Navigation überspringen
© Jeshoots com / unsplash.com

24.06.2022 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Katja Völkl

Erster Lausitzer Kirchentag im sächsischen Görlitz

Der Freitagstalk des ERF Aktuell-Teams.

 

Bethel-Chef Pohl ist gegen Suizid-Begleitung in Diakonie-Einrichtungen, Mangelernährung bei Kindern in Deutschland nimmt zu und im sächsischen Görlitz findet der erste Lausitzer Kirchentag statt. Das und mehr sind unsere Themen im Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion. Katja Völkl hat sie zusammengestellt, mein Name ist Oliver Jeske.

 

ERF: Katja, es gibt ein Urteil in Sachen „einrichtungsbezogene Impfpflicht“. Worum geht‘s da?

Katja Völkl: Laut einem Gerichtsurteil darf die Corona-Impfpflicht für Mitarbeitende in Pflegeheimen und entsprechenden Einrichtungen nicht mit einem Zwangsgeld durchgesetzt werden. Das hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am Mittwoch beschlossen. Hintergrund war: Der Landkreis Diepholz hatte der Beschäftigten eines Seniorenhauses mit einem Zwangsgeld gedroht. Die bislang nicht geimpfte Mitarbeiterin sollte einen Nachweis über eine Impfung gegen Covid-19 einreichen innerhalb von 14 Tagen.


ERF: Die Frau ging dagegen mit einem Eilantrag vor und bekam vom Verwaltungsgericht Recht.

Genau. Die Lüneburger Richter begründeten das folgendermaßen: Das Infektionsschutzgesetz bietet keine Grundlage, die Impfpflicht mit einem Zwangsgeld durchzusetzen. Die auch als „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ bezeichnete Nachweispflicht begründet gerade keine Verpflichtung der betroffenen Personen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, so die Richter. Die Regelung stellt die Betroffenen vielmehr vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Impfung einzuwilligen.

Die Gesundheitsämter können auf dieser Gesetzes-Grundlage ein sofortiges Betretens- oder Tätigkeitsverbot aussprechen - wenn kein Impfnachweis vorgelegt wird. Sinn und Zweck der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht sei es ja, äußerst verletzbare Personengruppen vor einer Infektion mit dem Coronavirus zeitnah und in besonderem Maße zu schützen. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Kein begleiteter Suizid in Diakonie-Einrichtungen

ERF: Bethel-Chef Ulrich Pohl hat sich gegen jedwede Möglichkeit begleiteter Selbsttötung in diakonischen Einrichtungen ausgesprochen. Katja, wie begründet er das?

Katja Völkl: Ulrich Pohl sagt, der assistierte Suizid darf nicht zum Normalfall des Sterbens werden. Das sei mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar und kommt in Bethel-Einrichtungen daher nicht infrage. Wenn assistierter Suizid als „normal“ empfunden wird, befürchtet Pohl eine zunehmende Bedrohung des Lebensrechts und der Würde von Menschen mit Behinderungen, sowie schwerkranken und alten Menschen. Alte Menschen könnten sich etwa selbst als Belastung ihrer Angehörigen wahrnehmen und sich gezwungen sehen, den assistierten Suizid anzunehmen.


ERF: Und welche Alternative schlägt er vor?

Katja Völkl: Naja, im Grunde das, was schon seit langer Zeit gesagt wird: Sterbende zu begleiten, ihre Leiden und Schmerzen zu lindern und sie seelsorgerlich und geistlich zu betreuen. Darin sieht Ulrich Pohl die Aufgabe der Diakonie.

Zudem sagt er, dass sterbenskranke Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt oft noch einmal aufleben, wenn sie in einem Hospiz gut begleitet werden. Dann könnten sie in Ruhe zusammen mit den Angehörigen mit dem eigenen Leben abschließen. „Bei einem Suizid dagegen wird das Leben nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen, vieles bleibt ungesagt“, so Pohl wörtlich.


ERF: Heute berät der Bundestag in erster Lesung über eine mögliche neue Regulierung der Suizidassistenz. Z.B. mit einer Beratungspflicht. Drei Gruppen von Abgeordneten jeweils verschiedener Fraktionen haben dazu Vorschläge vorgelegt, die auch noch in den Ausschüssen beraten werden müssen. Über erste Ergebnisse werden wir hier auf ERF Plus berichten.

Steigende Preise für Energie und Lebensmittel führen zu Mangelernährung bei Kindern 

ERF: Wobei es das Problem ja schon viel länger gibt.

Katja Völkl: Ja, auch schon vor der Corona-Pandemie gab es hierzulande Menschen, die nicht genug zu essen hatten. Durch den Lockdown während der Pandemie fiel bei vielen eine wichtige Mahlzeit weg, weil die Schulkantinen auch geschlossen waren. Und jetzt durch die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel wird die Situation für Familien mit geringem Einkommen noch schwieriger.


ERF: Gibt es denn etwas, das die Familien tun können?

Katja Völkl: Wolfgang Büscher, Sprecher des Christlichen Kinder- und Jugendwerks - Die Arche, rät Menschen mit wenig Geld, kostenlose Anzeigenblätter auszuwerten, Sonderangebote zu suchen und möglichst mit dem Fahrrad zu dem Supermarkt zu fahren, in dem es sie gibt. Auch wenn der etwas weiter weg ist. Allerdings sagt Büscher auch, dass Eltern, die anderthalb Jahre oder länger von staatlichen Transferleistungen leben, oft keine Kraft mehr dafür haben. Und dann sei es wichtig, dass die Kinder in der Schule lernen, dass man Obst und Gemüse essen muss und warum.

Denn Mangelernährung gefährdet das körperliche Wachstum der Kinder und auch ihre Hirnentwicklung. Das sagt der Stuttgarter Ernährungsmediziner Hans Konrad Biesalski. Ein höherer finanzieller Zuschlag für Kinder sei demnach das Beste, was man machen kann, so Biesalski.

Kunstaustellung documenta will Ausstellung systematisch untersuchen

ERF: Es gibt weitere Entwicklungen bei der Kunstausstellung documenta: Nach massiver Kritik an antisemitischen Bildmotiven auf der „documenta fifteen“ hat die Generaldirektorin Sabine Schormann eine systematische Untersuchung der Werke angekündigt.

Katja Völkl: Außerdem will die documenta gemeinsam mit der Bildungsstätte Anne Frank eine Podiumsdiskussion ausrichten. Und es soll auf dem Friedrichsplatz ein Begegnungsstand mit Vertretern der Bildungsstätte und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren errichtet werden.

Zur Erklärung: Am Friedrichsplatz wurde ursprünglich das Kunstwerk „People's Justice“ der indonesischen Gruppe Taring Padi gezeigt. Und dazu gab es die massive Kritik, weil das Banner eine antisemitische Bildsprache enthielt. Daraufhin wurde es am Dienstag abgebaut. 

Erster Lausitzer Kirchentag in Görlitz gestartet

ERF: Und hier noch ein Tipp für’s Wochenende: Von heute bis Sonntag findet im sächsischen Görlitz der erste Lausitzer Kirchentag statt.

Katja Völkl: Dazu laden die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), zu der Görlitz gehört, und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens (EVLKS) ein. Erwartet werden tausende Besucherinnen und Besucher.

Dieser Kirchentag bringt erstmals evangelische Christen aus der ganzen Lausitz zu einem Glaubensfest zusammen.


ERF: Unter dem Titel „Von Wegen“ stehen rund 150 Veranstaltungen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen auf dem Programm. Darunter auch der Strukturwandel in der Lausitz.

Katja Völkl: Und dazu erwartet Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nachhaltige Impulse: „Vom Kirchentag wird ein starkes Signal von Zusammenhalt und Miteinander ausgehen und zugleich ein Zeichen für gemeinsamen Aufbruch und Ermutigung“, sagte Kretschmer dem Evangelischen Pressedienst. Es geht um neue Perspektiven für die Region und positive Impulse für den Strukturwandel im Zusammenwirken von engagierten Bürgern, Kirchen, Kommunen und Freistaat, so Kretschmer weiter. Zusammen mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat er die Schirmherrschaft übernommen.


ERF: Außerdem sieht Kretschmer die Kirchen als wichtigen Ansprechpartner bei den gesellschaftspolitischen Debatten im politischen Meinungsbildungsprozess. Und mit der christlichen Botschaft werde „die Hoffnung auf eine gute Zukunft“ vermittelt, sagte Kretschmer. Aus dieser Zuversicht erwachse Kraft.

Katja Völkl: Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist übrigens kostenlos. Das Kirchentagsbüro befindet sich am Görlitzer Untermarkt.


ERF: Und mit diesem Veranstaltungshinweis wollen wir Sie gerne ins Wochenende verabschieden. Eine gesegnete Zeit wünschen Ihnen Katja Völkl und Oliver Jeske.

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Moderatorin und Redakteurin

Die gebürtige Münsteranerin ist Live-Moderatorin in „Aufgeweckt“ und für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren