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Nicht blenden lassen

Die Bibelstelle Jakobus 2,9 – ausgelegt von Hans-Martin Richter.

Wenn ihr aber nach dem Ansehen der Person urteilt, dann begeht ihr eine Sünde und werdet überführt vom Gesetz als seine Übertreter.

Jakobus 2,9

Es war einmal in Afrika. Der junge technische Missionar war eifrig dabei, den Menschen zu helfen.

Täglich bildete sich eine lange Schlange vor seiner Werkstatt. Er war Schlosser von Beruf. Er reparierte Fahrräder, Handwagen, Gartengeräte, usw. Eines Tages kam prominenter Besuch. Der Präsident des Bundeslandes bzw. Departements kam mit seinem Fahrer vorbei. Er hatte eine Autopanne und brauchte dringend Hilfe. Der junge Missionar sagte von der Bibel her motiviert: Bei mir gibt es kein Ansehen der Person. Stellen Sie sich bitte hinten an und warten Sie, bis sie drankommen. Der Ministerpräsident kochte vor Wut. Leute, die alle Zeit der Welt haben, werden ihm vorgezogen. Und als er bei der Erstellung der Rechnung sich auch noch hingehalten fühlte, lässt er den Missionar verhaften. Erst nach zwei Wochen kam er wieder frei.

Das Erlebnis erinnert mich an die Worte aus dem Jakobusbrief, Kapitel 2,9, die uns vor dem Urteil nach dem Ansehen der Person warnen. Der junge Missionar hatte in seiner Haltung sicherlich nicht das Ziel, den Ministerpräsidenten zu beleidigen. Handelte er nicht konsequent nach der Lehre von Jakobus: „Wenn ihr aber nach dem Ansehen der Person urteilt, dann begeht ihr eine Sünde…“

Wenn ich die Bibelstelle im Zusammenhang betrachte, wird deutlich, dass es dem Schreiber um die christliche Gemeinde geht. Dort soll es keine Unterschiede geben. – Na ja, Ältere sollen besonders geehrt werden, und die das Wort Gottes verkündigen, sollen zweifach geehrt werden. usw.

Jakobus kritisiert eine Praxis, die in den frühen Gemeinden vorkam: Gläubige wurden aufgrund von Status, Reichtum oder Einfluss bevorzugt behandelt. Er fordert die Christen auf, alle Menschen gleich zu behandeln, unabhängig von ihrem sozialen Status.

· Vielleicht nahmen sich einige zu wichtig wegen ihrer schönen Kleider und ihrem Reichtum.

· Vielleicht gab es Gemeinden mit dominierenden Familien. Wer dazu gehörte, durfte mit-bestimmen, und wer nicht, der nicht.

· Vielleicht gab es Gemeinden, in denen einzelne Personen viel gespendet hatten. Daraus leiteten sie das Recht hab, bei Entscheidungen das letzte Wort zu haben.

· Vielleicht gab es Gemeinden, in denen Ältere nach Jahrzehnten in der Verantwortung an Leitungspositionen klebten.

· Vielleicht gab es Gemeinden, in denen Leute aufgrund besonderer Begabungen in der Gemeinde ihren Einfluss ausübten, obwohl sie gar nicht in der Leitung waren.

Im Jakobusbrief wird vom königlichen Gebot gesprochen. Gemeint ist „Du sollst deinen Mit-menschen lieben wie dich selbst.“ Wer liebt, nimmt wahr und lässt sich nicht blenden. Das bedeutet aber nicht Gleichmacherei. Es bedeutet nicht, dass es keine Unterschiede gibt. Aber es heißt, dass wir diese Unterschiede nicht dazu nutzen, Menschen in ihrer Würde oder ihrem Einfluss herabzusetzen oder überzubewerten.

Ich will wichtige Menschen nicht abblitzen lassen, wie es der eingangs erwähnte Missionar in Afrika ungewollt getan hatte. Aber wenn ich eine Entscheidung treffen muss, oder um ein Urteil gefragt werde, dann will ich mich vom Sein einer Person und nicht vom Schein leiten lassen.

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