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© Casey Chae / unsplash.com

06.12.2023 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Sarah-Melissa Loewen

Bittere Zeiten, süße Gebräuche

Adventsbräuche erklärt: Esther Dürrstein über den Ursprung von Lebkuchen, Stollen und Weihnachtsmarkt.

Weihnachten ist ein Fest für Leib und Seele. Daher gehören weihnachtliche Kekse und süßes Gebäck in der Vorweihnachtszeit unbedingt dazu. Und das nicht erst seit 1987 als Rolf Zuckowski seinen Weihnachtshit „In der Weihnachtsbäckerei“ veröffentlichte. In vielen Küchen macht sich Ende November der Plätzchenduft breit.

Stichtag für den Handel ist übrigens schon Anfang September, dann bevölkern die ersten Schokoweihnachtsmänner die Supermarktregale und die Spekulatiuskekse stapeln sich. Je nachdem, ob der Herbst schon Einzug gehalten hat, oder sich der Sommer noch etwas ausdehnt, kommt uns das entweder sehr verfrüht oder genau richtig vor.

Mit dem Monatswechsel von November zu Dezember fällt auch der Startschuss für die Eröffnung der Weihnachtsmärkte. Traditionell geht es los nach dem Ewigkeitssonntag, der in evangelischen Kirchen am Sonntag vor dem ersten Advent als ein stiller Feiertag begangen wird. Jedoch hat sich der Beginn der Weihnachtsmärkte seit einigen Jahren vorverschoben.

Doch seit wann gibt es eigentlich Weihnachtsmärkte und warum gibt es ausgerechnet in der Adventszeit süßes Gebäck in Hülle und Fülle?

So schmeckt Weihnachten

Die Traditionen rund ums Weihnachtsgebäck wie Honigkuchen, Lebkuchen und Stollen kommen nicht von ungefähr. Esther Dürrstein hat zum Thema recherchiert und die Spur dieser „Kuchenkrumen“ bis weit in die Vergangenheit zurückverfolgt:

Honigkuchen kennen wir schon aus der Bibel. Während das Volk Israel durch die Wüste wanderte, ernährten sie sich von Wachteln und von Manna. Das Manna wird beschrieben als ein feines, nahrhaftes Gebäck mit dem süßen Geschmack von Honig. Es war also eine Art Honigkuchen und ein Ausdruck dafür, dass Gott sein Volk versorgt – auch in der Wüstenzeit.

Auch das 13. Jahrhundert war eine wüste Zeit und es gab viel Elend im Mittelalter, so Esther Dürrstein. In den Klöstern und Ordensküchen wurde viel gebacken und gebraut und nach Rezepturen gesucht, um die Lebensmittel möglichst lange haltbar zu machen, damit für die Wintermonate genug Vorräte angelegt werden konnten.

So entstand im Laufe der Zeit das heute übliche Rezept des Lebkuchens, beziehungsweise Pfefferkuchens – je nach Region wird er anders bezeichnet. Aber dieses Gebäck war süß, warum dann also Pfeffer? Esther Dürrstein erläutert:

Man bezeichnete damals exotische Gewürze im Allgemeinen als „Pfeffer“. Im Pfefferkuchen enthalten waren solche Gewürze, die wir heute mit Weihnachten assoziieren wie Zimt, Kardamom, Nelke, Piment, Muskat, Ingwer und Anis.

Durch die Gewürze waren diese sogenannten „Magenbrote“ außerdem sehr bekömmlich und die Zutaten verliehen eine lange Haltbarkeit, gerade auch durch den Honig. So entstand eine nahrhafte Beilage zum Bier, damals ein Grundnahrungsmittel, das ziemlich stark gebraut war.

Außerdem wurden die süßen braunen Kuchen von den Klöstern in harten Wintern an Arme und Bedürftige verteilt und erinnerten in dieser Funktion gleichzeitig an Jesus, das heilsame „Brot des Lebens“, wie es auch das Brot des Abendmahls symbolisiert.

Auch beim Christstollen stand vor allem eine möglichst lange Haltbarkeit im Vordergrund:

Der Teig ist ein sehr schwerer Hefeteig mit hohem Fettanteil und Trockenfrüchten. Und wenn der Stollen fertig gebacken ist, wird er noch einmal mit flüssiger Butter bestrichen und in Zucker gewälzt. Wenn die Butter mit dem Zucker aushärtet, ist das wie eine Isolationssicht, die das Gebäck vor Schimmel schützt.

Außerdem enthält der Stollen Zitronat und Orangeat, was ihn besonders haltbar und nahrhaft macht. Traditionell aß man den ganzen Winter davon.

Esther Dürrstein kommt selbst aus einer Bäckerfamilie und erinnert sich noch sehr gut: „Ich hatte einen Großonkel, der immer riesengroße Christstollen bei uns in der Bäckerei bestellt hat und dann bis Ostern davon gegessen hat.“

Beim Christstollen versteckt sich Christus schon im Namen, demnach soll das Gebäck an das in Windeln gewickelte Jesuskind erinnern. Um diese Symbolik zu verstärken, wird der Teig eingeschlagen und zum Schluss mit weißem Puderzucker bestäubt.

Lichterglanz und Glühweinduft

Zum Advent gehören nicht nur gut gefüllte Keksdosen, auch ein Bummel über den Weihnachtsmarkt darf nicht fehlen. In der dunklen Jahreszeit lassen die liebevoll geschmückten Buden nicht nur Kinderaugen strahlen. Die Weihnachtsmärkte locken mit heißem Punsch und Glühwein und allerlei Köstlichkeiten wie zum Beispiel gebrannten Mandeln, gerösteten Maronen und kandierten Äpfeln.

Vor allem Deutschland ist für seine Weihnachtsmärkte bekannt und begeistert auch viele Touristen aus dem Ausland.

„Der Weihnachtsmarkt ist eine ganz typisch deutsche Tradition, wie die meisten Traditionen rund um Weihnachten in Deutschland entstanden sind“, erklärt Esther Dürrstein. Die Entstehung des Weihnachtsmarktes geht auf das 15. Jahrhundert zurück.

Der erste Weihnachtsmarkt, der 1434 urkundlich erwähnt wird, war der Striezelmarkt in Dresden. In diesem Jahr findet er zum 589. Mal statt und gilt damit als der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands.

Doch die ersten Weihnachtsmärkte hatten wenig mit dem zu tun, was wir heute unter einem Weihnachtsmarkt verstehen. Esther Dürrstein erläutert, dass es damals ganz klar geregelt war, welche Händler auf den Marktplätzen ihre Waren verkaufen durften:

In den Wochen vor Weihnachten durften ausnahmsweise auch solche Berufsgruppen wie Handwerker oder Bäcker an Ständen auf dem Marktplatz anbieten, die ihre Waren sonst nur direkt aus den Werkstätten heraus verkauften.

Und das kam bei der Bevölkerung sehr gut an, denn so konnten sie ihre alltäglichen Besorgungen für die Feiertage allesamt auf dem Markt machen. Weil die Händler auch von weiter her anreisten, bekam man in dieser Zeit außerdem Dinge, die es sonst nicht unbedingt zu kaufen gab, wie zum Beispiel geschnitzte Kreisel für die Kinder oder andere Kleinigkeiten.

Ursprünglich war der Weihnachtsmarkt also ein Verbrauchermarkt, um Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände einzukaufen. Etwa seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Weihnachtsmärkte zu einem festen Element des vorweihnachtlichen Brauchtums.

Der Weihnachtsmarkt als Begegnungsort

Was aber damals wie heute schön ist, sind die Begegnungen auf dem Weihnachtsmarkt. Das findet auch Esther Dürrstein:

Man trifft seine Nachbarn und Bekannten in gemütlicher Atmosphäre. Ich persönlich finde den Weihnachtsmarkt eine sehr schöne Möglichkeit, andere Menschen mit der frohen Botschaft in Berührung zu bringen. Entweder durch einen Auftritt mit dem Posaunenchor, dem Kinder- oder Kirchenchor, der die Menschen zum Mitsingen der Advents- und Weihnachtslieder einlädt. Oder durch eine kleine Andacht, oder im persönlichen Gespräch bei einem Glas Glühwein.

Ich finde, die Weihnachtsmärkte dürfen wir als Christen auch einfach nutzen, um an die wahre Bedeutung von Weihnachten zu erinnern. Denn in der Weihnachtszeit sind die Menschen offen für diese frohe Botschaft.
 

 Sarah-Melissa Loewen

Sarah-Melissa Loewen

  |  Redakteurin

Sie hat Literatur- und Kulturwissenschaften studiert und war schon immer von guten Geschichten in Buch und Film begeistert. Doch sie findet, die besten Geschichten schreibt Gott im Leben von Menschen. Als Redakteurin erzählt sie diese inspirierenden Lebens- und Glaubensgeschichten. Sie lebt mit ihrem Mann in der schönsten Stadt am Rhein.

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