Mitte Oktober bot der als konservativ geltende sächsische Landesbischof Dr. Carsten Rentzing seinen Rücktritt an, den er nunmehr auch vollziehen wird. Anlass dazu waren Texte Rentzings, die er vor 30 Jahren als Student verfasst hatte, und die die sächsische Kirchenleitung als „in Teilen nationalistisch und antidemokratisch“ einstuft. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Landesbischof unterstrich der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, dass konservative Christen und ihre Traditionen selbstverständlich auch weiterhin in der Kirche „ein Zuhause“ hätten. Wie dies die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer sieht, darüber hat mit Regina König im Rahmen der Synode in Dresden mit der FDP-Politikerin und ehemaligen Bundesbauministerin gesprochen.
ERF: Frau Präses, in den vergangenen Wochen hat die Evangelische Kirche bundesweit für Negativschlagzeilen gesorgt wegen des Rücktritts des sächsischen Landes-bischofs Dr. Carsten Rentzing. Viele Kirchenmitglieder hatten den Eindruck, dass der Landesbischof zu wenig Rückhalt von Kirchenleitenden erfahren hat und hätten sich einen barmherzigeren Umgang mit ihm gewünscht. Wieviel darf sich ein Bischof zu Schulden kommen und vergeben lassen, ohne dass das Amt beschädigt wird?
Irmgard Schwaetzer: Zunächst einmal ist ja das Angebot des Rücktritts von Carsten Rentzing selbst ausgegangen, das heißt, dass keinerlei Einflussnahme auf ihn ausgegangen ist, schon gar nicht aus einer der anderen Landeskirchen oder von Seiten der EKD. Es war seine eigene Einschätzung über die Rolle, die er selbst noch spielen kann mit dem was über seine eigene Vergangenheit an die Öffentlichkeit gekommen ist. Darüber hinaus, die Wahl eines Bischofs, genauso die Amtsführung ist selbstverständlich die Sache der Landeskirche und keine Angelegenheit, in die sich andere Landeskirchen oder die EKD einmischen. Gerade für die EKD gilt, dass sie sich sehr zurück hält, was diese besonderen Angelegenheiten der Landeskirchen betrifft, es ist auch nicht ihre Aufgabe.
ERF: Es gibt Stimmen, die sagen, mit Carsten Rentzing sei der letzte profiliert konservative Bischof innerhalb der EKD gegangen. Büßt die Kirche mit seinem Rücktritt Vielfalt ein?
Irmgard Schwaetzer: Die Kirche büßt natürlich keine Vielfalt ein, weil die Menschen, die sich eher in einem konservativeren Frömmigkeitsstil zu Hause fühlen, in der Kirche sind, und ich hoffe sehr, dass sie in der Kirche bleiben, weil sie zu uns gehören. Evangelische Kirche ist sehr vielfältig, was ihre Frömmigkeitsstile anbetrifft, aber natürlich auch, was den Umgang zum Beispiel mit den Heiligen Schriften angeht, und diese Vielfalt gehört nicht nur zu uns, sondern wir müssen sie bewahren.
ERF: Nach dem Rücktritt des sächsischen Landesbischofs hat ja der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm betont, dass konservative Christen und ihre Tradition selbstverständlich auch weiterhin ein zu Hause hätten unter dem Dach der Kirche. Allein, dass er das betonen muss, zeigt ja eigentlich schon einen gewissen Notstand auf.
Irmgard Schwaetzer: Nein, das sehe ich überhaupt nicht so, ich denke, dass gerade auf dem Hintergrund der zu dem Zeitpunkt ja in Sachsen schon aufgebrochenen Diskussion eine solche Klarstellung notwendig gewesen ist, weil sie von anderer Seite in Frage gestellt wurde. Wir selbst innerhalb der EKD haben zu keinem Zeitpunkt irgend einen Zweifel daran gelassen, dass die gesamte Vielfalt von Frömmigkeitsstilen alle ihr Zuhause in der Kirche haben.
ERF: Tatsächlich ist es jetzt gerade in Sachsen so, dass doch viele, die sich dem konservativen Spektrum zuordnen, überlegen, ob sie ihre Kirche verlassen sollten. Was könnte denn die EKD tun, damit sich auch konservative weiterhin tatsächlich zu Hause fühlen?
Irmgard Schwaetzer: Also, ich glaube, es ist erstmal sehr notwendig, auch mit Menschen, die so etwas in Erwägung ziehen, sehr offen darüber zu reden, wo sie denn ihre Anschuldigungen eigentlich herbekommen. Denn da wird ja mit der Unterstellung gearbeitet, Herr Rentzing sei aus dem Amt gedrängt worden, und es wird nicht zur Kenntnis genommen, dass der Bischof in allen seinen Stellungnahmen darauf hingewiesen hat, dass es seine Entscheidung war, und dass er im Blick auf sein bisheriges Leben die Entscheidung getroffen hat, dass er sein Bischofsamt nicht mehr ausüben kann.
ERF: Vielen Dank für das Gespräch.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Die Aussage, Herr Rentzing sei nicht aus dem Amt gedrängt worden, sondern es handele sich um seine freie Entscheidung, ist sicherlich formal richtig. Genauso richtig wie die Aussage, Herr Lucke habe … mehrja seinen Vortrag an der Universität aus freien Stücken abgebrochen. Ebenso frei in ihren Entscheidungen waren die Gastwirte und Hotelbetreiber, die Veranstaltungen einer bestimmten Partei oder bestimmter Personen in letzter Minute absagen. Oder der Zeuge eines Verbrechens, der plötzlich seine Aussage widerruft. Alles freie Entscheidungen.
Liebe Frau Schwätzer,
Ihr erster Satz beinhaltet einen grammatikalischen („das“) und einen logischen Fehler (Fehlende Kausalität: das Angebot ging vom Bischof aus, das schließt Einflussnahme per se … mehrnicht aus). Wenn Sie denken, dass auch konservative Frömmigkeitsstile Platz in der EKD haben, waren Sie möglicherweise Sonntagvormittags häufiger auf F.DP.-Veranstaltungen als in Gottesdiensten. Bestimmt nicht nur bei uns in Düsseldorf weht da ein ganz linker Wind. Zehn Jahre lang habe ich ganz eisern und diszipliniert (o je, wie konservativ!) mit meiner Tochter Sonntagvormittagsgottesdienste besucht, seit aber von der Kanzel zum freitäglichen Schuleschwänzen aufgerufen wird, müsste ich ihr den Gottesdienst verbieten.