
21.12.2022 / ERF Global Hope / Lesezeit: ~ 4 min
Autor/-in: Sonja KilianÜberraschungsgäste beim Weihnachtsessen
Eine Familie in Burundi übt Gastfreundschaft und Versöhnung.
Wie lebe ich meinen Kindern vor, was Nächstenliebe und Versöhnung bedeuten? Und das in einem Land, das jahrzehntelang grausame Massenmorde erlebt hat? Diese Fragen hat sich Rachel Muhorakeye immer wieder gestellt, als ihre Kinder klein waren. Sie lebt mit ihrer Familie in dem ostafrikanischen Staat Burundi. Ihre vier Kinder sind heute zwischen 13 und 22 Jahre alt.
Rachels Heimatland ist mit rund 12 Millionen Einwohnern eins der kleinsten Länder in Afrika und das ärmste der Welt. Die Hälfte aller Kinder sterben dort vor ihrem fünften Geburtstag an Mangelernährung, verseuchtem Wasser oder Krankheiten. Viele Kinder wünschen sich zu Weihnachten vor allem eins: Sich einmal im Jahr richtig satt essen zu dürfen. Geschenke bekommen die wenigsten. Zu Weihnachten ist es üblich, dass die Kinder neue Kleidung erhalten. Aber selbst das wird für viele Familien immer schwieriger.
Die Bibel wird kaum gelesen

Rachel Muhorakeye ist Christin – genau wie ein Großteil aller Einwohner Burundis. Die meisten von ihnen sind Katholiken. Die Menschen kennen Gottes Versöhnungsangebot durch die Geburt von Jesus. Doch Rachel sagt: „In meinem Land gehen viele Leute in die Kirche. Allerdings nicht regelmäßig, sondern vor allem an Ostern und Weihnachten. Viele wissen gar nicht, wie sich der Glaube auf ihr Leben auswirken kann. Es ist für sie nur eine oberflächliche Tradition. In manchen Kirchen wird kaum in der Bibel gelesen.“
In meinem Land gehen viele Leute in die Kirche. Aber viele wissen nicht, wie sich der Glaube auf ihr Leben auswirken kann. Es ist für sie nur oberflächliche Tradition. – Rachel, Mitarbeiterin TWR Burundi
Letzteres ist kein Wunder, da die Analphabetenrate im Land hoch ist. Etwa 40 Prozent der Frauen können nicht lesen und schreiben. Allerdings sehen die Zahlen bei der jüngeren Generation wesentlich besser aus. Es ist in den letzten Jahren ein großer Fortschritt bei der Bildung zu spüren.
Grausam ermordet
Obwohl Burundi christlich geprägt ist, hat das Land in den letzten 50 Jahren blutige Konflikte erlebt. Es gab bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi, die im Völkermord endeten. Über 150.000 Menschen starben dabei. Die Probleme zwischen den beiden sozialen Schichten sind erst mit der Herrschaft der Kolonialmächte Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Der Grund dafür war, dass die Minderheit der Tutsi verantwortungsvolle Positionen bekam, während die Hutu-Mehrheit zu unterlegenen und benachteiligten Bürgern wurde. Nach dem Abzug der Kolonialmächte kam es zum Völkermord und später nochmals zu einem Bürgerkrieg.
Auch Rachels Familie war direkt betroffen. Wenn sie daran zurückdenkt, wie ihre Mutter vergewaltigt und getötet wurde und einer ihrer Brüder ums Leben kam, kann sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Die schrecklichen Ereignisse in ihrem Leben haben Spuren hinterlassen, die nie verschwinden werden. Und doch unterscheidet sich Rachel von vielen Menschen, die immer noch voller Hass und Rachegedanken sind. Rachel nimmt für sich persönlich in Anspruch, dass Jesus auf die Welt kam, um die Menschen mit Gott und untereinander zu versöhnen. Sie sagt:
Viele Menschen in Burundi nennen sich Christen. Aber sie haben nicht zugelassen, dass Christus ihr Leben verändert. Es gibt in ihrem Leben immer noch Schuld wie Korruption, Bitterkeit, Hass oder Unversöhnlichkeit. Sie müssen unbedingt erfahren, was Jesus für sie tun kann. Nur das wird unserem Land Frieden bringen! – Rachel, Mitarbeiterin TWR Burundi
Mördern verzeihen
Aus dieser Motivation heraus leitet Rachel Muhorakeye die burundische Radioarbeit der internationalen Medienmission TWR. Das Mitarbeiter-Team produziert verschiedene christliche Programme für Burundi, darunter eine spezielle Sendereihe zum Thema Versöhnung. Rachels Herz schlägt höher, wenn Zuhörer bewegt werden. So wie dieser Mann, der jetzt Mördern vergeben kann:
„Ich hatte jahrelang einen intensiven Hass gegen die Leute, die meinen Vater umgebracht haben. Weil ich ständig Rachepläne hegte, konnte ich nachts nicht schlafen. Ich hatte keinen Frieden im Herzen. Eines Tages hörte ich Ihr Radioprogramm. Da erzählte eine Frau, wie Jesus sie befreit hat und wie sie Menschen verzeihen konnte, die ihr Böses angetan hatten. Ich habe dann Jesus gebeten, auch mein Herz zu verändern und er hat es getan! Seitdem kann ich besser verzeihen und habe den Frieden Christi in meinem Herzen.“
Ich fühlte jahrelang Hass gegen die Leute, die meinen Vater umgebracht haben. Weil ich ständig Rachepläne hegte, konnte ich nachts nicht schlafen. Eines Tages hörte ich Ihr Radioprogramm. Ich habe Jesus gebeten, auch mein Herz zu verändern und er hat es getan! – Zuhörer TWR Burundi
Die Überraschungsgäste
Rachel ist es ein großes Anliegen, sich für mehr Menschlichkeit in ihrem Land einzusetzen. Damit hat sie in ihrer eigenen Familie angefangen. Vor einigen Jahren wollte sie insbesondere an Weihnachten ein Zeichen setzen. Also hat Rachel ein reichhaltiges Weihnachtsessen vorbereitet und ihren Kindern erzählt, sie würden abends besondere Gäste erwarten. Allerdings wollte sie ihrer Familie nicht verraten, wer die Gäste sein würden.
Als es so weit war, fuhr Rachel durch die Gegend und sammelte Kinder aus armen Verhältnissen mit ihrem Auto ein und setzte sie nacheinander bei sich zu Hause ab. Die Hausangestellte wollte die ärmlich gekleideten Kinder gar nicht hineinlassen und auch Rachels eigene Kinder kamen zunächst nicht auf die Idee, dass die Kinderschar vor ihrem Haus die VIP-Gäste des Abends waren! Als später alle gemeinsam an der festlich gedeckten Tafel saßen, wurde dieser Heiligabend zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Beteiligten und eine Inspiration für Rachels vier Kinder. Sie sagt:
Ich selbst bin auch nur ein Gast an Gottes Tisch. Erst war ich eine Fremde und jetzt darf ich von seinem Reichtum alles in Anspruch nehmen, was er mir anbietet. Dazu gehört Frieden in meinem Herzen. – Rachel, Mitarbeiterin von TWR Burundi
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