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© Alistair MacRobert / unsplash.com

27.10.2025 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Katrin Faludi

Alltagswunder

Die meisten Wunder sind nicht weltbewegend. Sie passieren dir und mir, doch erkennen wir sie auch? Eine Andacht.

Ich bin nicht gläubig erzogen worden, aber in unseren Kinderzimmern flog ein Buch herum, in dem Bibelgeschichten nacherzählt wurden. Die Geschichten selbst interessierten mich nicht, die dramatischen Illustrationen dagegen fand ich spannend.

Auf einem Bild ragte eine riesige Hand aus den Wolken – Gottes Hand. Weil ich keine Lust hatte, den Text zu lesen, dachte ich mir selbst etwas dazu aus. So blieb bei mir die Vorstellung hängen: Wenn Gott etwas tut, dann sichtbar. Ich hielt nach dieser Hand Ausschau und war enttäuscht, sie nie zu sehen.

Anstatt meine Erwartung zu hinterfragen, stellte ich Gott selbst infrage. Wenn er handelt, so glaubte ich, dann auf große, dramatische Weise. Deshalb übersah ich ihn in den kleinen Dingen.

Vielleicht ist das oft das Problem: Die spektakulären Wundergeschichten werden häufig weitererzählt und verzerren unsere Wahrnehmung von Gott. Dabei gehören große Wunder für die meisten Christen nicht zum Alltag, auch wenn die Bibelstellen dazu gerne wiederholt werden. Aber wie ist es mit den kleinen Wundern – mit den Ereignissen, in denen nichts Spektakuläres passiert, sondern etwas Alltägliches?

Wunder passieren im Alltag

Ich habe dazu eine kleine Geschichte aus der Bibel in 2. Könige 5,1-7 gefunden:

Eines Tages sagten die Prophetenschüler zu Elisa: „Wie du siehst, ist der Ort, an dem wir uns mit dir treffen, nicht groß genug. Lass uns zum Jordan hinuntergehen; jeder soll einen Baumstamm nehmen, aus denen wir uns einen neuen Versammlungsort bauen können.“ „Geht nur“, sagte er. „Bitte, komm mit uns“, bat einer. „Gut, ich komme mit“, sagte Elisa. Und er ging mit ihnen.

Am Jordan angekommen, begannen sie, Bäume zu fällen. Und als einer von ihnen einen Baum fällte, fiel ihm das Eisen von seiner Axt ins Wasser. „Ach, mein Herr“, rief er erschrocken, „die Axt war nur geliehen!“ „Wo ist sie hineingefallen?“, fragte Elisa.

Als der Mann ihm die Stelle zeigte, schnitt er einen Stock ab und warf ihn dorthin. Da tauchte das Eisen auf und schwamm auf dem Wasser. „Nimm es heraus“, sagte Elisa. Und er streckte die Hand aus und ergriff das Axteisen.

Was für ein unscheinbares Ereignis! Jemand verliert ein Werkzeug – und Gott hilft. Keine große Heilung, keine Lebensrettung.

Vielleicht sollten gerade solche Geschichten mehr Beachtung finden. Sie zeigen, dass Gott auch im Kleinen eingreift, mitten im Alltag.

Zufall oder Wunder?

Ich musste überlegen, wo ich selbst solche Wunder erlebt habe. Dann fiel mir das „Butterwunder von Tralee“ ein. Wir waren mit einer Freizeitgruppe in Irland unterwegs und hatten die Kiste mit Butterpäckchen zu Hause vergessen. Doch in der Küche des Freizeitheims stand eine herrenlose Kiste Butter – offenbar ein Überbleibsel der Gruppe vor uns. Der Brotaufstrich für 40 hungrige Teenager war gerettet! Kein großes Wunder, aber ein Zeichen, dass Gott auch kleine Dinge ordnen kann.

Das Schielen nach großen Wundern führt leicht zur Enttäuschung, weil sie selten geschehen. Deshalb lohnt es sich, die Alltagswunder zu suchen. Jeder hat doch schon Geschichten erlebt, in denen etwas „nicht mit rechten Dingen“ zuging – merkwürdige Zufälle, unerklärliche Ereignisse, die uns im Alltag einen Gefallen tun.

Als Christin erkenne ich darin Gottes Handschrift.

Ich glaube, Gott hat Freude daran, uns zu überraschen. Er ist nicht nur ein Gott der Größe und Macht, sondern auch einer, der das Detail liebt.

Vielleicht war es kein Zufallstreffer, dass du genau diese Wohnung bekommen hast. Kein Glück, dass dir jemand bei einer Panne half. Kein bloßer Zufall, dass der Bus Verspätung hatte, als auch du zu spät warst. Hinter manchem Zufall kann ein Alltagswunder stecken. Von welchem kannst du berichten?
 

Autor/-in

Katrin Faludi

  |  Redakteurin

Katrin Faludi hat Medienwissenschaft und Amerikanistik studiert. Hauptberuflich arbeitet sie seit vielen Jahren als Radioredakteurin, nebenberuflich ist sie Buchautorin. Zu ihren Themen gehören Lebenshilfe und seelische Gesundheit, denen sie mit einer Prise Humor sehr gerne die Schwere nimmt. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und mag alles, was mit Sprache(n) zu tun hat.

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Kommentare (2)

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Ingrid S. /

Mein "Alltagswunder" heißt Nancy.Vor einem Jahr verschlechterte sich mein Gesundheitszustand, ich bin 88 Jahre, verwitwet, lebe allein und habe nach einem Unfall Pflegegrad 2.Der Pflegedienst mehr

Unbekannt /

Einer Menge. Ich hatte jedenfalls auch schon einige verrückte Erlebnisse und interessante Begegnungen beim Bahn fahren. Jedenfalls hoffe ich, dass die besagten Personen meine Ratschläge befolgt mehr

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