Das Herz beschreibt unser innerstes Zentrum. Mit einem Streifzug durch die Geschichte von König David zeigt Jonathan Plaß, warum das Herz so wichtig ist und wie wir es schützen können.
Vor rund 3 000 Jahren schrieb ein Vater einen eindringlichen Brief an seinen Sohn. In poetischen Worten teilte er ihm wertvolle Lebensweisheiten mit – ermahnend, aber doch voller Fürsorge. Heute können wir diesen Brief im Alten Testament der Bibel lesen: das vierte Kapitel im Buch der Sprüche.
Im Grunde ist es ein Leitfaden fürs Leben, den der liebevolle Vater für seinen Schützling verfasst. Fast zwanzigmal betont er: „Bitte sei vorsichtig!“ Er warnt vor Gefahren, beschreibt Konsequenzen und versucht, seinen Sohn vor falschen Wegen zu bewahren.
Gegen Ende des Briefs betont er eines besonders: „Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus“ (Sprüche 4,23). „Mehr als alles andere“ ist eine ziemlich steile Aussage, allerdings keine Übertreibung. Der Vater meint es ernst, denn er weiß:
Das Herz ist das Wichtigste. Es ist das Zentrum des Lebens.
Von Herzen
Auch in unserem heutigen Sprachgebrauch meinen wir mit Herz viel mehr als nur den Muskel, der unseren Blutkreislauf in Schwung hält. Es ist das Symbol für die Liebe und beschreibt den Ort unserer Gefühle. Beispielsweise verteilen wir in den sozialen Netzwerken Herzchen und drücken damit unsere Anerkennung, Zustimmung oder Zuneigung aus.
Auch in gängigen Redewendungen rund ums Herz wird deutlich, dass es vor allem um die emotionale Bedeutung und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen geht. Wenn wir etwas „von Herzen tun“, tun wir es liebevoll und meinen es ernst. Menschen können uns „ans Herz wachsen“ und wir „verschenken unser Herz“ an die Person, die wir lieben. Und muss sich jemand den Vorwurf anhören „Du hast kein Herz!“, dann beschreiben wir damit eine gefühl- und mitleidslose Person.
Doch der alttestamentliche Schreiber von Sprüche 4 meint noch einmal etwas anderes, wenn er vom Herz schreibt. Nur was genau? Um dieser Frage nachzuspüren, lassen Sie uns einen Blick in die Bibel werfen.
David – ein Mann nach dem Herzen Gottes
Wohl keine andere biblische Lebensgeschichte veranschaulicht die Bedeutung des Wortes Herz so eindrucksvoll wie die von König David. Unscheinbar und fern aller königlichen Ehre wuchs er als jüngster unter sieben Brüdern auf und musste draußen auf dem Feld die Tiere hüten. Doch schon in jungen Jahren bezeichnet ihn der Prophet Samuel als „einen Mann nach dem Herzen Gottes“ (1. Samuel 13,14). Später greift auch der Apostel Paulus diese Aussage auf, als er auf Davids Leben zurückschaut (vgl. Apostelgeschichte 13,22).
David teilt also den Herzschlag seines himmlischen Vaters. Ein schönes Bild, das ganz beiläufig offenbart: Auch Gott hat ein Herz (vgl. Hosea 11,8). Doch was heißt das genau, nach dem Herzen Gottes zu sein?
Das Wesentliche liegt unter der Oberfläche
David – ein Mann nach dem Herzen Gottes – sollte der neue König werden. Vielleicht stellen Sie sich jetzt einen jungen, kräftigen Kerl vor, dem seine königliche Bestimmung förmlich ins Gesicht geschrieben steht. Auch der Prophet Samuel, der Königsmacher Israels, hatte wohl dieses Bild vor Augen.
Beinahe hätte dies schlimme Folgen gehabt: Als Samuel sich aufmachte, den künftigen König zu salben, fiel sein erster Blick auf Eliab, einen der älteren Brüder Davids. Von außen betrachtet schien dieser die perfekte Wahl zu sein: stattlich, stark, selbstbewusst – eben wie ein König. Doch Gott hatte einen anderen Plan. Nicht Eliab, sondern David war der Auserwählte.
Und deshalb musste Gott eingreifen. Er sprach zu Samuel: „Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen.
Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht: Der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an!“ (1. Samuel 16,7).
Erst mit diesem göttlichen Hinweis war Samuel in der Lage, David als den Auserwählten zu erkennen. Und das, obwohl er äußerlich der unscheinbarste der acht Brüder war.
Das muss für Samuel eine bittere Lektion gewesen sein, denn den letzten König bewunderte er für seine äußere Erscheinung (vgl. 1. Samuel 10,23-24). Aber dieser kehrte sich ab von Gott und so wählte Gott einen neuen König. Einen, der nach seinem Willen fragt und ihm vertraut.
Diese Episode aus Davids Jugend verdeutlicht eindrücklich, dass das Herz zwar von außen nicht sichtbar, aber dennoch von entscheidender Bedeutung ist. Es ist vergleichbar mit der Wurzel eines Baumes: Verborgen unter der Erde versorgt sie den Baum mit lebenswichtigen Nährstoffen und verwurzelt ihn fest mit dem Untergrund. Krankt es an der Wurzel, sieht man das früher oder später auch dem Baum an: Blätter und Zweige sterben ab und der Stamm verliert seine Stabilität.
Auf unsere Herzenshaltung kommt es an. Daran offenbart sich, wer wir wirklich sind.
Das Herz gibt den Kurs vor
Einige Jahre später wurde David tatsächlich König von Israel, ganz wie Samuel es voraussagte. Er lebte in enger Verbindung mit Gott und schien der Inbegriff eines Mannes nach Gottes Herzen zu sein. Doch dann beging er einen schweren Fehler.
David begehrte die schöne Bathseba, eine verheiratete Frau, und ließ sie in sein Schlafgemach bringen. Sie wurde schwanger und aus Angst, dass sein Vergehen nun ans Licht kommt, ließ David hinterhältig ihren Ehemann töten – Machtmissbrauch auf höchstem Niveau. Soll das wirklich der Mann nach Gottes Herzen sein?
Kurz darauf stellte der Prophet Nathan ihn zur Rede. Erschüttert über sich selbst, verfasste David ein Lied voller Reue, den Psalm 51. In der Mitte des Psalms fleht er: „Erschaffe mir, o Gott, ein reines Herz, und gib mir von Neuem einen festen Geist in meinem Innern!“ (Psalm 51,12)
Starke Worte Davids, die einmal mehr zeigen, was die Bibel unter dem Begriff Herz versteht: Es ist der Sitz unserer Wünsche und Sehnsüchte. Wie wir leben, entscheiden wir oft aus dem Herzen heraus. Es gleicht der Kommandobrücke eines Schiffs. Hier kommen alle Informationen, Gedanken, Emotionen und Wünsche zusammen und bestimmen den Kurs.
David betete um ein erneuertes Herz, weil er genau dort vom guten Weg abgekommen war.
Er folgte blind seinem Herzen und so verleiteten ihn Begierde und Verlangen zu Ehebruch und Mord. Er erkannte seine Schuld, doch seine Reue ging tiefer: Mit seiner Bitte um ein reines Herz äußerte David den Wunsch, sein Leben wieder nach Gottes Willen auszurichten. Genau diese Bereitschaft, seinen Kurs zu korrigieren, machte ihn zu einem Mann nach Gottes Herzen.
Davids Vermächtnis
Davids Leben – mit allen Höhen und Tiefen – offenbart die vielschichtige Bedeutung von Herz im biblischen Kontext. Kaum einer kannte die Geschichten von König David besser als sein eigener Sohn Salomo.
Er war das zweite Kind von David und Bathseba, nachdem ihr erster gemeinsamer Sohn starb. Nach allem, was David erlebt hatte, war es ihm vielleicht deshalb so wichtig, seinem Sohn Salomo mit auf den Weg zu geben: „Dein Herz halte meine Worte fest; … so wirst du leben“ (Sprüche 4,4).
Jedenfalls war Salomo von diesen Worten so bewegt, dass er das Vermächtnis seines Vaters später an seinen eigenen Sohn weitergab. Und die zentrale Botschaft im Brief an seinen Sohn lautet: „Mehr als alles andere, behüte dein Herz“ (Sprüche 4,23).
Wie können wir unser Herz behüten?
Unser Herz ist es wert, beschützt zu werden. Das lehrt uns die Geschichte von David. Aber wie können wir diesem Rat auch 3 000 Jahre später folgen?
Die biblische Perspektive lädt uns ein, unser Herz – unseren innersten, verborgenen Kern – in den Fokus zu rücken und zu schauen, in welchem Boden unser Herz wurzelt.
Stellen Sie sich doch mal folgende Fragen: Pflege und versorge ich mein Herz gut? Schütze ich mein Herz vor Gefahren und Angriffen? Welche Einflüsse sollte ich besser abwehren und was mir zu Herzen nehmen? Umgebe ich mich mit Gutem, Wahrem und Schönem oder mit Dingen, die mir auf lange Sicht schaden? Wer oder was tut mir gut?
Wenn wir nach einem nährstoffreichen Boden für unsere Herzenswurzeln suchen, finden wir diesen zum Beispiel in der Bibel, dem Wort Gottes. Wenn Sie darin lesen möchten, fangen Sie doch mit der Geschichte von David an (1. und 2. Samuel).
Unser Herz zu schützen bedeutet, den Kurs zu halten und uns immer wieder selbstkritisch zu fragen: Stimmt die Richtung noch? Ist mein Herzschlag noch im Einklang mit dem Herzen Gottes? David hat das allein nicht geschafft. Erst durch seinen treuen Berater Nathan wurde er darauf aufmerksam, dass ein Kurswechsel nötig ist.
Wir können uns fragen: Habe ich jemanden in meinem Leben, der mir ehrlich sagt, wenn ich vom Kurs abkomme? Falls Ihnen niemand einfällt, überlegen Sie: Wer ist geistlich reif und vertrauenswürdig? Bitten Sie Gott, Ihnen eine solche Herzensperson zu zeigen.
Ein Kurswechsel, so wie David ihn in Psalm 51,12 beschreibt, ist auch für uns möglich. Wir können Gott alles sagen, was uns schwer auf dem Herzen liegt. Er möchte es durch Jesus Christus erneuern. Sein Herz schlägt für uns.
Jonathan Plaß ist Social Media Volontär bei ERF Mensch Gott. Sein Herz schlägt für seine Familie. Ein halbes Jahrzehnt arbeitete der studierte Theologe in einer Ortsgemeinde in Süddeutschland.
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Hallo Herr Plaß,
vielen dank für Ihren Artikel.
als Herz bezeichne ich immer meinen ganzen inneren Menschen, also Geist und Seele in Addition.
Der Geist ist für mich der innerste Mensch, unser … mehrGewissen, Bewusstsein, unsere Verbindung zu Gott durch den Heiligen Geist. Und für alle Menschen der Lebensgeist, der Lebensmotor.
Die Seele unsere Gefühle, Gedanken und Wünsche/Wille.
In der Bibel habe ich immer das Herz zum einen als Synonym für Seele, aber auch als Synonym für unseren Geist nach meinem Verständnis gelesen.
Der Heilige Geist sitzt in unserem Körper (Tempel). Und im Körper im Herzen oder Geist?! [...]