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© Casey Horner / unsplash.com

07.01.2016 / Interview / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Lucia Ewald

Wie Glaube die Angst besiegt

Angst muss uns nicht verzweifeln lassen. Denn mit Gott können wir sie entmachten.

Ängste erleben viele Menschen täglich. Auch die Bibel schweigt nicht über menschliche Ängste und hat dabei einige gute Tipps parat. Die Sozialpädagogin und Seelsorgerin Cornelia Mack hat sich für ihr Buch „Angst: Verstehen, entmachten, verwandeln“ intensiv mit dem Thema Angst beschäftigt. Doch hilfreicher als alle Ratschläge wurde ihr in eigenen Angstsituationen der Glaube an Gott.

Im ersten Teil unseres Interviews haben Sie über Therapien gegen Angst gesprochen und darauf hingewiesen, dass auch die Bibel viele hilfreiche Tipps bietet. Lesen sie nun im zweiten Teil unseres Interviews mit Cornelia Mack mehr darüber, wie Jesus selbst Angst begegnet ist und welche Hilfen der christliche Glaube in Ängsten bietet.
 

ERF: Wie erleben Sie Gott konkret in Ihren Seelsorgegesprächen?

Cornelia Mack kennt Tipps gegen Angst. (Foto: privat)
Cornelia Mack kennt Tipps gegen
Angst. (Foto: privat)

Cornelia Mack: Ich erlebe immer wieder, dass Gott mich überrascht. Ich gehe ohne vorgefertigte Ideen in meine Gespräche, sondern versuche, zuzuhören und dabei vor allem auf das zu hören, was Gott in diese Situation hinein sagen möchte. Oft ist es auch so, dass die Ratsuchenden selbst die Hörenden sind.

Ich muss nicht unbedingt alles wissen, sondern ich frage die Menschen einfach offen: Gibt es irgendein Bild, das Ihnen helfen würde? Haben Sie eine Sehnsucht, wohin der Weg führen könnte, damit es Ihnen besser geht? Das Interessante dabei ist: Die Bilder, die die Menschen selbst erkennen, sind oft genau das, was sie brauchen, damit sich ein neuer Weg auftut. Ich kenne aus meinem eigenen Leben auch, dass Gott mir oft völlig andere Antworten gibt, als ich mir geben würde. Trotzdem sind sie oft genau das, was ich als Hilfe brauche.
 

ERF: Sie haben außerdem die These aufgestellt, dass Gott quasi der Erfinder der Konfrontationstherapie ist. Was sagt die Bibel sonst noch zum Phänomen Angst?

Cornelia Mack: Es ist großartig, wie oft dieses Thema in der Bibel vorkommt und wie Menschen sichtbar in ihrer Angst geholfen wird. Viele Psalmen sind Gebete aus der Angst heraus. Auch Paulus und Silas sind in einem beengten Gefängnis eingesperrt und fangen dort an, Gott zu loben. Das tun sie allerdings erst um Mitternacht. Es hat also eine Weile gedauert, bis sie zum Lob fanden, aber sie haben von ihrer Angst weg auf Gott geschaut und wurden dann befreit.

Und so finden sich ganz viele Geschichten in der Bibel, die uns dazu ermutigen, mit unserer Angst zu Gott kommen, vor ihm zu klagen und zu weinen, aber ihm auch bereits für das zu danken, was er tun wird. Wir können die Hilfe Gottes schon im Gebet vorwegnehmen, denn er wird uns helfen.

Angst und Sorge können das Leben nicht verlängern

ERF: Sie kennen Ängste auch aus eigener Erfahrung. Mit welchen Ängsten hatten Sie zu tun und wie haben Sie es geschafft, diese zu überwinden?

Cornelia Mack: Ich kenne Panikattacken aus meinem eigenen Leben. Außerdem habe ich erlebt, wie es ist, wenn man sich komplett in Sorgen und Ängste hineinsteigert. Es waren unterschiedliche Lebensphasen, in denen ich das erlebt habe. Diese Erlebnisse haben mir geholfen, der Angst ins Gesicht zu schauen und zu fragen: Wovor habe ich eigentlich Angst? Viele menschliche Ängste hängen, wenn man sie zu Ende denkt, mit der Angst vor dem Tod zusammen.

Ein Beispiel: Wenn jemand Krankheitsängste hat, hat er möglichweise nicht nur Angst vor der Krankheit, sondern davor, dass er todkrank wird und stirbt. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die Angst vor dem Tod letztlich hinter den meisten Ängsten steckt. Wenn wir das aber wissen, haben wir das Handwerkszeug, um die Angst zu entmachten. Wenn ich etwas habe, was stärker ist als der Tod und dem Tod die Macht nimmt, kann ich das der Angst entgegensetzen. Dann habe ich eine Waffe in der Hand, mit der ich der Angst einen Stopp setzen kann, weil ich sagen kann: „Ich weiß, wohin diese Angst letztlich führt, aber ich habe hier etwas, was stärker ist als genau diese Angst.“
 

ERF: Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Cornelia Mack: Ich möchte es konkret an einem Beispiel festmachen: Ich hatte eine Lebensphase, in der ich mich extrem um unsere Kinder gesorgt habe und meines Lebens nicht mehr froh war. Ich hatte den ganzen Tag und die ganzen Nächte über Sorgen und das hatte auch konkrete Anlässe. Aber ich merkte, dass ich mich selbst permanent ausbremste. Für mich hatte das Leben nichts Schönes mehr, weil diese Ängste so im Vordergrund standen.

Dabei ist mir dieser Satz von Jesus aus der Bergpredigt begegnet: „Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ (Matthäus 6,27). Ich habe dann gedacht: Wenn ich das in Verbindung bringe mit meinen Ängsten, heißt das konkret: Egal wie sehr du dich sorgst, du kannst an dem Ende des Lebens nichts ändern. Gott ist es, der Anfang und Ende setzt. Also kannst du eigentlich aufhören, dir Sorgen zu machen.

Dadurch habe ich gelernt, jedes Mal, wenn die Angst kam, einen Stopp zu setzen und mir diesen Satz zu sagen: „Moment mal, Gott hat doch die Verantwortung. Hör auf mit diesen Ängsten!“ Ich musste viele Stopps setzen und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich aus diesen negativen Emotionen herauskam.

Aber mit der Zeit wurde ich wirklich sorgloser und gelassener und habe wieder Lebensfreude bekommen. Das war für mich ein wichtiges Beispiel dafür, wie man mit konkreten Ängsten umgehen kann. Ich habe gelernt: Wenn ich immer auf die Angst starre wie das Kaninchen auf die Schlange, werde ich immer unbeweglicher und starrer in meinem Leben.

Jesus hatte auch Angst

ERF: Haben Sie in dieser Situation Hilfe in Anspruch genommen?

Cornelia Mack: Ich habe mit meinem Mann viel darüber gesprochen. Das hat mir sehr geholfen. Aber das Entscheidende war, dass dieser Vers sozusagen von Gott kam. Das war Gottes Geschenk, aber auch Gottes Ermahnung an mich, dass ich mein Augenmerk jetzt nicht mehr dauernd auf das Negative richte.
 

ERF: Der Philosoph Ernst Bloch hat gesagt „Um Lebensangst zu überwinden, ist es ganz wichtig, dass wir wieder lernen, Hoffnung zu haben.“ Das haben Sie selbst erlebt. Wie helfen Sie Klienten, in Angstsituationen wieder neue Hoffnung zu schöpfen?

Cornelia Mack: Durch den Blick auf den auferstandenen Christus, der den Tod überwunden hat und alles, was mit dem Tod verbunden ist: Die Angst vor dem Tod, Schuld und Verletzungen. Jesus ist auferstanden und hat all das besiegt. Diesen Blick auf den Auferstandenen wieder neu zu gewinnen, ist der beste therapeutische Ansatz für jedes Leben.
 

ERF: Sie haben von Jesu Sterben gesprochen. Jesus hatte in dieser Situation auch Angst. Wie ist er damit umgegangen?

Cornelia Mack: Er hat sich an seinen Vater gewandt. Er betete, als er Angst hatte. Der Angstschweiß fiel wie Blutstropfen auf den Boden. Man sieht an Jesus also auch alle körperlichen Reaktionen der Angst. Das ist tröstlich, denn wir wissen: Auch in der Angst steht Jesus neben mir und ist bei mir, denn er hat selbst auch Angst durchlitten. Er kennt die Angst und er kann mich in der Angst begleiten.

Die Worte, die Jesus am Schluss am Kreuz sagt, gehören übrigens zum Abendgebet der Juden, das jeder Jude auswendig konnte. Jesus hat also noch am Kreuz Psalmen gebetet. Er hat sich Gott, seinem Vater, sozusagen um den Hals geworfen und von ihm alles erwartet. Das dürfen auch wir in der Angst.

„Mach dir den zum Freund, der den Tod überwunden hat“

ERF: Wie ist Jesus mit Menschen umgegangen, die Angst hatten?

Cornelia Mack: Jesus hat gesagt: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Johannes 16,33). Das heißt: „Es gibt nichts, das so stark ist, dass ich es nicht überwinden kann. Ich gehe mit euch in der Angst. Ich bin an eurer Seite.“ Jesus hat ja auch Petrus, der auf dem Wasser in Todesangst zu versinken drohte, direkt geholfen ‒ und zwar im gleichen Moment.

Es gibt in der Bibel viele Beispiele dafür, wie Jesus Menschen in ihrer Angst begleitet und ihnen aus der Angst heraushilft. Er begegnet Menschen in Schmerz und Leid, tröstet sie und gibt ihnen eine neue Perspektive. Dieses Angebot zur Hilfe gilt für uns heute genauso.
 

ERF: Es sind schon viele Bücher über Angst geschrieben worden. Was ist das Besondere an ihrem Buch und was wünschen Sie Ihren Lesern?

Cornelia Mack: Wenn ich es zusammenfasse, würde ich sagen: Der Hauptaspekt meines Buches ist, die Angst anzuschauen, sie zu Ende zu denken und gegen die Angst ein positives Gegengewicht zu setzen. Für mich persönlich sind das die Worte Gottes, der den Tod überwunden hat. Mit dieser Macht kann ich der Angst sozusagen Paroli bieten. Es gibt in der Psychologie den Satz: „Mach dir die Angst zum Freund.“ Ich sage: „Mach dir den zum Freund, der den Tod überwunden hat. Dann hast du die beste Waffe gegen die Angst, auch gegen die Angst vor dem Tod.“
 

ERF: Herzlichen Dank für das Interview.

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (1)

Manfred M. /

Sehr gut und hilfreich!

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