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© Himsan / Pixabay.com

02.04.2020 / ERF GlobalHope / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Gottesdienst abgesagt?

Was für deutsche Christen Ausnahmezustand ist, ist für viele Christen weltweit Normalität.

Am Sonntag ist es soweit. Den vierten Sonntag in Folge werde ich keinen realen Gottesdienst besuchen dürfen. Seit dem 16. März sind alle Veranstaltungen in Deutschland abgesagt – und damit auch alle Gottesdienste. Mittlerweile gilt seit dem 22. März zudem ein umfassendes Kontaktverbot. Damit ist auch der letzte Rest gemeindlichen Lebens in Deutschland zum Erliegen gekommen. Selbst Hauskreise oder kleinere Gebetskreise müssen nun komplett auf digitale Wege der Kommunikation zurückgreifen.

Gut, dass viele christliche Gemeinden in Deutschland technisch gut ausgerüstet sind und dies in den meisten Fällen gelingt. Komplett zurückgeworfen auf solche Übertragungswege zu sein, ist etwas, was uns in Deutschland befremdlich erscheint. Schließlich waren bei uns die Kirchen noch nie so flächendeckend geschlossen. Doch eines war damals wie heute gleich: Die Menschen suchten kreative Wege, Gottesdienst zu feiern. Zu Pestzeiten fanden diese oft in freier Natur und mit gebührendem Abstand zu anderen Gemeindemitgliedern statt; heute nutzen wir Livestreams auf Youtube und Videochats per Zoom oder Skype, um als Gläubige in Kontakt zu bleiben.

Das Radio – Hoffnung für Alte, Vereinsamte und Kranke

ERF Medien unterstützt die christliche Radio- und Medienarbeit von TWR in vielen Ländern, in denen Christen keine Gemeinde besuchen können. Dabei hilft uns Ihre SpendeErfahren Sie hier mehr.

Doch was bei uns absoluter Ausnahmezustand und eine hoffentlich zeitlich sehr begrenzte Einschränkung ist, ist in anderen Ländern an der Tagesordnung. Deshalb ist es das Ziel unseres Medienpartners TWR die christliche Botschaft per Radio in die Regionen der Welt zu bringen, in denen Menschen nicht einfach so in eine Gemeinde gehen können.
 

Da ist zum Beispiel Lydia* aus der Ukraine. In ihrem Dorf gibt es nur eine andere Christin. Gerne würde Lydia eine Kirche in der Nähe besuchen, aber das geht nicht: „Ich habe schmerzende Beine und kann daher nicht den Gottesdienst in der nächstgelegenen Stadt besuchen. Aber ich spreche mit anderen Christen über Telefon. Ich versuche, keine eurer Sendungen zu verpassen, nicht mal einen Tag lang.“

Ähnlich geht es auch Maria, auch sie lebt in der Ukraine. Sie berichtet: „Ich höre jede eurer Sendungen. Es ist 5 Jahre her, dass ich einen Gottesdienst besucht habe – und das alles nur wegen meiner schlechten Gesundheit. Deshalb sind eure Programme für mich ein großes Glück und eine immense Ermutigung.“

Es ist 5 Jahre her, dass ich einen Gottesdienst besucht habe – und das alles nur wegen meiner schlechten Gesundheit. – Maria, Hörerin von TWR in der Ukraine

Wenn es keine Gemeinde gibt…

Andere Christen auf diesem Globus leben in sehr abgelegenen Gegenden. Dazu zählen die Angehörigen des Quechua-Volkes in Bolivien. Sie leben weit oben in den Anden in sehr kleinen, schwer zugänglichen Dorfgemeinschaften. Gemeinden oder Kirchen gibt es dort meist keine, denn für Pastoren oder Missionare ist der Weg hoch auf 3.000 oder 4.000 Höhenmeter oft zu weit und zu beschwerlich. Aber auch hier leben Christen und sind durstig nach Gottes Wort. Eine unter ihnen ist Florencia. Sie schreibt an RTM Bolivia, unseren Partner in Bolivien:

„In meinem Tal gibt es keine Gemeinde, aber ich danke Gott für mein Radio. Meine Arbeit auf dem Feld beginnt kurz nach Sonnenaufgang. Jeden Morgen hülle ich mich in eine Decke, setze mich neben mein Radio und höre mir die Andachten von Pastor Diego an. Danach gehe ich an meine tägliche Arbeit. In meinem Ort gibt es keine Gemeinde, aber manchmal besuchen uns Glaubensbrüder für einige Tage und wir können Gott zusammen loben.

Ich bin Gott so dankbar, dass ich täglich durch das Radio Gemeinschaft mit anderen Christen habe. Ich lerne viel über Gott durch euer Programm Durch die Bibel. Gott sei Dank für Pastor Diego und das Team, das diese christlichen Sendungen in der Quechua-Sprache produziert. Macht bitte unbedingt weiter! Und betet für die vielen bolivianischen Zuhörer, die durch euch wertvolle geistliche Nahrung erhalten.“

In meinem Ort gibt es keine Gemeinde, aber manchmal besuchen uns Glaubensbrüder für einige Tage und wir können Gott zusammen loben. Ich bin Gott so dankbar, dass ich täglich durch das Radio Gemeinschaft mit anderen Christen habe. – Florencia, Hörerin von RTM Bolivia

Auch in Kriegs- und Krisengebieten ist Gemeinschaft unter Christen häufig nicht möglich, gerade dann, wenn die Christen einer kleinen Minderheit angehören. So geht es Jamil* aus dem Jemen. Die Sendungen von TWR ermutigen ihn, am Glauben dranzubleiben: „Durch Krieg, Zerstörung und Hungersnot hindurch helft ihr uns, stark zu bleiben. Wir haben keine Möglichkeit, uns als Christen zusammenzuschließen.

Wir versuchen unsere Kinder im Einklang mit Gottes Wort zu erziehen, aber in der Schule lernen sie etwas völlig anderes. Als kleine christliche Minderheit in einem muslimisch geprägten Land ist es ein regelrechter Kampf für uns, stark in all diesem Schmerz und Chaos zu bleiben. Aber wir hören zusammen eure Sendungen und wir preisen gemeinsam Gott, damit er uns stark für den nächsten Tag macht. Bitte betet für uns!“

Verfolgung macht Gottesdienstbesuch für viele Christen unmöglich

Doch nicht nur abgelegene Wohnorte oder Krieg hindern Christen daran, sich frei zum Gottesdienst zu treffen. In vielen Ländern der Welt werden Christen immer noch wegen ihres Glaubens verfolgt. In Regionen stehen christliche Gemeinden unter staatlicher Beobachtung, werden reglementiert und können kaum frei agieren. Des Weiteren gibt es viele Christen, die in großer Angst vor ihren nichtgläubigen Verwandten leben.

So geht es auch Abiya* aus Zentralasien. Sie schreibt uns: „Ich kann daheim nicht in der Bibel lesen. Denn wenn mein Mann herausfände, dass ich Christin bin, könnte es sein, dass er gewalttätig wird oder mich sogar tötet. Aber ich habe eine SD-Speicherkarte mit euren Bibelprogrammen. Diese höre ich mir heimlich an und ich mag sie sehr.“ So wie ihr geht es vielen Frauen in muslimischen Ländern – in Nordafrika, der Türkei, auf der arabischen Halbinsel und eben auch in Zentralasien.

Ich kann daheim nicht in der Bibel lesen. Denn wenn mein Mann herausfände, dass ich Christin bin, könnte es sein, dass er gewalttätig wird oder mich sogar tötet. Aber ich habe eine SD-Speicherkarte mit euren Bibelprogrammen. Diese höre ich mir heimlich an und ich mag sie sehr. – Abiya, Hörerin aus Zentralasien

Auch Rafik* aus Pakistan hat es nicht leicht. In seinem Ort leben nur Muslime. Rafik möchte mehr über Jesus wissen, regelmäßig verfolgt er die Bibelsendungen von TWR. Aber Rafik hat auch Angst, in seinem Bekanntenkreis über seinen Glauben zu sprechen. Trotzdem möchte er eine kleine Gruppe gründen, um mit anderen Menschen aus seinem Ort christliche Sendungen anzuhören. Also bat er das Team von TWR um ein Radio und Gebetsunterstützung.

Als Christen sitzen wir alle im selben Boot

Wenn ich solche Berichte lese, macht mich das demütig. Es stärkt meine Geduld, das aktuelle Kontaktverbot auszuhalten und auf meinen Hauskreis und meine Gemeinde für eine Zeitlang zu verzichten. Auch verstehe ich jetzt selbst etwas mehr, was es bedeuten muss, als Christ in einem anderen Land der Welt zu leben und auf das Radio für geistliche Impulse angewiesen zu sein. Plötzlich frage ich mich nicht mehr, ob ich sonntags in den Gottesdienst gehe oder lieber ausschlafe, sondern wann ich endlich wieder einen realen Gottesdienst besuchen kann.

Plötzlich frage ich mich nicht mehr, ob ich sonntags in den Gottesdienst gehe oder lieber ausschlafe, sondern wann ich endlich wieder einen realen Gottesdienst besuchen kann.

Und selbst in dieser Lage weiß ich mich noch überreich privilegiert. Denn wenn mir ein Livestream-Gottesdienst nicht gefällt, gibt es noch etliche andere, die ich mir stattdessen anschauen kann. Selbst jetzt im Mangel erlebe ich in unserem Land noch einen Überfluss an geistlichen Impulsen. Wie anders sieht es da in anderen Ländern aus! In China etwa mussten solche Online-Gottesdienste wieder eingestellt werden. Die Regierung verbot nämlich den Livestream von Predigten und Andachten.

Not lehrt beten

Mut macht mir auch, dass viele unserer Radiopartner weltweit mit den gleichen Herausforderungen leben müssen wie wir hier in Deutschland. Die Leiterin der TWR Medienarbeit für die Berber-Kabyle schreibt uns: „Aktuell ist uns nicht erlaubt, einander nahe zu sein. Das ist für jeden eine Herausforderung, aber gerade in diesem Kontext ist es unglaublich, wie viele Menschen wir über Radio und andere Medien erreichen. Wir können ihnen sagen: Es gibt Hoffnung! Ist es nicht großartig, dass wir anderen Menschen von der Liebe, Hoffnung und Gnade erzählen können, die Jesus uns schenken will?

Ja, es gibt Zeiten, da sind auch wir überwältigt von dieser neuen Realität und den vielen Restriktionen, die damit verbunden sind. Aber obwohl wir Abstand halten müssen, können wir anderen immer noch dienen – und zwar über das Radio. Das Radio, das in ihrem Wohnzimmer, in ihrer Küche oder ihrem Schlafzimmer steht. Wir können Menschen ermutigen, durchzuhalten! Und vor allem können ihnen versichern, dass wir es mit Jesus durch diesen Sturm hindurch schaffen können!“

Obwohl wir Abstand halten müssen, können wir anderen immer noch dienen – und zwar über das Radio. Wir können Menschen ermutigen, durchzuhalten! – Leiterin der TWR Arbeit unter den Berber-Kabyle

Was bewirkt all das bei mir? Vor allem Dankbarkeit und ein Verbundenheitsgefühl mit Christen rund um den Erdball. Nach Corona werde ich meine Gemeinde noch mehr zu schätzen wissen und eben auch das, was christliche Medienprojekte weltweit bewirken. Die Notlage, in der ich mich selbst gerade befinde, ermutigt mich, noch mehr für andere Christen zu beten. Für solche, für die diese Situation kein Ausnahmezustand, sondern leidvolle Realität ist. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich.

 

Gebetsanliegen:

  • Bitte beten Sie für alle Christen, die aufgrund der aktuellen Corona-Krise aktuell nur digital in Kontakt miteinander bleiben können. Wir bitten Gott, dass er jedem Gläubigen nahe ist und dass es Kirchen, Gemeinden und Kleingruppen gelingt, sich gegenseitig trotz physischer Distanz zu ermutigen.
  • Beten Sie für christliche Radio- und Medienprojekte, die regelmäßig Christen mit geistlicher Nahrung versorgen, die keine Gemeinde besuchen können.
  • Bitte beten Sie verstärkt für Christen, die bereits jetzt isoliert sind oder verfolgt werden. Besonders sie brauchen in dieser Krisensituation Kraft von Gott, wenn zu bestehenden Restriktionen weitere Maßnahmen aufgrund der Pandemie hinzukommen.

 

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Sie schätzt an ihrem Job, mit verschiedenen Menschen und Themen in Kontakt zu kommen. Sie ist verheiratet und mag Krimis und englische Serien.

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