26.07.2018 / Zum Schwerpunktthema

Ein Sprung ins Ungewisse

Loslassen, fallenlassen und vertrauen sind nicht immer so einfach.

Es war schon immer mein Traum und jetzt wird er wahr. Ich blicke aus 3.300 Metern Höhe auf das atemberaubende Panorama von Gran Canaria. Eine überdimensionale Dünenlandschaft, umsäumt vom kristallklaren Türkis des Meeres. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, wäre dies ein normaler Flug. Stattdessen öffnet sich die Seitentür des kleinen Flugzeugs und ich starre hinab in die Tiefe. Gleich werde ich gemeinsam mit meinem Tandempiloten das sichere kleine Flugzeug verlassen und mich auf das Wagnis eines Fallschirmsprungs einlassen. Ich glaube, das war keine gute Idee, und wenn ich könnte, würde ich jetzt einen Rückzieher machen.

Das scheint meinen Begleiter allerdings wenig zu interessieren, denn schon befinden wir uns im freien Fall! 30 Sekunden lang! Mein Gesicht unterzieht sich einem unfreiwilligen Extremlifting und die Schutzbrille gräbt sich in meine Haut. Vor lauter Luftdruck kann ich kaum atmen. Dann auf einmal reißt es uns in die Höhe. Der geöffnete Fallschirm hindert uns abrupt am weiteren Sturzflug. Oooooh, auf was habe ich mich da nur eingelassen?

Ruhe kehrt ein. Ich kann zum ersten Mal den Ausblick von hier oben ein wenig genießen. Und das Gute: Ich muss mich um nichts kümmern! Dafür ist ja mein Tandempilot da. Er ist Profi-Fallschirmspringer und weiß genau, was er macht. Obwohl ich sicher angeschnallt bin, halte ich mich doch ein wenig krampfhaft an meinen Gurten fest. Die Hände ausbreiten, um mich wie ein Vogel zu fühlen, gelingt mir nicht wirklich. Aber immerhin bin ich gesprungen oder sagen wir mal, gesprungen worden! Nachdem ich mich allmählich beruhigt habe, nehme ich die traumhafte Natur unter mir wahr, die kaum zu beschreiben ist. Was für ein herrliches Gefühl der Freiheit. Mein Wagnis hat sich gelohnt. Die Sonne kitzelt mir auf der Nase, und ich habe einen Piloten, der auf mich aufpasst. Schließlich landen wir sicher auf sonnendurchflutetem Sand. Dankbar und ein wenig erschöpft klettere ich aus meinem Gurt und weiß: Dieses Erlebnis kann mir niemand mehr nehmen!

Was gegen die Angst hilft

Das alles erinnert mich an andere Situationen in meinem Leben, in denen mein Bedürfnis nach Sicherheit mal mehr mal weniger auf die Probe gestellt wird. Denn wenn ich könnte, würde ich mich grundsätzlich im sicheren Hafen bewegen. Wo die Sonne scheint, das Wasser spiegelglatt ist und ein leichtes Lüftchen weht. So bin ich nun mal.

Doch das Leben sieht oft ganz anders aus. Ich gerate in Situationen, die meine Sicherheit ins Wanken bringen. Sei es durch Krankheit, den Verlust meiner finanziellen Absicherung oder Beziehungen, die zerbrechen. Bei meinem Fallschirmsprung ist das die Situation, wo ich 30 Sekunden im freien Fall bin. Es rüttelt und zerrt an mir und der harte Aufschlag auf dem Boden rückt immer näher. Dann muss ich mir sagen: Halt! Da ist noch jemand. Mein Tandempilot. Er kennt sich aus, und mit ihm komme ich sicher an.

Ich habe also immer wieder Situationen in meinem Leben, die mir wirklich Angst machen. Dann wache ich morgens mit sorgenvollen Gedanken auf. Als erstes spreche ich oft in solchen Fällen einen ermutigenden Bibelvers laut vor mich hin, z. B. aus Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele“. Nachdem ich diese Worte mehrfach wiederhole und sie verinnerliche, merke ich, wie ich ruhig werde und Frieden in meine aufgescheuchte Seele einkehrt. Ich weiß, dass Jesus da ist und auf mich aufpasst wie ein Hirte auf seine Schafe. Er verspricht mir, sich um mich zu kümmern. Die Frage ist nur: Glaube und vertraue ich ihm?

Ich denke, man vertraut nur jemandem, den man wirklich kennt. Schafe folgen auch nur dem Hirten, dessen Stimme ihnen vertraut ist. Wie also lerne ich Jesus so gut kennen, um zu wissen, dass er sich wirklich um mich kümmert? Ganz einfach: Ich verbringe viel Zeit mit ihm! Bei mir sieht das zum Beispiel so aus, dass ich morgens im Badezimmer Aussagen der Bibel auswendig lerne, um den Tag mit ermutigenden Gedanken zu beginnen. Nach dem Frühstück liebe ich es, mir viel Zeit zu nehmen, um in der Bibel zu lesen. Denn dort lerne ich, wie Jesus ist. Dafür stehe ich auch gern früher auf. Tagsüber bin ich immer wieder mit ihm im Gespräch über das, was mich beschäftigt und wo ich seine Hilfe brauche. Wenn ich dann von der Arbeit komme, setze ich mich erst einmal auf mein oranges Sofa und spreche mit ihm über den Tag. Das alles prägt mich sehr! Wenn dann Situationen kommen, die mir Angst machen, weiß ich, bei wem ich Hilfe finde und wer mich versorgt: Jesus Christus.

Immer an meiner Seite

Vor zwei Jahren starb meine Mutter. Mein Vater wird allmählich auch älter und seine Kräfte lassen nach. Ich merke, wie mich das umtreibt und ich mir Sorgen mache, weil ich mich als Alleinstehende überfordert fühle mit dem, was auf mich zukommt. Doch dann lese ich in Psalm 23 weiter: „Und wenn ich auch wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.“ Jesus wird auch in dieser Situation an meiner Seite sein und mich sicher hindurchbringen. Davon bin ich überzeugt.

Am Ende von Psalm 23 heißt es dann: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ Das heißt, dass nach der Not letztlich wieder Licht in jede Dunkelheit kommt und ich rundum versorgt sein werde. Mir macht das Mut, dass da jemand ist, der bei jedem Sprung ins Ungewisse wirklich auf mich aufpasst: Jesus Christus, der Hirte und Pilot meines Lebens!


Ruth Schneider arbeitet bei ERF Medien als Producerin für die ERF Gottesdienste. Privat ist sie selbstständige Visagistin, Typberaterin und Referentin bei Frauenfrühstücken.
 

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