Manchmal reicht eine flüchtige Bemerkung oder ein dummer Spruch, der nur halb ernst gemeint war, und wir grübeln endlos darüber nach. Besonders feinfühlige Menschen neigen dazu, sich bestimmte Äußerungen anderer sehr zu Herzen zu nehmen und beginnen sofort, an sich zu zweifeln – oder gehen direkt auf die Barrikaden, weil sie den Eindruck haben, sich rechtfertigen zu müssen.
Aber was steckt dahinter, und wie kannst du lernen, gelassener mit Kritik oder Kommentaren umzugehen? Hier sind ein paar Tipps für dich.
Mögliche Ursachen
Vielleicht hast du schon oft darüber nachgedacht, warum du alles so nah an dich heranlässt. Tatsächlich gibt es dafür viele Ursachen: Vielleicht bist du generell ein sehr sensibler Mensch. Und damit siehst und fühlst du vieles intensiver als andere.
Womöglich hast du auch Angst davor, etwas falsch zu machen, weil du früher schlechte Erfahrungen gemacht hast oder generell zum Perfektionismus neigst. So hast du auch Schwierigkeiten, dich selbst mit all deinen Fehlern anzunehmen, und siehst dich durch Kritik von außen in deinen Selbstzweifeln bestärkt.
Auch der Wunsch, von anderen gemocht zu werden, kann dazu führen, dass du jede beiläufige Bemerkung auf die Goldwaage legst.
Doch wenn du deinen Selbstwert an der Meinung anderer festmachst, stehst du auf tönernen Füßen. Es fehlt ein stabiles Fundament, das sich nicht so leicht erschüttern lässt.
Wie kann also ein konstruktiver Umgang mit den Bemerkungen anderer gelingen?
1. Filtern
Ein erster hilfreicher Schritt ist, die Aussagen des anderen erst einmal zu filtern. Versuche, sie zunächst nur zur Kenntnis zu nehmen und frage dich dann: „Was steckt dahinter?“
Hat der andere gar nicht in der Absicht gehandelt, dich zu kritisieren, aber du hast es trotzdem auf dich bezogen? War es ein unglücklich formulierter Scherz, den du direkt ad acta legen kannst?
Oder war es eine Aussage, die du nicht einordnen kannst? Dann stelle vielleicht eine Rückfrage: „Worauf genau beziehst du dich?“ Oder „Geht es dir nur um diese Situation oder meinst du das generell?“
2. Eine aktive Rolle einnehmen
Mach dir bewusst, dass du selbst entscheiden kannst, wie du mit den Aussagen des anderen umgehst. Zum Beispiel, indem du dich fragst, wieweit sie berechtigt sind:
Kennt dich der andere so gut, dass er sich ein Urteil über dich oder deine Situation erlauben kann? Wäre jemand anders vielleicht zu einem ganz anderen Schluss gekommen?
Versuche auch, den Kontext der anderen Person zu sehen: Hat er oder sie heute einen besonders schlechten Tag und braucht ein Ventil für den angestauten Ärger? Ist es jemand, der Haare auf den Zähnen hat und generell schnell am „Herumkritteln“ ist?
Oder ist der andere eher besonnen und geht mit seiner Kritik generell sparsam um? So kannst du besser abwägen, ob du die Äußerungen annehmen solltest oder nicht.
Manchmal hilft es, wenn du mit einer Vertrauensperson, die dir wohlgesonnen ist, über die Situation sprichst. Der oder die andere hat einen neutraleren Blick auf die Situation und kann dir bei der Einordnung helfen.
3. Fehlertoleranz entwickeln
Selbst wenn du erkennst, dass die andere Person ein wahres Wort gesprochen hat, ist das nicht das Ende der Welt. Dein Leben ist nicht vorbei, auch wenn du nicht perfekt warst.
Denn du musst nicht perfekt sein. Und, auch wenn es dich enttäuscht: Du kannst gar nicht perfekt sein.
Übe dich daher darin, eine gewisse Fehlertoleranz dir selbst gegenüber zu entwickeln. In der Maschinensicherheit bedeutet dies, dass ein technisches System seine Funktionsweise aufrechterhalten kann, auch wenn nicht alles zu 100% funktioniert.
Mit anderen Worten: Fehlertoleranz erhöht die Verfügbarkeit eines Systems. Und auch dir kann eine gewisse Fehlertoleranz helfen, dass du bei einer kritischen Bemerkung anderer nicht innerlich zusammenbrichst.
4. Deine Angriffsfläche verringern
Wenn du den Eindruck hast, dass in der Regel du die Bemerkungen anderer einstecken musst, dann stell dir mal die Frage: Wie viel Angriffsfläche bietest du?
Lädst du dein Umfeld quasi ein, dich zu kritisieren, indem du dich selbst schlecht machst und hoffst, der andere behauptet nun das Gegenteil?
Oder fragst du so lange nach, bis die gefürchtete und doch irgendwie erhoffte Kritik doch noch kommt? Weil du dich dadurch in deinen Selbstzweifeln bestärkt fühlst?
Denk daran: Du kannst dich abgrenzen. Du darfst dich abgrenzen. Und dein Tun muss nicht unbedingt auf Zustimmung bei anderen stoßen. Das geht auch gar nicht. Denn da wir alle höchst unterschiedlich sind, haben wir auch nicht in allem dieselbe Meinung.
Von daher: Entschuldige dich beim nächsten Mal nicht schon im Vorhinein, wenn etwas nicht so perfekt geworden ist wie du es gerne gehabt hättest.
Wenn jemand sagt: „Ist recht schön geworden“, dann bohre nicht noch einmal nach, warum es nach Meinung des anderen nur „recht schön“ und nicht außerordentlich, großartig und einmalig ist. Für dich gilt in diesem Fall: Gut ist gut genug.
Und wenn jemand dich immer wieder heruntermacht, dann überlege dir, wie du den Kontakt zu dieser Person begrenzen kannst. Oder setze dem anderen ein deutliches Nein entgegen: „Ich möchte, dass wir freundlich miteinander umgehen. Und ich sehe nicht, wie diese negativen Bemerkungen dazu beitragen.“
5. Gottes Sichtweise berücksichtigen
Gott lädt uns ein, unsere Sorgen und Ängste bei ihm abzulegen. So sagt Jesus im Matthäusevangelium: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“ (Matthäus 11,28).
Mach es dir zur Gewohnheit, negative Gedanken und Selbstzweifel im Gebet abzugeben. Sage Gott, was dich beschäftigt, und bitte ihn, dir Gelassenheit und innere Ruhe zu schenken.
Außerdem sagt Gott dir zu: „Du bist kostbar in meinen Augen und herrlich, und ich habe dich lieb“ (Jesaja 43,4). Damit ist nicht nur dein Nachbar gemeint, oder dein Chef, oder deine Freundin. Sondern du. Erlaube dir, diesen Gedanken täglich zu wiederholen, vielleicht sogar als Gebet oder Erinnerungssatz. Du kannst ihn dir an den Spiegel pinnen und morgens direkt durchlesen.
Als Antwort darauf kannst du ein Gebet aus Psalm 139,14 formulieren: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“
6. Krise bedeutet Entscheidung
Das Wort Krise bedeutet im Lateinischen auch „Entscheidung“, im Chinesischen „Chance“. So kannst auch du dich entscheiden, die Äußerungen anderer konstruktiv für dich zu nutzen: Indem du Resilienz entwickelst. Oder dich persönlich weiterentwickelst. Indem du lernst Grenzen zu setzen. Und auch, indem dich darin übst, ein Ja zu dem Schmerz zu finden.
Denn selbst wohlmeinende Kritik tut immer auch ein bisschen weh – je sensibler du bist, desto mehr. Aber lass dir gesagt sein: Deine Sensibilität ist zugleich eine Gabe. Du hast eine offenere Wahrnehmung für die Welt um dich herum.
Deshalb musst nicht abstumpfen, nur damit du kritische Bemerkungen besser erträgst. Du solltest nur lernen, für dich persönlich einen guten Umgang damit zu finden, damit du nicht jedes Mal völlig aus der Fassung gerätst.
Das ist ein Prozess, der Übung braucht. Aber es wird mit der Zeit besser.
Ihr Kommentar
Kommentare (5)
Liebe Maria, Kinder Gottes haben unterschiedliche Gaben geschenkt bekommen - und manche eben eine doppelte oder gar dreifache Portion Sensibilität. Und da dürfen wir uns getrost der Erkentnisse der Psychologie bedienen, um dies in unserem Leben schadensfrei einordnen zu können.
Ist das ganze nicht etwas zu psychologisch?
Kinder Gottes sind doch so oder so nicht Teil dieser Welt.
Die Bibel spricht doch immer von Kindern des Lichtes und Kindern der Finsternis. Wundert euch … mehrnicht wenn die Welt euch hasst.
Jesus Christus schenkt seine Waffenrüstung um den Feind klar zu widerlegen. Auf ihn sollen wir bauen.
Danke
Das Schönste am Alter :
Erfahrung, Resilienz, geschenkte Weisheit.......
Vielen Dank für diesen hilfreichen Artikel. Ich leide immer mal wieder sehr unter meiner Sensibilität und Verletzbarkeit.Ich bin noch neu im Glauben und versuche mit der Liebe Gottes besser damit umzugehen und mich damit anzunehmen.
Schaut euch Jesus an. Egal was er wie gemacht hat, er wurde häufig kritisiert. Je mehr richtige Dinge man tut, desto mehr Kritik kommt auf einen zu. Manche Kritik ist berechtigt, manchmal verbirgt … mehrsich in Kritik purer Neid. Dies zu unterscheiden ist elementar. Auch zu wissen worauf man antworten soll, und wann Schweigen angesagt ist benötigt ein gewisses Fingerspitzgefühl. Ich könnte meine Gegner eigentliche immer widerlegen, und tue es auch manchmal gerne, da ich die richtigen Argumente meistens auf meiner Seite habe. Hin und wieder ist allerdings auch Schweigen angebracht. Reden ist schließlich silber, und Schweigen gold.