat ihre Grenzen oder die Freiheit eines jeden beginnt dort, wo die Freiheit eines anderen aufhört (nach Immanuel Kant). Häufig endet unsere Freiheit bei Finanzen, Herkunft oder sozialem Status. Ist es nicht so, dass Wohlhabende mehr Freiheiten haben als sozialbenachteiligte Menschen?

Männer haben mehr Freiheiten als Frauen, Weiße mehr als People-of-Color, Gesunde mehr als Kranke und diese Liste könnte man fortsetzen. Haben Christen mehr Freiheiten als andere Gläubige? Es heißt in der Bibel: „Wenn euch der Sohn (Jesus) frei macht, so seid ihr wirklich frei“ (Johannes 8,36).

Jesus und die Freiheit

Womit füllte Jesus das große Wort Freiheit? Für ihn war es kein Abstraktum, in das jeder seine eigenen Vorstellungen steckte und wenn doch, dann korrigierte Jesus es z. B. als einige seiner Nachfolger sich gewaltsam Freiheit erkämpfen wollten.

Freiheit war für Jesus immer ein Tun-Wort. Er berührte den Aussätzigen. Er tröstete die Witwe. Er sprach mit der Verstoßenen. Er hinterfragte den Geizigen. Er lobte den Vertrauensvollen. Er ermahnte die Mächtigen. Er verteidigte die Hilflosen. Er brach das Brot. Er nahm Schuld auf sich. Er erlitt Schmerzen.

Mit jeder Tat gab Jesus seinem Gegenüber die Würde zurück. Freiheit und Würde sind miteinander verwoben. Das eine geht nicht ohne das andere und es ist dieses Geheimnis, dass Menschen selbst in bedrohlichen, ungerechten und schwierigen Situationen sich frei fühlen können.

Trotzdem frei

Die Geschichte des Christentums kennt diese Freiheitskämpfer, die selbst im Gefängnis ihre Freiheit nicht verloren haben. Es ist eine innere Freiheit, die in der Würde verwurzelt ist.

Nun ist Würde auch so ein abstraktes Wort. Doch darin verstecken sich wundervolle Verben. Unser Glaube verheißt: Ich werde von Gott gesehen. Ich bin angenommen. Ich werde geliebt. Ich bin versöhnt mit Gott, mit mir und meiner Lebensgeschichte.

Die christliche Freiheitsgeschichte wird mit Tun-Wörtern erzählt: suchen und finden, trösten und umsorgen, glauben und hoffen, vergeben und versöhnen, zweifeln und vertrauen.

Neu definiert

Wenn euch Jesus frei macht, so seid ihr wirklich frei.“ Kann heißen: Wenn wir von ihm berührt wurden und von seiner Liebe ergriffen werden, sind wir fähig, zu leben, zu gestalten und zu handeln unabhängig der Umstände. 
 

 Susanne Ospelkaus

Susanne Ospelkaus

  |  Freie Mitarbeiterin

Susanne Ospelkaus, Jahrgang 1976, Mutter von zwei Söhnen. Sie ist gelernte Ergotherapeutin, arbeitet jetzt als Autorin und Dozentin für pflegerische und pädagogische Berufe. Nach dem Tod ihres ersten Mannes hat sie wieder geheiratet und lebt mit ihrer Familie östlich von München.

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