Die USA feiern sich in ihrer Nationalhymne als das „land of the free“ – das Land der Freien. Doch für eine lange Zeit galt diese Freiheit allen. Erst vor 150 Jahren wurde dort die Sklaverei abgeschafft. Die Briten hatten den Sklavenhandel schon ein halbes Jahrhundert zuvor verboten. In den USA sollten diese Bestrebungen zwischen 1861 und 1865 zur Urkatastrophe der Nation führen – zu einem Bürgerkrieg von bis dahin unbekannter Brutalität.
ERF: Was hat dazu geführt, dass sich die Bürger der USA vor 155 Jahren an der Sklavenfrage entzweiten?
Michael Klein: Die Gründe sind sicher vielschichtig. Entscheidend war wohl das Zusammentreffen verschiedener Faktoren. Der Norden erlebte eine explosionsartige Industrialisierung, der Süden blieb agrarisch geprägt. Im Norden übernahmen die Maschinen die Arbeit, auf den Plantagen des Südens war Handarbeit nötig. Im Norden konnten die Fabrikherren gute Löhne zahlen, im Süden waren die Güter ohne Sklavenarbeit nicht rentabel.
Als sich im auch politisch beherrschenden Norden die öffentliche Meinung für die Abschaffung der Sklaverei formierte, fürchteten die Farmer des Südens einen weiteren Verlust an politischem Einfluss und an wirtschaftlicher Kraft. Sie sagten sich los und gründeten ihren eigenen Staat, die so genannte Konföderation. Die Regierung in Washington erkannte das nicht an. Und als die Milizen der Südstaaten die reguläre Armee in ihren Kasernen angriffen, war auch ein formaler Kriegsgrund gegeben.
Trotz Abschaffung der Sklaverei Menschen zweiter Klasse
ERF: Wie ging das aus und welche Folgen hatte das?
Michael Klein: Nach anfänglichen militärischen Erfolgen der Südstaaten konnte der Norden unter Führung von Präsident Abraham Lincoln seine wirtschaftliche Überlegenheit, seine höhere Stahlproduktion und sein größeres Menschenreservoir gegen die Südstaaten ausspielen. Es kam zu Schlachten von ungeheurer Brutalität. In den vier Jahren des Bürgerkrieges kamen auf beiden Seiten mehr Amerikaner um als in beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts zusammen. Der Norden diktierte einen Frieden, der den Sklaven des Südens die Befreiung brachte.
ERF: Was brachte das den ehemaligen Sklaven?
Michael Klein: Nicht mehr als die persönliche Freiheit. Das ist natürlich das höchste Gut im Völkerrecht. Aber in der Praxis blieben die schwarzen US-Bürger noch mehr als 100 Jahre lang Menschen zweiter Klasse. Im Süden gab es bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein strikte Rassentrennung im öffentlichen Leben und auch in den Kirchengemeinden. Die Bürgerrechtsbewegung um Pastor Martin Luther King hat einen Veränderungsprozess angestoßen, der vor allem als Versöhnungsprozess gedacht war.
Aussöhnung der Rassen noch nicht abgeschlossen
ERF: War dieser Prozess erfolgreich?
Michael Klein: Einerseits schuf er in weiten Teilen der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür, dass gleiche Rechte nicht gleiche Rechte sind, wenn sie nur auf geduldigem Papier stehen. Andererseits blieben auf beiden Seiten Hass und Ressentiments bestehen. Martin Luther King bezahlte sein Engagement mit dem Leben. Er wurde 1968 ermordet. Die Versöhnungs-Aktivisten auf beiden Seiten ließen sich davon nicht beirren und bis heute ist die Aussöhnung zwischen den Rassen ein wichtiges Thema der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die sich damals formierte.
ERF: Der Prozess ist also noch nicht abgeschlossen?
Nein, da gibt es noch viel zu tun – und wir haben ja gerade in jüngster Vergangenheit von vielen Fällen gehört, in denen weiße Polizisten regelrecht Jagd auf schwarze US-Bürger gemacht haben. Gemessen am Anteil der Bevölkerung sitzen erheblich mehr Schwarze als Weiße in den Gefängnissen und vor allem in deren Todeszellen.
ERF: Vielen Dank für das Gespräch.
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Entscheidend war die Einführung von Zöllen auf importierte Industriewaren aus Übersee. Zwischen dem Süden und England fand zu dieser Zeit ein reger Handel statt. Der Süden exportierte Baumwolle und … mehrsonstige Agrarprodukte, und importierte Industriewaren aus England. Die Erzeugnisse aus England waren zu dieser Zeit preiswerter und von höherer Qualtität. Um den Süden zu zwingen, die Produkte aus dem Norden zu kaufen statt aus England, wurden Schutzzölle eingeführt. Kurz vor der Sezession bezahlte der Süden knapp 90 Prozent der Schutzzölle. Der Lebensstandard war durch die protektionistische Gesetzgebung bedroht. Es war unmöglich für die beiden Regionen geworden, vom selben Regime geführt zu werden. Vor dem Kriege hatte Lincoln persönlich gelobt, die Sklaverei zu erhalten, die Gesetze gegen flüchtige Sklaven anzuwenden und die Sklaverei auf ewig dort zu institutionalisieren, wo sie existierte. Er hob nicht einen Finger, um die „Anti-Neger-Gesetze” abzuschaffen, die den gesamten Norden, insbesondere Illinois, prägten.