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© epd-Bild / Matthias Rietschel

04.10.2019 / Bericht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Regina König

Sächsischer Landesbischof unter Druck

Eine Petition fordert Erklärung des Bischofs wegen seiner Mitgliedschaft in einer schlagenden Studentenverbindung

 

Zunächst ging die Meldung fast unter: der sächsische Landesbischof Carsten Rentzing bekannte sich Mitte September in einem Zeitungsinterview zu seiner Mitgliedschaft in einer schlagenden Burschenschaft. Es schien, als ob mit diesem Artikel das Thema erledigt sei, die Pressestelle der Landeskirche registrierte so gut wie keine weiteren Anfragen von Medienvertretern. Für Furore sorgt jetzt allerdings eine Petition, die u.a. drei Pfarrer aus Leipzig auf den Weg gebracht haben. Sie fordern ihren Bischof auf, sich zu erklären, warum er bis heute Mitglied dieser pflichtschlagenden Verbindung sei. Katja Völkl hat darüber mit unserer Korrespondentin in Mitteldeutschland, Regina König, gesprochen.
 

ERF: Was sagt der Bischof selbst über diese Mitgliedschaft?

Regina König: Zunächst hat er sich im Interview mit der Sächsischen Zeitung zu dieser Mitglied-schaft bekannt und zusätzlich parallel zum Erscheinen des Artikel eine eigene Erklärung herausgebracht. Darin macht er deutlich, dass er zwar noch formal Mitglied ist, aber seit 25 Jahren nicht mehr aktiv ist in dieser Verbindung. Er betont auch, dass er noch vor seinem Theologiestudium zu dieser Verbindung gestoßen sei und dass kein Leben geradlinig verlaufe. Er gibt zu, dass ihm diese Mitgliedschaft nicht ganz angenehm sei, weil er eine innere Distanz zu manchen Dingen gewonnen habe. Und dennoch gehöre es zu seinem Lebensweg. Diese Erklärung reicht den Unterzeichnern der Petition allerdings nicht, sie verlangen eine klare Abgrenzung.
 

ERF: Dr. Rentzing gehört der Alten Prager Landsmannschaft Hercynia an, einer sogenannten schlagenden Burschenschaft, die zum Coburger Convent gehört. Was weißt du über diese Burschenschaft?

Regina König: In Deutschland gibt es ungefähr 1.000 Studentenverbindungen mit 22.000 studierenden Mitgliedern und 135.000 sogenannten „Alten Herren“. Grundsätzlich sind Burschenschaften oder studentische Verbindungen so alt wie das deutsche Universitätswesen. In der NS-Zeit wurden die selbstständigen Studenten-verbindungen verboten, in der Bundesrepublik gründeten sie sich in der Nachkriegs-zeit neu. Wer heute Mitglied einer Verbindung ist, kann unterschiedlichen Parteien und Konfessionen angehören. Bischof Rentzing sagt, er habe einen freiheitlichen Geist in der Verbindung kennen gelernt, geprägt von Grundwerten wie Würde, Anstand und dem Respekt vor jeder Person. Wenn es um Burschenschaften geht, steht oft der Vorwurf eines nationalrechten Denkens im Raum, den benennen die Unterzeichner der Petition allerdings nicht explicit. Sie werfen dem Bischof vor, da er einer schlagenden Verbindung angehöre, habe er bei der sogenannten Mensur, dem studentischen Fechtkampf, die Verletzung von Menschen in Kauf genommen.
 

ERF: Aber in der Petition stecken noch mehr Vorwürfe: die Unterzeichner werfen dem Landesbischof vor, dass er mit Vertretern der AfD im Gespräch sei, dadurch würde sich die Vermutung einer inhaltlichen Nähe aufdrängen. Und mit dieser Haltung könne er nicht die ev.-lutherische Landeskirche repräsentieren.

Regina König: Ja, und diese Vorwürfe treffen den Landesbischof besonders hart. Denn er versteht sich als jemand, der Brücken bauen will und Risse in der Gesellschaft nicht vertiefen möchte. Gleichzeitig hat er sich tatsächlich öffentlich immer wieder gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit ausgesprochen, sich stark gemacht für Demokratie und Achtung der Menschenrechte. Der Pressesprecher der ev.-lutherischen Kirche sagt, der Bischof zeige sich verletzt von diesen Vorwürfen. Und der Eindruck komme auf, dass die Mitgliedschaft in der Burschenschaft instrumentalisiert würde. Dazu muss man wissen, dass dies nicht die erste Petition ist, die innerhalb der sächsischen Landeskirche gegen den Bischof gestartet worden ist; 2015 initiierten Leipziger Pfarrer eine Petition, mit der sie sich gegen die Haltung des Bischofs zur Homosexualität wandten.
 

ERF: Wie geht es weiter?

Regina König: Öffentlich äußert sich der Landesbischof jetzt nicht zu der Petition, er möchte zunächst persönlich mit den Erstunterzeichnern sprechen. Dazu hat er auch schon einen Termin vorgeschlagen. Austreten wird Carsten Rentzing offenbar nicht aus der Studentenverbindung, denn, so der Bischof, damit seien auch persönliche Freundschaften verbunden. Ein Austritt lässt sich meines Wissens auch nicht einfach mit einer Kündigung bewerkstelligen, denn wer Mitglied einer Studentenverbindung ist, bleibt das eigentlich auf Lebenszeit.
 

ERF: Vielen Dank für das Gespräch.

 

 Regina König

Regina König

  |  Redakteurin

Für ERF Plus in Mitteldeutschland unterwegs mit dem Schwerpunkt Aktuelles/Gesellschaft. Sie ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.

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Kommentare (1)

Jörg /

Eine Mitgliedschaft in der SED Nachfolgepartei oder einer marxistischen Splitterpartei wäre sicher ebensowenig ein Problem wie Verbindungen zu islamistischen Gruppierungen.

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