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© Moon / unsplash.com

10.01.2020 / Andacht / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Markus Baum

„Ich bin nicht geeignet“

Gegenfrage: „Kannst du nicht – oder willst du nicht?“

Die jüdischen Religionswissenschaftlerin Ruth Lapide erzählte im Bayrischen Rundfunk mal den Witz von Mose, wie er am Berg Horeb mit Gott verhandelt: „'Lass mein Volk ziehen.' Ich will es dem Pharao sagen. Ist es denn endlich soweit?“ Da sagt Gott zu Mose: „Ja, wohin willst du denn mit deinem Volk ziehen?“ Mose will eigentlich „Kanada“ sagen. Aber er ist bekanntlich Stotterer, und so bekommt er nur heraus: „Nach Ka… ka… ka… .“ Gott unterbricht ihn mit den Worten: „Also gut, geh mit ihnen nach Kanaan, ist mir Recht.“ – Ein Witz, wie gesagt. Ein jüdischer Insiderwitz. Eine Anspielung auf die Tatsache, dass in der Gegenwart mehr Juden Nordamerika als das „Land der Verheißung“ betrachten als den modernen Staat Israel.

Echter Zweifel oder praktische Ausrede?

Der sachlich korrekte Kern an diesem Witz ist: Mose war Stotterer. Hatte eine Sprechstörung. Ausgerechnet den sprechgehemmten Mose hat Gott an die Spitze des Volkes Israel gestellt und als Verhandlungsführer zum ägyptischen Königshof geschickt. Der Pharao und seine Minister würden sich ihren Teil denken.

Und auch Mose selbst war sich seiner Sache nicht sicher. Ganz und gar nicht. Und so antwortete er auf die entsprechende Anweisung hin: „Ach Herr, ich habe doch noch nie gut reden können, und auch seit du mit mir sprichst, ist das nicht besser geworden. Ich bin im Reden viel zu schwerfällig und unbeholfen.“ Wobei es fast so klingt, als ob sich Mose das vor allem selber sagt. Sich selber bestätigt in seiner Einschätzung: „Ich bin nicht geeignet.“ Aber dem 2. Buch Mose Kapitel 4 zufolge duldete Gott keine Einwände. „Wer hat dem Menschen die Sprache gegeben?“, fragt Gott. „Ich bin es, der Herr! Also geh jetzt! Ich werde dir helfen und dir sagen, was du reden sollst.“ (2. Mose 4,11-12). Basta.

Wo der Zweifel nicht das eigentliche Problem ist

Wenn wir Gott unterstellen, dass er kein herzloser Tyrann ist, sondern ein Menschenkenner, der auch die Unter- und Zwischentöne hört und deutet, dann könnte man aus dieser Antwort schließen: Moses Selbstzweifel waren nur vorgeschoben. Also hat Gott sie auch nicht gehätschelt und getätschelt. Da, wo sich Furcht als Zweifel maskiert, muss man sich nicht in erster Linie um den Zweifel kümmern, sondern um die Furcht. Und gegen Furcht gibt es ein bewährtes Mittel: Gottes Beistand.

Mose hat sich seinerzeit noch ein wenig gewunden, aber schließlich tat er wie geheißen. Und Gott hat ihm zwar seinen Bruder Aaron als Assistenten zugebilligt. Wie es scheint, hat Mose in der Folgezeit dann aber doch immer selbst gesprochen. Keine Aussetzer, kein Stottern mehr. Von wegen nicht geeignet.

 

Sprung in die Gegenwart: Heutzutage flüstert Gott vermutlich nur den wenigsten Menschen irgendwelche Botschaften für irgendwen zu. Aber was er großzügig vergibt, das ist das Mandat, sich für andere Menschen einzusetzen. Der Auftrag, von Gottes Wohlwollen für diese Welt zu sprechen. Gut zu wissen, dass Gott seinen Leuten – Ihnen? Mir? – dabei auf die Sprünge hilft. Dass er vorgeschobene Selbstzweifel entlarven und uns lehren und unsere Mundwerkzeuge in Bewegung bringen kann. Wie damals bei Mose.

Heutzutage flüstert Gott vermutlich nur den wenigsten Menschen irgendwelche Botschaften für irgendwen zu. Aber was er großzügig vergibt, das ist das Mandat, sich für andere Menschen einzusetzen.

 

 Markus Baum

Markus Baum

  |  Redakteur

Exilschwabe, seit 1982 in Diensten des ERF. Leidenschaftlicher Radiomacher, Liebhaber der deutschen Sprache und Kenner der christlichen Musiklandschaft. Übersetzt Bücher ins Deutsche und schreibt gelegentlich selber welche. Singt gern mit Menschen. Verheiratet, drei erwachsene Kinder.

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