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19.08.2022 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Regina König

Palästinenserpräsident Abbas: Auftritt mit Konsequenzen?

Der Freitagstalk des ERF Aktuell-Teams.

 

Welche Konsequenzen zieht der Auftritt des Palästinenserpräsidenten Abbas im Kanzleramt nach sich und wird die Documenta nach erneuten Vorwürfen weiter mit Bundesmitteln gefördert? Das und mehr sind die Themen im Freitagstalk mit David Sander und Regina König.
 

ERF: Schweigen kann ein fataler Fehler sein. Das hat sich am Dienstag auf der Bundespressekonferenz mit Kanzler Scholz und Palästinenserpräsident Abbas gezeigt. Der relativierte den Holocaust. Israel habe „50 Massaker“ in palästinensischen Dörfern und Städten verübt, die er „50 Holocausts“ nannte. Der Bundeskanzler erwiderte nichts und meldete sich erst später mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber Abbas zu Wort. Seit Tagen steht der Kanzler deshalb massiv in der Kritik.

Regina König: Das Internationale Auschwitz-Komitee bezeichnete die Aussagen von Abbas als »gezielte Provokation« und eine »Düpierung des Kanzlers«. Scholz sei offenbar nicht richtig vorbereitet gewesen.

Das Schweigen des Kanzlers: „Skandalös“

In einem Tweed hat der Bundeskanzler zwar einen Tag später die Aussagen Abbas als »unsäglich“ bezeichnet und seine tiefe Empörung ausgedrückt, aber entschuldigt hat er sich bis heute nicht für sein Schweigen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Äußerungen Abbas „mit Entsetzen“ zur Kenntnis genommen. Zentralrats-Präsident Josef Schuster schreibt in einer Pressemitteilung: „Dass eine Relativierung des Holocaust, gerade in Deutschland, bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt, unwidersprochen bleibt, halte ich für skandalös.“
 

ERF: Vertreter der Bundesregierung wiegeln allerdings ab.

Regina König: Ja, so spricht der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, schlichtweg von einem „Kommunikationsproblem“ und Regierungssprecher Steffen Hebestreit nimmt alle Schuld auf sich, er habe die Pressekonferenz zu früh beendet.

Volker Beck: Zahlungen an Autonomiebehörde auf den Prüfstand

ERF: Besonders bedrückend ist der Zusammenhang, in dem die Äußerungen des Palästinenserführers fielen.

Regina König: Ein Journalist fragte Abbas, ob er sich für das Attentat auf der Olympiade in München 1972 entschuldigen wolle. Elf israelische Sportler starben damals durch eine palästinensische Terrorgruppe. Anstatt zu antworten, startete Abbas mit einer Hasstirade gegen Israel.
 

ERF: Zu allem Überfluss steht Abbas im Verdacht, selbst den Terrorakt in München mitfinanziert zu haben. Scharfe Kritik äußert auch der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Grünen-Politiker Volker Beck.

Regina König: Und Volker Beck fordert Konsequenzen: Wer so spreche wie Abbas, wiegele zur Gewalt auf, sagte Beck gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Deutschland müsse weitere Zahlungen an die Autonomiebehörde an Bedingungen knüpfen.

So dürften keine "Märtyrerrenten" mehr an Attentäter und ihre Hinterbliebenen gezahlt werden. Unterdessen unterstrich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dass Deutschland fest an der Seite Israels stehe.

Dorothee Bär: Bundesförderung für documenta stoppen

ERF: Leider gibt es auch schon wieder einen judenfeindlichen Vorfall auf der Kunstmesse documenta in Kassel. Ein weiteres als antisemitisch kritisiertes Bild soll teilweise abgeklebt worden sein. Es stamme von der bereits kritisierten Künstlergruppe Taring Padi.

Regina König: Deshalb fordert jetzt die Vizevorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, CSU, die Bundesförderung für die documenta sofort zu beenden. Das sagte sie dem ´Redaktionsnetzwerk Deutschland´.

Wörtlich: «Für systematischen Israelhass und Antisemitismus darf es keinen einzigen Euro Bundesförderung mehr geben.“ Die documenta sei zur Belastung für die Bundesrepublik geworden. Die Künstlergruppe Taring Padi teilte allerdings mit, es sei an der umstrittenen Stelle des Bildes kein Jude dargestellt worden, die Überklebung einer mutmaßlichen Kippa sei geschehen, um Missverständnissen vorzubeugen.
 

ERF: Eine gute Portion Verwirrung bleibt trotzdem zurück, aber es gibt auch Positives aus der jüdischen Welt in Deutschland zu berichten.

Regina König: So feiert die Jüdische Landesgemeinde Thüringen am 31. August das 70. Jubiläum der Neuen Synagoge in Erfurt. Der Vorgängerbau wurde 1938 von den Nationalsozialisten zerstört, ein Denkmal soll an gleicher Stelle zur Erinnerung daran enthüllt werden, meldet der Evangelische Pressedienst. Die Neue Synagoge in Erfurt ist die einzige in Thüringen und sie wurde in der DDR-Zeit errichtet. Etwa 850 Mitglieder gehören zur Jüdischen Gemeinde.

Lutherstadt Wittenberg: Schlosskirche nicht mehr beleuchtet

ERF: Ein weiteres Thema, das uns heute und in den kommenden Wochen weiter beschäftigen wird: die Energiekrise. Wir haben schon im Laufe der Woche berichtet, was Sozialverbände fordern, um soziale Härten abzufedern – aber auch Städte und Kommunen müssen sparen. Wittenberg geht dabei voran.

Regina König: Ja, die Lutherstadt hat entschieden, ihre touristischen Highlights wie das Wittenberger Schloss, die weltberühmte Schlosskirche und das Lutherhaus ab Montag nur noch zu besonderen Anlässen anzustrahlen. An Straßen und öffentlichen Plätzen ist die Beleuchtung schon jetzt nur noch gedimmt.
 

ERF: Energie sparen – das hätte Luthers Ehefrau sicher auch gepasst, schließlich hat Katharina von Bora den Ruf, sehr sparsam gewesen zu sein. Eine besondere Kanzel hat sich am kommenden Sonntag der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ausgesucht: Friedrich Kramer will im Autoscooter predigen.

Regina König: Und dabei hoffentlich richtig in Fahrt kommen und ordentlich anecken. Ein Bischof im Autoscooter, zu erleben ist das im thüringischen Rudolstadt. Dort findet ein Schaustellergottesdienst statt zum 300. Jubiläum des Volksfestes «Vogelschießen“.
 

ERF: Also auf nach Rudolstadt zum Schaustellergottesdienst am Sonntag um 11h. Das war der Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion, ein friedliches und erholsames Wochenende wünschen Regina König und David Sander.

 Regina König

Regina König

  |  Redakteurin

Sie ist für ERF Plus in Mitteldeutschland unterwegs mit dem Schwerpunkt Aktuelles/Gesellschaft. Sie ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.

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