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© Lucas Cranach the Elder, via Wikimedia Commons [Public domain]

20.04.2011 / Gedenktag / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Heiko Brattig

„Gott helfe mir, Amen!“

Vor 500 Jahren musste sich Luther vor Kaiser Karl V. in Worms verteidigen. Was einschüchtern sollte, wurde zum Meilenstein der Reformation.

Worms im Frühjahr 1521. Die Stadt ist in Aufregung. Wieder einmal findet in der Stadt am Rhein ein Reichstag statt. Der Kaiser kommt; mit ihm sein Gefolge und dazu die Reichsfürsten. Da ist immer etwas los. Das spült Geld in die Kassen. Nicht zuletzt ist Worms in dieser Zeit Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation

Schon oft war Worms Schauplatz des Reichstages. Insofern hat sich eine gewisse Routine eingestellt. Doch in diesem Frühjahr 1521 ist alles anders. Seit der Mönch Martin Luther dreieinhalb Jahre zuvor im sächsischen Wittenberg schier revolutionäre Thesen in Umlauf gebracht hat, rumort es im Reich. Schließlich geht es in diesen Thesen um nicht weniger als die Macht der allgegenwärtigen katholischen Kirche.
 

Der Kaiser ist gezwungen, Luther anzuhören

Auch in Worms hatten sich Luthers Thesen wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Gedanken des Wittenberger Querdenkers haben viele Anhänger gefunden. Und nun heißt es, Luther soll nach Worms kommen und vor Kaiser Karl V. erscheinen. Widerrufen soll er, sich distanzieren von dem, was er bisher geschrieben hat. Der Papst hatte Anfang 1521 bereits den Bannfluch über Luther verhängt.

Doch Luther hat inzwischen mächtige Verbündete. Einige deutsche Fürsten haben sich demonstrativ hinter ihn gestellt. Der Kaiser, der auf diese Fürsten angewiesen ist, ist regelrecht gezwungen, Luther anzuhören. Und so zitiert er ihn nach Worms.

Am 2. April 1521 begibt sich Martin Luther auf die Reise. Unerwartet für die Kirche wird sie nicht zum Bußgang, sondern zu einem regelrechten Triumphzug! Überall wird der Mönch mit Begeisterung empfangen. Luther predigt in Erfurt, Gotha und Eisenach. Am 16. April erreicht er Worms. Das Volk bejubelt ihn, sehr zum Missfallen der kaiserlichen Getreuen.
 

Keine Diskussion, keine Verteidigung

Schon kurz nach seiner Ankunft soll Luther vor dem Kaiser erscheinen. Alles ist so arrangiert, dass Luther möglichst eingeschüchtert wird. Seine Bücher sind sorgfältig auf einem Tisch platziert. Da wird er gefragt, ob es sich um seine Schriften handele und ob er etwas daraus widerrufen wolle. Kein Gespräch, keine Diskussion, keine Möglichkeit der Verteidigung.

Luther erbittet Bedenkzeit. Am nächsten Tag soll er erneut vor Karl V. treten. Und wieder das gleiche Prozedere. Da hebt Luther an:
Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!"
Es sind die vielleicht berühmtesten Worte Luthers. Der Satz „Hier stehe ich und kann nicht anders“, soll allerdings nicht von ihm stammen.
 

21 Tage freies Geleit

Nachdem Luther den Verhandlungssaal verlassen hat, ruft er erleichtert: „Ich bin hindurch!“ Und wirklich: Er ist hindurch, zumindest vorläufig. Luther ist entlassen und bekommt für die nächsten 21 Tage freies Geleit. Am 25. April 1521 macht sich der Reformator auf den Rückweg nach Wittenberg. Neun Tage später wird er – wohl mit seinem Wissen - auf die Wartburg entführt. Hier wird er in den kommenden Monaten, getarnt als Junker Jörg, das Neue Testament ins Deutsche übersetzen. Doch das ist eine andere Geschichte.

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Kommentare (1)

Renate Gottschling Christensen /

Sehr geehrter Herr Brattig! Es ist Ihnen gelungen, ein so komplexes und umfangreiches Geschehen in knapper, übersichtlicher Form wiederzugeben. Ich selber stehe in einem Prozess, der etwas mit meinem mehr

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