/ Wort zum Tag
Im Vorübergehen
Siegfried Meier über Markus 2,14.
Als Jesus vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.
Immer, wenn ich an einem fremden Ort bin, fallen mir Dinge auf, die ich zuhause gar nicht mehr sehe: alte Häuser, die etwas schief gebaut sind, Wege, die anders gepflastert sind als bei uns, Blumen, die ich nicht kenne, Gerüche, die ich in meiner Straße nicht mehr wahrnehme. Und alles im Vorübergehen, wenn ich wache Augen und Ohren habe. Zuhause nehme ich im Vorübergehen nur Veränderungen wahr, wenn ich unterwegs bin, muss ich ohnehin auf die anderen achten, auf die Autos, Busse, Menschen, die auf dem Bürgersteig entgegenkommen. Im Vorübergehen geht alles so schnell – eben ein Vorüber-gehen.
Daher könnten wir fast überlesen, wenn es im Markusevangelium, Kapitel 2 (Vers 14) heißt: „Als Jesus vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.“ Berufung im Vorübergehen? Und dieser Levi steht auch noch auf und lässt alles stehen und liegen und geht mit Jesus weiter?
Was sind das für Geschichten? Ich könnte wetten, Sie haben auch eine längere Geschichte mit Jesus Christus gehabt, bevor es bei Ihnen und Ihm ernst wurde. Dass Sie erst mal was von ihm gehört haben, in einem Gottesdienst waren, von Ihren Eltern etwas erzählt bekommen haben und dann langsam Ihr Glaube gewachsen ist. Das ist hier ganz anders. Dieser Levi sitzt da bei der Arbeit und wird in die Nachfolge berufen. Wir erfahren nicht, ob er seine Arbeit nicht mehr mag, ob er Ausschau nach Jesus hält, ob er schon mal was von ihm gehört hat – gar nichts. Levi sitzt am Zoll, Jesus sieht ihn im Vorübergehen und ruft ihn in die Nachfolge. Und alles wird ohne jeden Kommentar erzählt.
So, wie es bei Petrus und dessen Bruder Andreas war – die kommen einfach mit. Aber ein Zöllner? Warum will Jesus solche Leute bei sich haben? Und daran müssen wir denken: da kommen nicht Leute zu Jesus, da kommt Jesus zu ihnen, er beruft. Und dieser Levi kommt dann auch nur noch einmal vor – er wird also keiner von den Zwölfen, gehört wohl zum erweiterten Jüngerkreis, folgt nach, ohne alle Reisen mitzumachen. Nachfolge ist nichts, wofür ich meinen Beruf, mein Leben, meine Familie aufgeben muss – so wie bei den anderen Jüngern. Im Folgenden ist von Gastfreundschaft die Rede, die Levi – oder wie später auch Zachäus – ausübt. Eine andere Form der Jüngerschaft? Nachfolge ist kein einheitliches Modell! Zum Glück! Es gibt unterschiedliche Wege, Jesus zu folgen, manche ruft er weit heraus, andere bleiben, wo sie sind, und werden zum Segen für andere, weil sie andere Wege gefunden haben, von Christus weiterzuerzählen. Wie gut!
Jesus tritt in sein Leben, ganz unvermittelt, wie eben das Reich Gottes kommt. Und Levi steht auf und geht zu Jesus. Jesus ist ihm wichtiger als alles andere. Und wir merken in der Geschichte schnell: ohne diesen Levi wären nicht so viele andere Zöllner und Sünder auf Jesus aufmerksam geworden. So merken viele auf einmal, wer er ist und das Leben mit ihm ein anderes, besseres Leben ist als zuvor. Im Vorübergehen bemerkt. Oder gesungen:
Kommet alle, kommet her,
kommet, ihr betrübten Sünder!
Jesus rufet euch und er
macht aus Sündern Gottes Kinder.
Glaubet’s doch und denket dran:
Jesus nimmt die Sünder an.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Lieber Herr Dr. Meier, Sie schreiben, " dieser Levi kommt dann auch nur noch einmal vor – er wird also keiner von den Zwölfen, gehört wohl zum erweiterten Jüngerkreis, folgt nach, ohne alle Reisen … mehrmitzumachen" Ich war bisher der Meinung, dass aus dem Zöllner Levi letztendlich der Apostel und Evangelienschreiber Matthäus wurde, so habe ich es jetzt auch im Bibellexikon von Rienecker nachgeschlagen. Vielleicht können Sie mir da Klarheit verschaffen. Liebe Grüße Norbert Denk
Danke Herr Meier für die heutige Auslegung. Aber ist Levi, Sohn des Alphäus nicht Matthäus, Sohn des Alphäus? (Markus 3, 18) Dann wäre er Autor eines Evangeliums und käme sehr wohl weiterhin in der … mehrErzählung von Jesus Christus vor. Wichtiger ist aber sein Vorbild, dass er einfach glaubte und sein Leben änderte.