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© Gerth Medien

17.12.2023 / Buchauszug / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Hanna Willhelm

Gloria – ein Gott zum Staunen

Auf der Suche nach den Schätzen der Weihnachtsgeschichte.

Durch Weihnachtslieder können wir so richtig schön in Weihnachtsstimmung kommen. Viele Lieder, die im Radio laufen, auf Weihnachtsmärkten und in Supermärkten dudeln, haben gar nicht viel mit der Weihnachtsgeschichte selbst zu tun.

Andere kirchliche Weihnachtslieder, teilweise schon jahrhundertealt, müssen erst einmal verstanden werden, weil Begriffe vorkommen, die in unserem Sprachgebrauch nicht mehr üblich sind. Wie zum Beispiel das lateinische „Gloria in excelsis deo“ – „Ehre sei Gott in der Höhe“. Hanna Willhelm hat sich gefragt, was das eigentlich ganz praktisch bedeutet.

Jeden Adventssonntag veröffentlichen wir einen Auszug aus ihrem Buch Auf der Suche nach der Weihnachtsfreude. Die Autorin sah das Weihnachtsfest an sich vorüberziehen, ohne dass es sie wirklich bewegte. Durch ihre Suche nach der verloren gegangenen Freude wurde sie neu von den Geschehnissen der Weihnachtsgeschichte berührt. In ihrem Buch erzählt sie von ihren Einsichten.

Lesen Sie hier das Kapitel „Gloria – ein Gott zum Staunen“.

Höhe Töne und helle Lieder

Es gibt einige Weihnachtslieder, die bringen mich stimmlich und atemtechnisch an meine Grenze. „Engel singen helle Lieder“ ist so eines. Bei diesem Lied beginnt der Lauf für das „Gloria“ im Refrain je nach Tonart beim zweigestrichenen D und endet vier Takte später eine Oktave tiefer. Da muss man sich die Luft gut einteilen. Trotzdem mag ich das französische Weihnachtslied aus dem 18. Jahrhundert. Die Melodie hat etwas Unbeschwertes an sich und löst schon allein beim Zuhören ein gutes Gefühl aus.

Der Liedtext ist schlicht, aber eindrücklich. Er erzählt die Geschichte der Hirten und der Engel auf den Feldern von Bethlehem nach. Der Refrain ist sogar wörtlich der lateinischen Bibel entnommen. „Gloria in excelsis Deo – Ehre sei Gott in der Höhe“ – so singen die Engel, als sie den Männern bei den Schafen die Nachricht über die Geburt von Jesus bringen.

Was sich im Lied schön anhört, ist sprachlich im Alltag eher ungebräuchlich. Oder wann hast du das letzte Mal das Wort „Ehre“ benutzt? Wir gebrauchen den Begriff am ehesten noch, wenn wir ausdrücken möchten, dass ein besonderes Ereignis oder eine Begegnung mit einem berühmten Menschen für uns eine Ehre ist.

Was heißt es, Gott zu ehren?

Im Bibeltext ist es Gott, der geehrt werden soll. Was ist damit gemeint? Möchte Gott, dass wir ihm auf eine besonders respektvolle Art und Weise begegnen? Legt er Wert auf eine bestimmte Etikette? Oder sollen wir ihm möglichst dankbar begegnen, weil er so viel für uns getan hat?

Es scheint logisch zu sein, dass er als Schöpfer und Retter von uns Menschen unsere besondere Anbetung verdient hat. Aber geht es dabei auch steif und distanziert zu? Sind wir Gott gegenüber wie die Soldaten, die bei einem militärischen Empfang strammstehen und dabei höchstens einen kurzen Blick auf den Ehrengast werfen können, der einige Meter vor ihnen über den roten Teppich schreitet?

Ich muss gestehen, dass ich im Unterbewusstsein ein solches Bild hatte, wann immer ich die Aussage gehört habe, dass Gott geehrt werden soll. Es erschien mir eine eher förmliche Sache zu sein. Oder um ein weiteres Bild zu gebrauchen: Manchmal hatte ich den Eindruck, Gott wartet darauf, dass wir ihn dankenswerterweise erwähnen, so, als würde ein Redner bei einem offiziellen Anlass ganz zu Beginn die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur begrüßen.

Gott ganz persönlich fragen

Eines Tages habe ich angefangen, mit Gott über diesen inneren Zwiespalt zu reden, den das Gloria in mir hervorgerufen hat. Schließlich kommen ähnliche Formulierungen wiederholt in der Bibel vor. In den Psalmen und in der Offenbarung geht es immer wieder darum, dass Engel und Menschen Gott ehren oder dazu aufgefordert werden, es zu tun.

Das Thema scheint für die Verbindung zwischen Gott und Mensch zu wichtig zu sein, als dass ich es einfach weiter mit diesen förmlichen Bildern in Verbindung bringen wollte. So bat ich Gott, mir zu zeigen, was damit gemeint ist. Eine ganze Weile lang passierte auf mein Gebet hin nichts und das Thema rückte zeitweise wieder in den Hintergrund.

Der Groschen fiel dann völlig unerwartet an einem Abend, an dem ich mit etwas komplett anderem beschäftigt war. Ich hatte mir im Internet einige Sendungen angeschaut, in denen Menschen erzählen, wie Gott ihr Leben verändert hat. Ich war fasziniert davon, wie er den einzelnen in ihren schwierigen Umständen begegnet war, wie sie sich ihm geöffnet hatten und wie es für diese Menschen dann auf einmal wieder Hoffnung gab. In einem Fall wurde das Leben einer Familie derart umgekrempelt, dass die Mutter auf einmal fähig war, für ihre Kinder zu sorgen, nachdem sie sie zuvor jahrelang vernachlässigt hatte.

Von Gottes Handeln bewegt

Während ich mehrere dieser Geschichten anschaute, spürte ich irgendwann eine große Dankbarkeit und Freude darüber, dass Gott diesen Menschen persönlich begegnet war und ihnen auf ganz fassbare Art und Weise geholfen hatte. Ich begann zu beten und meinem Gott für sein Eingreifen zu danken. Gleichzeitig staunte ich darüber, wie er mit ihnen ganz individuelle Wege gegangen war, damit sie einen Blick dafür bekommen konnten, dass Gott ihr Herr, ihr Vater und ihr Freund sein möchte.

In diesem Moment machte es klick und es war, als ob Gott mir sagte: „Siehst du, das ist damit gemeint, wenn es in der Bibel darum geht, dass ich geehrt werde. Es geht nicht um eine steife Formsache. Im Gegenteil – es ist die pure Freude darüber, was ich alles an Gutem für die Menschen bewirke und wo überall auf dieser Welt man mein Handeln finden kann.“

Es ist die pure Freude darüber, was ich alles an Gutem für die Menschen bewirke und wo überall auf dieser Welt man mein Handeln finden kann.

So gesehen, ergibt es absolut einen Sinn, dass die Engel an Weihnachten Gott ehren. Denn es hat in der Weltgeschichte wohl kaum andere Augenblicke gegeben, in denen Gott radikaler für uns Menschen aktiv geworden ist. Schließlich hilft Gott hier nicht nur einem einzelnen Menschen aus der Not, sondern er startet ein Rettungsprogramm, das allen zugutekommt, die sich darauf einlassen. Ist es da ein Wunder, dass die Engel vor lauter Freude und Begeisterung über diesen Gott kaum noch an sich halten können?

Ein Gott wie kein anderer

Auch im Blick auf das biblische Buch der Offenbarung wird so viel klarer, warum Gott dort immer wieder zugejubelt wird. Denn die Texte in diesem Buch berichten davon, dass er die Menschen endgültig von allem Leid, allen Schmerzen, jeder Traurigkeit und jeder Angst befreien wird. Gott wirkt und das tut er für uns. Dieser Gedanke bringt mich zum Staunen. Denn so etwas kann nur unser Gott.

Kein Mensch hat die Fähigkeit, derart grundlegende Dinge zu machen, wie Gott es kann und tut. Sei es, dass er diesen Kosmos durch sein Wort ins Leben ruft oder dass er zerbrochene Herzen heilt, Kranke gesund macht, Schuld vergibt und Unrecht gerecht richtet. Oder dass er selbst Mensch wird, um uns wieder beziehungsfähig mit ihm und unserer Umwelt zu machen. Es sind diese Dinge, die Gott so besonders, so einmalig machen und die uns zum Staunen über sein Wesen und sein Handeln bringen können.

Wieder staunen wie ein Kind

Wenn ich heute eine Definition dafür schreiben sollte, was es bedeutet, Gott zu ehren, würde ich es ungefähr so formulieren: Gott zu ehren bedeutet, dass ich beginne zu begreifen und anzuerkennen, was er tut und wie er ist. Meine Kinder sagen: „Boah, Alter!“, wenn sie von jemandem oder etwas besonders beeindruckt sind. Ich würde diesen Ausdruck Gott gegenüber nie in den Mund nehmen. Aber das Gefühl, das dahintersteckt, drückt für mich ganz gut aus, was mit ehren gemeint ist.

Was für mich dann allerdings noch dazukommt, ist ein Staunen darüber, dass ich diesen großen Gott persönlich kennen darf und dass ich ihm mit Liebe und Hingabe auf sein Handeln antworten kann. Im Alltag gehen dieser staunende Blick und die leidenschaftliche Antwort leider viel zu schnell verloren. Vielleicht ist es deswegen eine gute weihnachtliche Hausaufgabe für mein Herz, bewusst darauf zu achten, wo Gott etwas tut, das mich zum Staunen bringt.

Machst du mit? Dann hätten wir gemeinsam wieder einen Grund mehr, in das Gloria einzustimmen …

Weihnachtslicht: „Würdig bist du, unser Herr und Gott, dass alle dich preisen und ehren und deine Macht anerkennen. Denn du hast die ganze Welt geschaffen; weil du es gewollt hast, ist sie entstanden“ (Offenbarung 4,11).
 

 Hanna Willhelm

Hanna Willhelm

  |  Redakteurin

Hanna Willhelm ist Redakteurin, Autorin und begeisterte Theologin. Ihre Faszination für die Weisheit und Bedeutung biblischer Texte möchte sie gerne anderen zugänglich machen.  In der Sendereihe "Das Gespräch" spricht sie am liebsten mit Gästen über theologische und gesellschaftlich relevante Themen. Sie liebt Bücher und lebt mit ihrer Familie in Mittelhessen.

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