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© Priscilla du Preez / unsplash.com

19.11.2021 / Theologie / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Ellen Hörder-Knop

Mein Bibelbuch (12)

Ein persönlicher Blick in die Heilige Schrift: Ellen Hörder-Knop über das Buch der Psalmen.

 

„Nun rede mal Klartext. Brings auf den Punkt!“ Deutliche und ehrliche Worte sind gefragt. Echt und authentisch sollen sie sein. Die unverblümte Wahrheit. Worte, die reinen Wein einschenken.

Genau das finde ich, wenn ich in den Psalmen lese. Es ist spannend und macht mich neugierig, wie verschiedene Menschen in 150 Psalmgebeten ihre unterschiedlichsten Erfahrungen mit Gott formulieren. Erfahrungen, die alt, aber durch die Jahrhunderte hindurch bewährt und deshalb aktuell sind. Mich fasziniert, dass die Beter ehrlich und authentisch reden. Nichts von dem verschweigen, was sie mit Gott erlebt haben – in Freude und Angst, Glück und Leid, Verzweiflung und Zuversicht. Sie haben Gott gelobt und gedankt. Sie haben gelacht und geweint, geschrien und geklagt.

Beim Lesen in den Psalmen spüre ich: Hier reden nicht Menschen über Gott, sondern mit Gott. Sie drücken ihre persönliche Beziehung zu Gott in allen Höhen und Tiefen ihres Lebens aus. 

Im Mit-lesen und Mit-beten der Psalmen werde ich hineingenommen in ihre Erfahrungen mit Gott.

Ich entdecke mich selbst in ihnen. Ich stelle fest: Ich muss mit meinem Gebet nicht bei null anfangen. Ich kann meine persönlichen Daten in die Texte einsetzen.

Die Psalmen helfen mir, mein Herz vor Gott zu öffnen. Ich finde Gebete und Worte, die meine Lage so genau treffen, als wären sie speziell für mich geschrieben.

Sie leihen mir Worte, meine Gedanken und Gefühle auszudrücken, wenn mir selbst die Worte fehlen; wenn es mir die Sprache verschlägt.

Manchmal macht es mich stutzig, dass die Beter kein Blatt vor den Mund nehmen und mit Gott Klartext sprechen. Das sind heftige Worte, die Menschen ihrem Gott in Zorn und Wut zumuten. Kann ich denn so mit Gott reden? Da erwarte ich von Gott ein: „So redest du nicht mit mir!“ Aber Gott hält das aus.

Die Psalmen sind für mich eine Einladung Gottes, vor ihm mein Herz auszuschütten. Egal in welcher Stimmung ich mich befinde. Unter seinem guten Blick muss ich mein Herz nicht verschlossen halten.  Da kann ich es bis auf den Grund ausleeren, weil es randvoll ist von dem, was ich mir zu Herzen genommen habe und mir zu Herzen gegangen ist. Ich brauche das Schlechte nicht beschönigen, die Angst nicht verbergen, die Freude nicht dämpfen. Sehnsüchte und Wünsche meines Herzens darf ich beim Namen nennen.

Das lässt mich befreit aufatmen und in den Schlussakkord der Psalmen einstimmen: „Alles, was Atem hat, lobe den Herrn!“ Auch wenn Sorgen die Stimme lähmen und Leid das Lob erstickt. Klartext gesprochen und auf den Punkt gebracht, steht fest: Gott ist größer als alle Not. Er ist und bleibt mein Gott – in allem und trotz allem.

Das ermutigt mich, auch in Zukunft mit den Psalmen zu leben. Sie immer wieder zu meinem Gespräch mit Gott werden zu lassen.

 

Weitere Informationen zum Thema Bibel finden Sie auch auf unserem Dossier:

 

 Ellen Hörder-Knop

Ellen Hörder-Knop

  |  Redakteurin

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