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© Alex Moliski / unsplash.com

13.06.2025 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 10 min

Autor/-in: Sarah-Melissa Loewen

Herzarbeit ist Schwerstarbeit

Auf dem Weg zu einem veränderten Herzen: 4 Stolpersteine und wie du sie umgehen kannst.

Neulich saß ich im Behandlungszimmer meiner Ärztin und besprach den Befund der letzten Untersuchung. Ich hatte gehofft, endlich Klarheit zu bekommen, vielleicht eine Diagnose, einen Plan, wie es weitergeht. Doch die Ärztin blieb vage: „Dieser Befund kann der Auslöser der Symptome sein, muss es aber nicht. Wir können die entsprechende Behandlung ausprobieren, aber rechnen Sie damit, dass es nicht wirkt, wie erhofft.“ 

Ich nickte höflich, aber innerlich brodelte es in mir. Besorgnis, Enttäuschung, Frustration, sogar Wut – all das stieg hoch. Ich hätte sie am liebsten angemotzt, dass sie als Ärztin das doch besser wissen müsste. Dass sie eine Lösung finden müsste. Tränen der Verzweiflung bahnten sich ihren Weg.

Als ich wieder zu Hause war, wurde mir schmerzlich bewusst: So will ich gar nicht sein! Ich wollte vertrauen können, geduldig bleiben, freundlich reagieren. Stattdessen wurde mein Herz hart, eng, misstrauisch.

Was wirklich in unserem Herzen steckt, wird besonders außerhalb unserer Komfortzone sichtbar. 

Dazu schreibt der Autor Michael Oswald: „Wie reagiert unser Herz, wenn wir abgelehnt oder verletzt werden? Was kommt aus deinem Herz heraus, wenn du unter Druck gerätst, wenn Not, Zweifel, Angst oder Krankheit da sind?“

Werden auch dir deine Herzfehler manchmal schmerzlich bewusst? Du versuchst etwas zu verändern, aber die guten Vorsätze scheitern. Als Menschen können wir uns dem Einfluss nicht entziehen, den unsere Umstände auf unser Herz ausüben. Jede Erfahrung – positiv wie negativ – arbeitet an unserem Herzen und hinterlässt Spuren darin. Aber die gute Nachricht lautet: Du kannst darauf achten, wie sie dein Herz formen.

Das eigene Herz neu formen lassen

Du kannst lernen, achtsam wahrzunehmen, in welchem Rhythmus dein Herz schlägt. Immer wieder hinzuhorchen, ob es stolpert oder rast, ob es Aussetzer hat oder gar kein Signal mehr von sich gibt. 

Um den ganzen Frust und Ärger, die Fehler und Ängste, die dein Herz eng werden lassen, darfst du dich mit Gott gemeinsam kümmern. Er kennt dein Herz wie kein anderer – besser als du selbst. In der Bibel sagt Gott über sich selbst: „Der Mensch urteilt nach dem, was er sieht, doch der HERR sieht ins Herz“ (1. Samuel 16,7).

Michael Oswald ermutigt in seinem Buch „Herzschlag“ dazu, sich auf die Reise zu einem veränderten Herzen zu begeben und einen gesunden Herzschlag zu entwickeln, der sich dem Herzschlag Gottes immer mehr angleicht. 

Doch auf dem Weg zu einem erneuerten Herzen liegen einige Stolpersteine, die dazu führen können, dass dein Herz auf der Strecke bleibt. Sie verhindern die Veränderung deines Herzens. Im Folgenden gehe ich auf vier solcher Stolpersteine ein und wie du sie beiseiteräumen kannst.

Stolperstein Nr. 1: Hochmut

Auf deinem Weg zu einem veränderten Herzen erschwert dieser Stein die Reise gleich am Anfang. Bei dem Begriff Hochmut denke ich an Stolz, Überheblichkeit und herablassendes Verhalten anderen gegenüber. Klingt nach einem schrecklichen Charakter. In unserem Herzen zeigt sich Hochmut aber viel subtiler – und ist deshalb so gefährlich. 

Michael Oswald schreibt dazu: „Hochmut ist die falsche Einschätzung über den tatsächlichen Zustand deines Herzens und der Irrglaube, es selbst heilen zu können oder zu müssen. Hochmut verhindert, dass wir unser eigenes Herz so wahrnehmen können, wie es wirklich ist.“ 

Die Gefahr dieses Stolpersteins besteht einerseits darin, dass du nicht erkennst, wie es wirklich um dein Herz steht. Das hat bereits König David erkannt, als er folgendes Gebet schrieb: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken. Zeige mir, wenn ich auf falschen Wegen gehe, und führe mich den Weg zum ewigen Leben“ (Psalm 139,23-24).

Das kenne ich auch. Oft schaue ich auf andere, die an ihrem Herzen arbeiten sollten. Der cholerische Kollege, der seine Wortwahl dringend in den Griff bekommen sollte. Die verbitterte Großmutter, die ihre Vergangenheit aufarbeiten sollte. Aber die Wahrheit ist: Mein eigenes Herz braucht Veränderung.

Andererseits birgt dieser Stein eine zweite Stolpergefahr: Wir denken als Menschen schnell, wir würden den schwierigen Weg der Herzensveränderung allein meistern können. Ich sage mir: Wenn ich nur genug Bücher zum Thema lese oder Podcasts und Predigten höre, kriege ich das schon allein hin. Doch für unsere eigenen Herzfehler sind wir oft blind. Eine Selbsttherapie verspricht in Herzensangelegenheiten – wenn überhaupt – nur mäßigen Erfolg. 

Herzarbeit ist vielmehr ein Gemeinschaftsprojekt. Tiefe Beziehungen zu anderen Menschen und zu Gott helfen dir, das eigene Herz zu reflektieren. Gemeinsam mit anderen kannst du die dunklen, kaputten Bereiche des Herzens viel leichter ans Licht bringen. 

Praxistipp

Als ersten Schritt kannst du dir das Gebet von David zu eigen machen. Bitte Gott um Einsicht und Erkenntnis, wo dein Herz Veränderung braucht.

Auch ein zweiter Blick von außen kann hilfreich sein. Frage dich: Wer darf in mein Leben sprechen? Wessen Ansichten und Ratschläge schätze ich? Wem möchte ich mich anvertrauen? 

Bitte diese Person, dir offen und ehrlich zu sagen, was sie an dir beobachtet. Vereinbart regelmäßige Treffen, in denen ihr über Dinge sprecht, die dir schwer auf dem Herzen liegen. Oder über Begegnungen und Situationen, die schwierig für dich waren und wo du dir eine Veränderung wünschst. Solche regelmäßigen Reflexionszeiten helfen, Erlebnisse zu sortieren und zu verarbeiten. So gelangst du nach und nach zu einer ausgewogenen Einschätzung von dir selbst.

Stolperstein Nr. 2: Gemütlichkeit

Gemütlichkeit klingt erst einmal nicht sonderlich bedrohlich. Wenn du auf dem Weg zu einem erneuerten Herzen über diesen Stolperstein fällst, tut das zunächst nicht wirklich weh, hat in der Zukunft aber fatalen Folgen. 

Michael Oswald definiert Gemütlichkeit als „das Ergebnis von falschen Annahmen“. Zum Beispiel Annahmen wie diese: „Ich warte, dass Gott mein Herz verändert, ohne selbst etwas beizutragen.“ Oder: „Jemand anderes ist für mein Herz verantwortlich.“ 

Herzarbeit ist schwere Arbeit, die dir keiner abnehmen kann. Wenn du nicht aktiv an deinem Herzen arbeitest, wird sich nichts verändern. Nur du selbst kannst die Verantwortung für die Entwicklung deines Herzens übernehmen, niemand sonst.

Gemütlichkeit birgt außerdem die Gefahr, dass dein Herz träge wird. Irgendwann nimmt es die eigenen Herzfehler resigniert hin und sagt schulterzuckend: Ich bin halt so. Und das, obwohl dich deine Herzfehler eigentlich betrüben.

„Zu viel Gemütlichkeit führt zu verfetteten Herzen. Wenn wir uns zu sehr gehen lassen, wird unser Herz dick und unempfindlich“, mahnt Oswald. Das heißt: Alle guten Vorsätze und Ratschläge prallen daran ab. Ein träges Herz kommt nur langsam und mühsam auf dem Weg der Erneuerung vorwärts. Im schlimmsten Fall droht der Herzstillstand.

Ein gesundes Herz braucht Training! Das gilt für das Herz als Organ genauso wie für deine Seele. Dazu musst du keine Seminare belegen und es geht dabei auch nicht um Selbstoptimierung. Vielmehr geht es um die Bereitschaft, stetig an deinem Herzen zu arbeiten – auch wenn es nur kleine Schritte sind. Wie beim Sport fällt es dir vielleicht anfangs schwer, dich zu den Trainingseinheiten aufzuraffen, doch irgendwann wird es leichter und du bemerkst die positiven Effekte.

Praxistipp

Wie könnte dein Herz-Training aussehen? Nimm dir am Ende jeden Monats eine Stunde Zeit, um Bilanz über die vergangenen Wochen zu ziehen. Schnapp dir deinen Terminkalender und lasse die Ereignisse innerlich Revue passieren. 

Gab es eine Situation, in der du dich anderen oder dir selbst gegenüber unehrlich, lieblos oder gar ungerecht verhalten hast? Frage dich: Wenn du diese Situation noch einmal durchleben könntest, wie würdest du dich stattdessen lieber verhalten? Halte ein Aha-Erlebnis daraus fest und die Erkenntnisse, die du daraus ziehst.

Es tut gut, die schönen und auch die schwierigen Erlebnisse im Gebet bei Gott abzugeben. Vielleicht merkst du dabei, dass du ein klärendes Gespräch oder eine Entschuldigung nachholen solltest. Damit hältst du dein Herz fit und lernst dich selbst immer besser kennen. 

Stolperstein Nr. 3: Angst

Angst kann ein sehr großer Stolperstein sein, der den Weg zu einem erneuerten Herzen regelrecht blockiert. Denn Angst lähmt dein Herz und hemmt den Prozess zu heilen und gesund zu werden. Angst hat viele Gesichter, schreibt Michael Oswald: Angst vor Verletzungen, Verlust, Veränderung, Versagen; Angst, die Kontrolle abzugeben. Angst vor Enttäuschungen, Fehlern, Scheitern, vergessen oder verlassen zu werden. Doch: Du bist nicht du, wenn du ängstlich bist.

Angst und Angsterkrankungen sind für Betroffene eine große Belastung. Welche Angstformen gibt es? Welche Ursachen und Folgen hat Angst? Und was kannst du gegen die Angst tun? In unserem Dossier „Wenn Angst die Seele auffrisst“ findest du viele Beiträge und Impulse zum Thema sowie im ERF Jess Podcast „Heavenly Mental“

Ein ängstliches Herz geht mit Kaninchenpuls durchs Leben. Immer in Habachtstellung reagiert es auf die Umstände des Lebens, anstatt mutig zu agieren – aus Angst vor Schmerz. Um dein Herz vor diesem Schmerz zu bewahren, wickelt du es vielleicht ganz fest in ein Kettenhemd, um damit alle Emotionen abzuwehren. Doch das ist der Weg der Angst. 

Viel ratsamer ist es, alle Emotionen Gott anzuvertrauen und dein Herz von seiner Liebe umhüllen zu lassen. Schenke ihm Glauben, dass er hält, was er verspricht, und dich heilen und schützen wird. Denn Heilung entsteht dort, wo du die Angst vor Verletzung verlierst, schreibt Oswald. Dann kannst du dich befreit auf den Weg zu einem lebendigen und mutigen Herzen machen.

Praxistipp 

Stell dich deiner Angst! Sie zu ignorieren ist zwecklos. Unterdrückte Angst ist keine überwundene Angst. Ein erster Schritt gegen die Angst kann sein, mit jemandem darüber ins Gespräch zu kommen. Wenn du über deine Ängste und Sorgen sprichst, verlieren sie schon etwas von ihrem Schrecken. 

Gott sagt uns Menschen immer wieder zu, dass wir uns nicht zu fürchten brauchen. Unzählige Male kannst du in der Bibel den Satz „Fürchte dich nicht!“ lesen. Zum Beispiel in Jesaja 43,1: „Jetzt aber sagt der HERR, der dich ins Leben gerufen hat (...): ‚Fürchte dich nicht, ich habe dich befreit! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir!‘“

Diese Zusage gilt auch dir. Vielleicht hilft es dir, solche spezifischen Verse aus der Bibel auswendig zu lernen oder aufzuschreiben und sie sichtbar aufzuhängen. So erinnerst du dich immer wieder daran und das Vertrauen auf Gottes Hilfe, seinen Beistand und Schutz kann in deinem Herzen wachsen.

Stolperstein Nr. 4: Bitterkeit

Bitterkeit ist eine schlimme Herzkrankheit. Sie kann in deinem Herzen tiefe Wurzeln schlagen und wie Unkraut die guten Früchte deines Herzens überwuchern und ersticken. Verbitterung verkrampft das Herz. Dadurch verliert es seine Formbarkeit und wird veränderungsresistent. Doch wie entsteht Bitterkeit?

Bitterkeit entsteht, wo wir Schmerz über lange Zeiträume allein tragen mussten und Verletzungen nicht vergeben konnten. Es ist ein Unrecht, dass du verletzt wurdest, dass dein Herz verwundet oder sogar gebrochen wurde, aber es kann nicht heil werden, wenn du diesen Schmerz weiterhin festhältst. 

Michael Oswald schreibt: „Vergebung bedeutet nicht, dass wir gutheißen, wo Menschen uns verletzt haben. Vergebung bedeutet, dass wir uns mit Gottes Hilfe dazu entscheiden, die Schuld von Menschen freizugeben, indem wir sie Gott übergeben.“ Wenn du so handelst, setzt du dein Vertrauen ganz in Gott, dass er deine Verletzung heilen wird. 

Vergebung ist eine bewusste Entscheidung, erlittenes Unrecht und den Schmerz darüber loszulassen. Es geht dabei nicht um die andere Person, sondern um dich. Dein Herz braucht Vergebung.

Praxistipp

Es ist nötig, Unkraut zu jäten und die bittere Wurzel aus deinem Herzen zu entfernen. Wie könnte hier ein erster konkreter Schritt aussehen? Frage dich: Wem muss ich vergeben? Wenn du Verbitterung in deinem Herzen spürst, bin ich sicher, du musst gar nicht lange überlegen.

Suche dir einen ruhigen Ort mit Stift und Papier. Dann schreibe der Person, die dich verletzt hat, einen Brief. Schreibe dir alle negativen Gefühle und allen Schmerz von der Seele. Im Anschluss schreibe folgenden Satz darunter: „Ich vergebe dir – mit Gottes Hilfe.“ 

Lies dir selbst diesen Brief vor und sprich die Vergebung laut aus, denn Worte haben Kraft. Sprich dann mit Gott darüber und überlass ihm deinen Schmerz. Sprich auch vor ihm deine Vergebung für die Person aus und bitte ihn um seine Hilfe und Heilung für dein Herz. 

Schwerstarbeit, die sich lohnt

Um die Stolpersteine auf deinem Weg zu einem erneuerten Herzen zu umgehen, können treue Weggefährten, regelmäßige Selbstreflexion und das Vertrauen auf Gottes Zusagen helfen. Auch Vergebung ist ein kraftvoller Schritt auf deinem Weg zu einem befreiten und leichteren Herzen. 

Wir kümmern uns um so vieles, aber oft zu wenig um unser Herz. In der Bibel heißt es: „Vor allem aber behüte dein Herz, denn dein Herz beeinflusst dein ganzes Leben“ (Sprüche 4,23). Der Zustand unseres Herzens entscheidet stark über unsere Lebensqualität! Gleichzeitig ist es nicht leicht, am offenen Herzen zu arbeiten. Es erfordert Mut, Ausdauer und Vertrauen, aber es lohnt sich!

Hat dich dieser Artikel ermutigt, an deinem Herzen zu arbeiten? Teile deine Erfahrungen gerne mit uns in den Kommentaren.

Autor/-in

Sarah-Melissa Loewen

  |  Redakteurin

Sarah-Melissa Loewen hat Literatur- und Kulturwissenschaften studiert. Als Redakteurin von ERF.de schreibt sie darüber, wie sich der christliche Glaube authentisch in den Alltag integriert und in herausfordernden Situationen wirksam wird. Mit Artikeln zu relevanten Lebensthemen möchte sie praktische Impulse für den Alltag teilen und Menschen ermutigen.

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Kommentare (3)

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Michael O. /

Vielen Dank @Sarah-Melissa für den authentischen, ehrlichen Artikel und die praktischen Tipps. Hab mich sehr gefreut. Liebe Grüße aus Eisenstadt.

Beate J. /

Vielen Dank für diese ehrliche Ansage, dass Herzarbeit - Schwerstarbeit ist. Ich empfinde es gerade mit zunehmendem Alter so, dass die Bitterkeit und Angst sich in meinem Herzen einnisten wollen. Ich brauche Jesus, um damit umzugehen jeden Tag wieder neu.

Rüdiger /

Danke für diesen Artikel, er traf genau in mein Herz und ist für mich sehr aktuell.

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