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© Rooted Studio / unsplash.com

27.11.2025 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 12 min

Autor/-in: Sarah-Melissa Loewen

Wenn die Nähe fehlt

Viele Menschen leiden unter Einsamkeit. Wie wird man einsam, was sind die Folgen und gibt es Hoffnung?

  • Alleinsein ist nicht dasselbe wie Einsamkeit. Einsamkeit ist ein unfreiwilliger Mangel an Verbundenheit – auch inmitten anderer Menschen.
  • Einsamkeit kann jeden treffen. Besonders gefährdet: ältere Menschen über 75 und junge Menschen zwischen 18-29 Jahren, Frauen, Alleinerziehende, Erkrankte, Menschen in Lebenskrisen.
  • Die Ursachen von Einsamkeit sind komplex. Persönliche Lebensumstände und gesellschaftliche Veränderungen wie die Digitalisierung und Individualisierung spielen dabei eine Rolle.
  • Folgen von Einsamkeit: psychische Belastungen, erhöhtes Stresslevel, erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz.
  • Der christliche Glaube kann trösten und stärken, ersetzt aber nicht menschliche Nähe und tragfähige Beziehungen.

Der Advent steht vor der Tür und wie jedes Jahr freue ich mich sehr darauf! Ich treffe mich mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt und bereite alles für Weihnachten vor – das Fest der Liebe und der Familie. Endlich wieder Zeit, um miteinander lecker zu essen, sich gegenseitig zu beschenken und bis in die Nacht Gesellschaftsspiele zu spielen. 

Vielleicht geht es dir ähnlich wie mir – oder es graut dir davor. Weil nämlich niemand da ist, mit dem du diese Tage verbringen kannst. Für Menschen, die unter Einsamkeit leiden, ist diese Jahreszeit besonders herausfordernd.

Allein sterben – Wie kommt es so weit?

Einsamkeit ist keine Gefühlsduselei, denn einsame Menschen sind sozial wie emotional auf sich allein gestellt. Was das im schlimmsten Fall bedeuten kann, verdeutlicht eine Pressemeldung, auf die ich bei meiner Recherche gestoßen bin: Eine Frau war in ihrer Wohnung gestorben. Erst, als sich die Mahnungen stapelten, öffnete die Polizei ihre Wohnung – drei Jahre nach ihrem Tod. Ihre Überreste lagen vor dem Fernseher, um sie herum ungeöffnete Weihnachtsgeschenke und Grußkarten. Die Heizung und der Fernseher liefen noch.1

Diese Zeilen haben mich schockiert und ich kriege die Szene nur schwer aus dem Kopf. Ich frage mich: Wie kann es so weit kommen, dass ein Mensch stirbt, und lange Zeit nimmt niemand Notiz davon? Es ist sicherlich ein extremes Beispiel, aber es zeigt in aller Deutlichkeit die letzte Konsequenz von Einsamkeit. 

Die Vorstellung, vergessen und in Einsamkeit zu sterben, ist grauenhaft; wenn da niemand ist, der unsere Hand hält und uns auf unserem letzten Weg begleitet. Viele Menschen erleben Einsamkeit aber schon mitten im Leben.

Mehr Menschen als wir denken, sind von Einsamkeit betroffen und Einsamkeit hat weitreichendere Folgen als uns bewusst ist – für die Betroffenen selbst und für unsere Gesellschaft. Was sind die Ursachen und Folgen von Einsamkeit? Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Denn Einsamkeit hat komplexe Ursachen und ist eine sehr individuelle Erfahrung. 

Dieser Artikel soll einen ersten Zugang ermöglichen. Ich beziehe mich dabei auf das Buch „Die stille Gefährtin. Einsamkeit verstehen und überwinden“ von Stephanie Hecke. Darin geht sie der Frage auf den Grund, warum sich so viele Menschen inmitten unserer Gesellschaft einsam fühlen, und zeigt, wie erfüllende Gemeinschaft gelingen kann.

Alleinsein = Einsamkeit?

Um dem Phänomen der Einsamkeit auf die Spur zu kommen, ist es zunächst hilfreich, einen wichtigen Unterschied zu verstehen: Einsamkeit ist etwas anderes als Alleinsein. Stephanie Hecke schreibt dazu: „Einsamkeit ist sehr viel mehr als die Abwesenheit anderer Menschen. Denn das Alleinsein kann man wollen. Anders ist es mit der Einsamkeit: Einsam wird man.“

Alleinsein kann ein gewollter Zustand oder eine bewusste Entscheidung sein. Wenn wir spüren, dass wir Zeit für uns selbst brauchen, ziehen wir uns zurück. Das gibt uns Raum für Erholung und Reflexion. Diese Zeit ist temporär und wir spüren dabei innere Zufriedenheit. 

Ich persönlich habe gerade in stressigen Zeiten immer wieder das Bedürfnis, ein paar Minuten ganz für mich zu sein – bei einem Spaziergang, in der Badewanne, bei einem Buch oder still am Fenster im Gespräch mit Gott. Das tut mir in all dem Trubel gut und ich merke, wie ich daraus Kraft schöpfe. 

Auch Menschen, die unfreiwillig viel allein sind, können trotzdem glücklich sein, weil sie wissen: Obwohl ich gerade allein bin, sind da tragende Beziehungen in meinem Leben.

Der Einsamkeit auf den Grund gehen

Einsamkeit hingegen ist ein unfreiwilliger Zustand, der entsteht, wenn die Verbindung zu anderen fehlt, obwohl wir sie uns wünschen. Dazu muss ich nicht einmal physisch allein sein. Obwohl ich von vielen Menschen umgeben bin, kann ich mich dennoch sehr einsam fühlen. 

Einsamkeit entsteht nicht durch physische Abwesenheit anderer, sondern durch das Gefühl, nicht gesehen oder verstanden zu werden und sich keiner Beziehung oder Gruppe zugehörig zu fühlen.

Trotz vieler Kontakte gibt es eventuell niemanden, der mich wirklich versteht oder weiß, wie es mir im Inneren geht. Selbst eine Ehe, die Familie oder Freundschaften erfüllen das Bedürfnis nach Verbundenheit nicht automatisch. 

Einsamkeit ist ein sehr individuelles, oft schmerzhaftes Gefühl der Isolation und Leere. Stephanie Hecke findet anschauliche Worte für ihre verschiedenen Facetten. Vielleicht hast du es so oder ähnlich auch schon einmal gefühlt: 

„Manchmal fühlt sich die Einsamkeit an wie ein Wirbelsturm, der alles durcheinanderbringt. Und manchmal lähmt uns dieses schmerzende Gefühl, sodass wir erstarren und der Körper zu gefrieren scheint. Manchmal legt sie einen Schleier der Traurigkeit über uns, der das Herz verdunkelt. (…) An anderen Tagen macht sie uns schal und stumm, weil wir keine Worte finden und die größere und lautere Stimme der Lebensfreude und der Hoffnung in uns verstummt ist.“

Risikofaktoren für Einsamkeit 

Einsamkeit kann jeden treffen. Sie zieht sich durch alle gesellschaftlichen Milieus, durch alle Lebensphasen und Generationen. In jeder Nation und allen Kulturkreisen kennen Menschen Einsamkeit. Allein in Deutschland fühlen sich Millionen Menschen einsam – eine erschreckend große Zahl. 

Niemand ist pauschal vor Einsamkeit geschützt, gleichsam gibt es bestimmte Personengruppen, die stärker gefährdet sind als andere. Die Daten des Einsamkeitsbarometers des Bundesfamilienministeriums zeigen, dass Frauen eine stärkere Einsamkeitsbelastung aufweisen als Männer. Vor allem alte Menschen über 75 Jahren sind stark betroffen. Aber auch junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren gehören zu den besonders gefährdeten Personengruppen. 

Neben dem Alter gibt es Lebensphasen und -umstände, die Einsamkeit begünstigen. Insbesondere Alleinerziehende, kranke und erwerbslose Menschen sowie Menschen in Lebenskrisen erleben häufig Einsamkeit. Auch wer sich viel um andere kümmert, also Care Arbeit leistet oder Angehörige pflegt, ist gefährdet. Außerdem erhöht Armut oder eine Migrations- und Fluchterfahrung das Risiko, zu vereinsamen.2

Einsamkeit verbreitet sich nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Stephanie Hecke beschreibt Einsamkeit wie eine unsichtbare Welle, die immer Menschen erfasst. 

Was macht Menschen einsam?

Warum leiden immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft an Einsamkeit? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig. Neben individuellen Faktoren spielen dabei auch kulturelle und gesellschaftliche Veränderungen eine Rolle. Besonders die Coronapandemie hat Einsamkeit bei vielen Menschen verstärkt. Doch auch zwei weitere Entwicklungen tragen dazu bei, dass wir uns verstärkt einsam fühlen: die Digitalisierung und die Individualisierung.

Digitalisierung: Grenzenlos verbunden?

Die Digitalisierung erleichtert es, mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Zum Beispiel können wir durch das Teilen von Fotos und Videos Freunde und Familie an unserem Leben teilhaben lassen. Wie praktisch, dass ich meiner Freundin beim Shoppen mal eben Fotos schicken und nach ihrer Meinung fragen kann. Wie sehr freue ich mich über einen Schnappschuss von meiner Nichte und meinem Neffen mit ihren selbstgebastelten Laternen.  

Statt für ein Treffen weit zu reisen, reichen ein paar Klicks. Per Videocall bleibe ich auch mit meiner Freundin, die in den USA lebt, verbunden. Viele von uns haben das Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten schätzen gelernt und wollen darauf nicht mehr verzichten. Indem wir weniger ins Büro pendeln müssen, bleibt mehr Zeit für Familie, Freunde und Hobbys. 

Soziale Medien, Blogs und Onlinenetzwerke verbinden Menschen mit ähnlichen Interessen und es entstehen ganz neue Communities. Durch die technischen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind wir quasi mit dem gesamten Globus vernetzt, doch gleichzeitig fühlen sich immer mehr Menschen isoliert.

Vernetzt und doch einsam

Viele Menschen berichten von Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen, Freunde zu finden und Gemeinschaft zu erleben. Die digitalen Verbindungen fühlen sich seltsam leer an. Besonders im Kontext von Social Media fehlt es oft an Resonanz und Intimität. Ein tiefergehendes Interesse aneinander fehlt oft, vielmehr stehen Likes und Followerzahlen im Vordergrund. 

Beziehungen im digitalen Raum erfüllen unser Grundbedürfnis nach Verbundenheit meist nicht oder nur unzureichend. Es ist eben doch etwas anderes, wenn ich mich mit meiner Freundin aus den USA nur am Bildschirm unterhalte, anstatt tatsächlich mit ihr gemeinsam im Café zu sitzen.

Durch Social Media hat sich nicht nur unser Kommunikationsverhalten vollkommen verändert, sondern auch unser Beziehungsverhalten. Stephanie Hecke betont: „Wir müssen uns der Vorteile, aber auch der Gefahren der Vereinzelung und Vereinsamung bewusst sein, um Strategien entwickeln zu können, die Einsamkeit im digitalen Raum verhindern.“

Es ist paradox: Die digitale Grenzenlosigkeit menschlicher Verbindung fördert Einsamkeit.

Etliche Studien belegen, dass ein exzessiver Medienkonsum vor allem bei Jugendlichen in die Einsamkeit führt. Mehr denn je müssen Kinder und Jugendliche einen gesunden und sicheren Umgang mit diesen Medien lernen. Aber auch ältere Menschen müssen Medienkompetenz erlernen. Denn wer kein digitales Endgerät besitzt oder nicht weiß, wie er es bedienen soll, ist in der heutigen Welt in vielerlei Hinsicht ausgeschlossen. 

Die Digitalisierung hat also Effekte in beide Richtungen. Sie kann Verbindung über Distanzen hinweg schaffen und so Einsamkeit entgegenwirken, sie kann sie aber auch auslösen oder sogar verfestigen. Entscheidend ist, wie wir digitale Kommunikationswege nutzen.

Individualisierung: Jeder kämpft für sich

Auch Individualisierung kann Einsamkeit befeuern. In unserem Kulturkreis können wir durch die Individualisierung unser Leben einerseits so gestalten, dass es mit unseren Bedürfnissen und Begabungen in Einklang steht. Es ist ein hohes Gut, dass jede individuelle Lebensform vor dem Gesetz und in der Gesellschaft akzeptiert wird. Dafür lohnt es sich, einzustehen. 

Andererseits fördert die Individualisierung eine Kultur, in der jeder nur für sich verantwortlich ist. Wir müssen stark und unabhängig sein und für uns selbst sorgen können – denn wer tut es sonst? Diese Vereinzelung prägt viele Bereiche unseres Lebens und formt auch unsere Gesellschaft. Statt Werte wie Solidarität, Fürsorge und Mitgefühl in den Mittelpunkt zu rücken, gelten Eigenschaften wie Konkurrenzdenken und die zielstrebige Verfolgung eigener Interessen als Stärken. Die Folgen: Einzelkämpfertum und Konkurrenz – und damit eine einsame Gesellschaft.

Stephanie Hecke beobachtet, dass unsere Gesellschaft einsamer und anonymer wird, weil wir uns von Bindungen lossagen. Dabei scheinen wir zu vergessen: Jeder von uns ist abhängig von anderen Menschen. Gerade in den sensibelsten Lebensphasen – Geburt und Kindheit, bei Krankheit und im Alter – sind wir auf die Fürsorge und die Zuwendung anderer angewiesen.

Jeder lebt für sich 

Die Individualisierung und die damit verbundene Vereinzelung spiegelt sich auch in der Art wider, wie wir wohnen. Schon lange sind Einpersonenhaushalte der häufigste Haushaltstyp. Allein in einer Wohnung zu leben ist zwar nicht per se ein Risikofaktor für wachsende Einsamkeit. Aber unzählige Menschen leben unfreiwillig allein und vereinsamen, ohne dass jemand es bemerkt.

Unzählige Menschen leben unfreiwillig allein und vereinsamen, ohne dass jemand es bemerkt.

Das erleben besonders alte Menschen, vor allem, wenn sie mobil eingeschränkt sind und ihre Wohnung kaum noch verlassen können. Meist sind die Mitarbeiter des Pflegedienstes die einzigen Menschen, die zu ihnen kommen – oft mit wenig Zeit.

Neben körperlichen Einschränkungen kommt im hohen Alter noch das Gefühl hinzu, nach einem langen Leben allein übrig zu bleiben. Statt Geburtstage zu feiern, überwiegen Einladungen zu Trauerfeiern. Mit der Zeit sterben mehr und mehr langjährige Wegbegleiter, Familienmitglieder und Freunde. Selbst eigene Kinder und Enkel sind keine Absicherung gegen Einsamkeit im Alter.

Aber auch jungen Menschen, die allein in eine fremde Stadt ziehen, erleben, dass sie keinen Anschluss finden. Niemand nimmt wahr, wenn sie tage- oder gar wochenlang ohne echte Begegnung in ihrer Wohnung verbringen. 

Wenn Einsamkeit sich im Körper manifestiert

Oft schleicht sich Einsamkeit langsam ein, ohne dass wir sie sofort bemerken. Einsamkeit ist ein unangenehmes Gefühl, aber wir erleben sie als relativ mild, wenn sie eine vorübergehende Phase bleibt – wie zum Beispiel nach einer Trennung, bei einer Krankheit oder nach einem Umzug. Wenn wir diese Lebensphase gemeistert haben, verschwindet das Einsamkeitsgefühl oft automatisch wieder. Aber Stephanie Hecke warnt: „Einsamkeit ist kein Gefühl, dass wir als sentimentale, schwache Phase belächeln sollten.“

Denn wenn Einsamkeit zur dauerhaften Begleiterin des Lebens wird, wird sie gefährlich. Chronische Einsamkeit stellt ein ernsthaftes Risiko für unsere psychische, aber auch physische Gesundheit dar. Wenn uns Einsamkeit schwer auf der Seele liegt, können wir sie sogar körperlich spüren. Unser gesamter Organismus bewertet den Verlust von sozialen Kontakten als lebensbedrohlichen Zustand. Dadurch gerät unser Körper in dauerhafte Alarmbereitschaft, ein erhöhtes Stresslevel ist die Folge. 

Menschen, die lange und intensiv an Einsamkeit leiden, haben deswegen dieselben Schmerzen wie sie im Zusammenhang mit Stress aufkommen: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Verspannungen. Hinzu kommt oft noch schlechter Schlaf, was die körperlichen Beschwerden verstärkt. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz erhöhen sich.

Emotionale Folgen von Einsamkeit

Bei chronischer Einsamkeit trägt auch die Seele schweren Schaden davon. Denn Einsamkeit bringt unsere emotionale Stabilität ins Wanken. Wer über lange Zeit hinweg einsam ist, verfällt leicht in negative Denkmuster, was ihn noch tiefer in die Einsamkeit zieht. So entsteht eine Abwärtsspirale: Wir fühlen uns einsam, das macht uns traurig oder depressiv. Diese Gefühle lähmen uns und halten uns davon ab, etwas gegen die Einsamkeit zu unternehmen.

Daher ist es umso wichtiger, sich Hilfe zu suchen. Wenn du unter chronischer Einsamkeit leidest, ermutige ich dich, dir professionellen Rat zu holen, wie beispielsweise eine Therapie in Anspruch zu nehmen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstfürsorge und Verantwortung. Am Ende dieses Artikels findest du Links zu Hilfsangeboten und Beratungsstellen.

Einsamkeit gehört zu jedem Leben dazu und lässt sich nicht per se verhindern. Es ist aber entscheidend, dass wir darauf achten, dass sie nicht zu einem Dauerzustand wird.

Schützt der Glaube vor Einsamkeit?

Nun mag man vermuten, dass zumindest gläubige Menschen vor Einsamkeit geschützt sind. Schließlich hat man Gott als Ansprechpartner und im besten Fall noch Kontakte zu anderen Christen in einer Gemeinde. Doch es ist leider so: Auch der Glaube an einen liebenden Gott schützt nicht vor Einsamkeit. Viele Menschen haben einen tiefen Glauben und leiden trotzdem unter Einsamkeit. Allerdings kann der Glaube eine große Ermutigung und Kraftquelle gerade in Krisenzeiten und damit auch bei Einsamkeit sein.

Der Glaube schützt nicht vor Einsamkeit. Aber er kann eine große Ermutigung und Kraftquelle sein. 

Denn ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass Gott uns auf unserem Lebensweg begleitet. Davon erzählen viele Texte in der Bibel. Schon ganz am Anfang im 1. Buch Mose formuliert Hagar: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16,13). Die verstoßene und verzweifelte Sklavin macht in der Einsamkeit der Wüste die wunderbare Erfahrung von Gottes Nähe. 

Auch die Psalmdichter beschreiben existenzielle Verlassenheit und Einsamkeit – und bezeugen doch immer wieder Gottes Nähe, seinen Beistand und Trost. Letztendlich berichtet die gesamte Bibel davon, dass Gott jedem Einzelnen von uns nahekommen will und das nicht erst irgendwann in der Ewigkeit, sondern schon im Hier und Heute. Das erleben Christinnen und Christen immer wieder.

Der Glaube soll laut Stephanie Hecke nicht darauf abzielen, die Einsamkeit zu leugnen oder schönzureden, vielmehr eröffnet er im besten Fall eine andere Sichtweise, um damit umzugehen. Doch die bittere Realität ist und bleibt: Auch die innigste Beziehung zu Gott ersetzt nicht das zwischenmenschliche Miteinander. 

Wir brauchen andere Menschen. Wir sind für Beziehungen und Gemeinschaft geschaffen worden.

Nicht umsonst heißt es in der Schöpfungserzählung, dass Gott zwei Menschen schuf und sie beauftragte, sich zu vermehren. Auch Jesus lebte in enger Freundschaft und Gemeinschaft mit anderen Menschen. Gott selbst ist Gemeinschaft: Vater, Sohn und Heiliger Geist bilden in sich eine Einheit und innige Verbundenheit.

Hoffnungsschimmer am Horizont?

Der Weg raus aus der Einsamkeit ist kein leichter. Wenn du selbst von Einsamkeit betroffen bist, kommt es zuerst darauf an, dass du aktiv wirst. Es ist nie zu spät diesen Schritt zu wagen. Aber wir alle stehen in der Verantwortung, etwas gegen die Einsamkeit in unserer Gesellschaft zu tun. Wir alle können aufmerksam werden für einsame Menschen und im Rahmen unserer Möglichkeiten erste Schritte aufeinander zu gehen.

1 https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/leiche-liegt-drei-jahre-vor-dem-fernseher-1323643.html

2 https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/240528/5a00706c4e1d60528b4fed062e9debcc/einsamkeitsbarometer-2024-data.pdf

Autor/-in

Sarah-Melissa Loewen

  |  Redakteurin

Sarah-Melissa Loewen hat Literatur- und Kulturwissenschaften studiert. Als Redakteurin von ERF.de schreibt sie darüber, wie sich der christliche Glaube authentisch in den Alltag integriert und in herausfordernden Situationen wirksam wird. Mit Artikeln zu relevanten Lebensthemen möchte sie praktische Impulse für den Alltag teilen und Menschen ermutigen.

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