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Kommt auch das Unheil von Gott?

Martin Knapmeyer über Jesaja 45,6-7.

Ich bin der HERR, und sonst keiner mehr, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden gebe und schaffe Unheil. Ich bin der HERR, der dies alles tut.

Jesaja 45,6-7

„Grüß deine Frau von uns. Wir bewundern es, wie ihr miteinander das tragt, was Gott euch auferlegt hat.“ So sagte es mir ein alter Mann, als ich mich von ihm verabschiedete. Ich war bei ihm und seiner Frau zu Besuch gewesen; als Christen gehen die beiden ihren Weg seit vielen Jahrzehnten miteinander durch Dick und Dünn. Gerade weil er so lebens- und glaubenserfahren ist, habe ich mich über seine Worte gefreut. Ich habe sie als Ausdruck von Anerkennung aufgefasst.

Sie haben mich aber auch zum Nachdenken gebracht. „… was Gott euch auferlegt hat“ – dabei hat der Mann hauptsächlich an meine Frau gedacht; sie ist seit sechseinhalb Jahren vollständig blind. Ist ihr die Blindheit wirklich „von Gott auferlegt“? War es Gott, der es ihr – und dadurch auch mir – schwerer gemacht hat?

Wenn es nach der biblischen Losung für heute geht, dann hat der alte Mann Recht. Es sind Verse aus dem Buch Jesaja, dem 45. Kapitel. So spricht der HERR (Jes 45,1): „Ich bin der HERR, und sonst keiner mehr, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Heil gebe und schaffe Unheil. Ich bin der HERR, der dies alles tut.“ (Jes 45,6b.7)

„Ich bin der HERR, und sonst keiner mehr“ - mit anderen Worten: Es gibt nur den einen Gott. Alle anderen Götter sind nur Einbildung von Menschen. Vielleicht sagen Sie: „Das ist doch klar, das kann ich auch gar nicht anders glauben: Es gibt nur den einen Gott.“ Aber sind Sie auch bereit, die Konsequenzen anzunehmen, die sich daraus ergeben? Die Jesajaverse benennen sie: Wenn es nur einen Gott gibt, dann müssen wir alles, was uns widerfährt, auf diesen einen Gott zurückführen: nicht nur das Licht, sondern auch die Finsternis; nicht nur das Wohlergehen von Menschen, ihr Heil, sondern auch ihr Unheil. Es gibt keinen Platz für andere Götter oder Mächte, die etwas davon wirken könnten.

Auch alles Unheil auf der Welt von Gott geschaffen? Ich wage nicht, es mir bis ins Letzte auszumalen, was das alles bedeuten würde: Erdbeben, Wirbelstürme, Flutwellen, in denen Tausende umkommen, von Gott geschickt; und auch die Kriege und alles Schlechte, was Menschen einander antun? Auch auf meine Frau und mich bezogen: Es ist kein schöner Gedanke, dass Gott ihr und mir das Schwere aufgepackt hat.

Allerdings: Es wäre auch nicht einleuchtender und schon gar nicht besser, wenn wir das Leid auf andere Mächte zurückführen würden: Ist etwa ein anonymes Schicksal an der Blindheit schuld? Oder ist es der Teufel? Aber wenn andere Mächte damit zu tun hätten, wäre Gott indirekt trotzdem dafür verantwortlich. Zumindest müsste er es zugelassen haben. Sonst wäre er nicht der allmächtige und einzige Gott.

Ich will lieber von Gott das Schwere annehmen, als mich dem Teufel ausgesetzt zu sehen. Ich will lieber unserem Gott das Leiden klagen, als es dem Schicksal nicht klagen zu können, weil es nicht ansprechbar ist. Ich will es Gott klagen – und vor ihm aushalten, dass er keine Antwort gibt auf die Frage nach dem „Warum?“ Martin Luther hat an dieser Stelle vom „verborgenen Gott“ gesprochen, den wir nicht begreifen können. Er hat Christen dazu geraten: Haltet euch nicht auf mit Grübeln über den verborgenen Gott! Wendet euch lieber an den „offenbaren Gott“: Gott hat uns durch Christus ein- für allemal offenbart, dass er uns liebt und nichts uns von seiner Liebe scheiden kann.

Daran will ich mich halten. Ich verstehe nicht, wieso Gott meiner Frau und mir Schweres auferlegt – aber ich verstehe: Er hat uns auf jeden Fall lieb. Er hilft uns, das Schwere zu tragen. Und ich hoffe: Am Ende wird Gott Schluss machen mit der Finsternis und mit dem Unheil. Er wird alles zum Licht, zum Heil, zum Guten wenden.

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Kommentare (3)

Hans-Jürgen C. /

Sehr geehrter Herr Pastor Knapmeyer!
Danke für Ihren Artikel, für Ihr Bekenntnis zur Liebe Gottes. Ich bewundere Sie und Ihre Frau.
In der Tat ist es unbefriedigend, in schweren, beklagenswerten mehr

Claudius /

Vielen Dank für diese ermutigenden Gedanken. Das nehme ich mit: "Ich will lieber von Gott das Schwere annehmen, als mich dem Teufel ausgesetzt zu sehen. Ich will lieber unserem Gott das Leiden klagen, als es dem Schicksal nicht klagen zu können, weil es nicht ansprechbar ist."

Siegfried G. /

Guten Morgen Herr Knapmeyer
Ihre Fragen haben mich schon lange beschäftigt. Ich selbst bin zwar nicht unmittelbar von "Leid" geplagt aber dennoch beschäftigt mich das Leid oder Schicksal anderer mehr