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© Gerth Medien

10.12.2023 / Buchauszug / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Hanna Willhelm

Frieden auf Erden

Auf der Suche nach den Schätzen der Weihnachtsgeschichte.

Frieden – nichts mehr als eine schöne Wunschvorstellung? So mancher sieht sich dem fehlenden Frieden auf der Erde hilflos ausgeliefert und vertröstet sich auf die Ewigkeit. Andere wiederum verrennen sich in ihrem Eifer. Die Autorin Hanna Willhelm zeigt auf, was es heißen kann, Frieden zu stiften. Sie erzählt, warum der Friede unmittelbar mit dem Kind in der Krippe zusammenhängt.

Jeden Adventssonntag veröffentlichen wir einen Auszug aus ihrem Buch Auf der Suche nach der Weihnachtsfreude. Die Autorin sah das Weihnachtsfest an sich vorüberziehen, ohne dass es sie wirklich bewegte. Auf ihrer Suche nach der verloren gegangenen Freude wurde sie neu von den Geschehnissen der Weihnachtsgeschichte berührt. In ihrem Buch erzählt Hanna Willhelm von ihren Einsichten.

Lesen Sie hier das Kapitel „Frieden auf Erden“.

Ein Gedankenexperiement

„Imagine Peace“ – „Stell dir Frieden vor“. Große Leuchtreklametafeln forderten die Bewohner von London, New York und Seoul 2022 vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges zu diesem Gedankenspiel auf. Urheberin des Projektes war die Künstlerin Yoko Ono, Witwe des 1980 ermordeten Ex-Beatles John Lennon. Den beiden Musikern war der Einsatz für den weltweiten Frieden ein großes Anliegen.

Ihr 1971 erschienener Song „Imagine“ gilt bis heute als Friedenshymne. Lennon besingt darin eine Welt, die frei ist von Gegensätzen und Konflikten – unter anderem, weil es keine Länder, keine Grenzen und keine Religionen gibt. Ich teile Lennons Weltsicht an dieser Stelle nicht, finde seinen und Yoko Onos Einsatz für den Frieden aber bewundernswert.

Frieden ist auch ein zentrales Thema der Weihnachtsgeschichte und vielleicht mit ein Grund, warum das Fest auch nicht religiöse Menschen berührt. Die klassische Lutherübersetzung aus Lukas 2,14 ist selbst Gelegenheitskirchgängern gut im Ohr: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Friede – nichts mehr als ein Wunsch?

Friede auf Erden – wie viele Menschen wünschen sich beim Hören dieser Worte ganz ähnlich wie Yoko Ono und John Lennon, dass die Aussage des Engels doch endlich wahr werden möge?

In der Weihnachtsausgabe einer christlichen Zeitschrift stellte eine Autorin die provozierende Frage, ob Christen sich zu wenig für eine friedliche Erde einsetzen, weil sie daran glauben, dass es dauerhaften Frieden nur im Himmel geben wird.

Ich bin keine Pazifistin. Ich glaube nicht daran, dass das Böse in dieser Welt immer nur durch gewaltlosen Widerstand überwunden werden kann. Trotzdem hat mich der besagte Text mit seiner Feststellung ins Nachdenken gebracht. Bin ich bereit, mich in meinem persönlichen Umfeld und gegebenenfalls darüber hinaus mit aller Kraft für Frieden einzusetzen?

Was macht ein Friedensstifter?

„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen“, so sagt es Jesus in einer seiner berühmtesten Reden. Es müssen ja keine heldenhaften Dinge sein: Ich kann für Politiker und andere Menschen in verantwortlichen Positionen beten. Ich muss mich nicht in das Schwarz-Weiß-Denken hineinziehen lassen, das unsere Gesellschaft zunehmend zu spalten scheint.

Wenn bei uns zu Hause der Haussegen schief hängt, will ich Wege suchen, wie wir Konflikte auf friedliche Art und Weise lösen können. All das sind kleine, persönliche Schritte Richtung Frieden, die ich gehen möchte und die mir mal mehr, mal weniger gut gelingen.

In dem „Weniger gut“ liegt meines Erachtens auch das Problem, warum wir uns Frieden zwar vorstellen können, ihn aber im ganz alltäglichen Leben dann doch nicht erreichen. Zu viel trennt uns: zu viele Missverständnisse, zu viel Anspruchsdenken, zu viele verletzte Gefühle und im Gegenzug dazu zu wenig Frieden und Vergebungsbereitschaft, zu wenig selbstlose Liebe im eigenen Herzen.

„Frieden ist eine Person“

Hat die Leserbriefschreiberin vielleicht recht, die als Reaktion auf den erwähnten Artikel sinngemäß Folgendes schreibt: „Zu viele von uns Christen haben entschieden, dass Frieden mit politischer Macht und Einfluss zu tun hat, statt auf das zu vertrauen, was Frieden wirklich ist: ein Baby, das unerkannt in die Menschheit hineinschlüpft. Frieden ist eine Person, aber für uns ist es viel greifbarer zu glauben, dass Frieden bestimmten Richtlinien folgt.“

„Frieden ist eine Person.“ Damit ist Jesus gemeint. Wir brauchen den politischen und persönlichen Einsatz für Frieden. Aber noch viel mehr braucht jeder von uns eine persönliche Begegnung mit Jesus.

Nur er kann diesen ganzheitlichen, alles umfassenden Frieden bringen, nach dem wir uns sehnen. Und er fängt damit in jedem Einzelnen an. Wenn Jesus als Friedefürst in meinem Herzen Raum gewinnt, dann begreife ich, wie sehr Gott mich liebt und dass ich von ihm angenommen bin.

Miteinander statt Gegeneinander

Ich fange an, andere Menschen mit Gottes Augen zu sehen und ihnen Achtung und Respekt entgegenzubringen, weil ich weiß, dass Gott das von mir möchte. Ich lerne zu buchstabieren, was Vergebung bedeutet. Ich schließe Frieden mit meinen Begrenztheiten, weil ich mich in ihnen als von Gott gewollte und geschaffene Persönlichkeit sehen darf.

Umgekehrt nehme ich die Stärken anderer nicht mehr als Bedrohung, sondern als Bereicherung wahr, weil Gott mir meine Mitmenschen als Ergänzung und Korrektur geschenkt hat. Auch das geschieht in kleinen Schritten und es gelingt mir mal mehr und mal weniger gut.

Friede, der nicht von dieser Welt ist

Gibt es also doch keinen Unterschied zwischen einem Frieden ohne Jesus und einem Frieden mit ihm? Doch, ich glaube schon. Das große Bild, das in der Bibel gezeichnet wird, ist das einer Menschheit ohne Krieg und im inneren Frieden mit sich, mit der Schöpfung und mit Gott.

Der Schlüssel für diesen umfassenden Frieden ist Letztgenanntes: der Friede mit Gott. Gott macht dazu den ersten Schritt auf die Menschheit zu und stößt damit eine Friedensbewegung an, die nicht von den Machtzentren zum einzelnen Menschen geht, sondern vom Einzelnen hin zur gesamten Gesellschaft.

Der Anfang dazu wurde an Weihnachten gemacht, deswegen singen die Engel vom Frieden auf Erden. Vollendet wird dieser Frieden, wenn Jesus wiederkommt, um alles Böse zu richten und Gerechtigkeit und Wahrheit wiederherzustellen. Denn auch das braucht es, damit dauerhafter Frieden entstehen kann.

Warum innerer Friede für den äußeren Frieden wichtig ist

Wenn Unrecht nicht gesühnt und vergeben worden ist, ist ein echter Neuanfang nicht möglich. Konflikte werden dann immer wieder aufbrechen. Solange jeder Einzelne von uns nicht klar die Wahrheit von Lüge und Halbwahrheit unterscheiden kann, wird es immer Machthaber oder Organisationen geben, die Völker oder einzelne Menschengruppen manipulieren und Unfrieden stiften. Wir Menschen können aus diesem Grund einen weltweiten Frieden trotz bestem Willen und größter Anstrengung nicht erreichen.

Weihnachten will uns aber trotzdem Mut machen, den Weg des Friedens einzuschlagen und ihn auch dann durchzuhalten, wenn die Welt um uns herum alles andere als friedlich ist. „Imagine Peace“ – das ist sicher nicht nur in der Weihnachtszeit eine lohnenswerte Aufforderung und Handlungsanweisung zugleich.
 

Weihnachtslicht: „Denn uns wurde ein Kind geboren, uns wurde ein Sohn geschenkt. Auf seinen Schultern ruht die Herrschaft. Er heißt: wunderbarer Ratgeber, starker Gott, ewiger Vater, Friedensfürst“ (Jesaja 9,5).
 

 Hanna Willhelm

Hanna Willhelm

  |  Redakteurin

Hanna Willhelm ist Redakteurin, Autorin und begeisterte Theologin. Ihre Faszination für die Weisheit und Bedeutung biblischer Texte möchte sie gerne anderen zugänglich machen.  In der Sendereihe "Das Gespräch" spricht sie am liebsten mit Gästen über theologische und gesellschaftlich relevante Themen. Sie liebt Bücher und lebt mit ihrer Familie in Mittelhessen.

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