/ Bibel heute
Die Heilung eines Gelähmten
Peter Ruppert über Markus 2,1–12.
Und nach etlichen Tagen ging er wieder nach Kapernaum; und es wurde bekannt, dass er im Hause war. Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort. Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen.[...]
Was für eine groteske Situation. Ich stellte mir vor, ich wäre zuhause. Plötzlich stürmt eine Horde Menschen herein und stört meine Privatsphäre. Und noch nicht genug, kracht es plötzlich über mir. Mein Dach weist ein Loch auf und von oben kommt ein Mann herunter. Was ist denn hier los? Hat etwa ein Influencer eine neues „Ich reagiere auf …“-Video gepostet?
In Vers 1 heißt es, dass Jesus wieder nach Kafarnaum zurückkehrt. Im 1. Kapitel des Markusevangeliums ab Vers 21 kann ich lesen, dass Jesus zuvor schon einmal dort war. Er lehrt in den Synagogen und treibt Dämonen aus. Das beeindruckt die Leute sehr. Von da aus zieht Jesus durch ganz Galiläa, eine Gegend im nördlichen Israel, in welcher auch Jesus‘ Heimatstadt Nazareth liegt. Immer wieder erzählt er von der Botschaft Gottes, dem Evangelium, und bezeugt dies durch Wunder. Doch was ist das Evangelium, das aus dem Griechischen übersetzt „Freudenbotschaft“ bedeutet? Worüber dürfen sich die Menschen über alle Maßen freuen? Dazu später mehr.
Der Begriff „Glaube“
Die Griechische Sprache ist sehr facettenreich. Es ist teilweise sehr schwer, einen Vers wortwörtlich, ohne weitere Erläuterungen, zu übersetzen. Denn das Altgriechische, in welcher das Neue Testament geschrieben wurde, ist eine Aspektsprache. Das heißt, je nachdem welche Zeitform verwendet wird, kann es bedeuten, dass ein Sachverhalt für die beschriebene Situation gilt oder generelle Bedeutung hat. Wenn etwa Jesus in einer bestimmten Zeitform sagt: „Ich aber sage euch…“ heißt es aufgepasst. Diese Aussage gilt nicht nur für die beschriebene Situation, sondern auch durchaus für heute, meine Lebensrealität. Mit diesen Zeitformen spielt der Autor in diesem Abschnitt.
Er beschreibt, dass das Haus, in welchem sich Jesus aufhält, völlig überfüllt ist. Plötzlich tragen vier Personen einen Gelähmten herbei. Anscheinend erhoffen sie sich, dass Jesus dem Gelähmten helfen kann. Dabei ist es interessant, dass die vier Personen nicht näher beschrieben sind. Noch nicht mal, ob sie männlich oder weiblich sind. Darüber hinaus steht ihre Tätigkeit in der Zeitform der generellen Gültigkeit. So als ob die beschriebene Vorgehensweise auch heute noch von Bedeutung ist. Gläubige können sich somit für andere Menschen vor Gott einsetzen, wenn diese dazu nicht selbst dazu in der Lage sind. Dabei kann es sein, dass zunächst Hindernisse überwunden werden müssen. Im beschriebenen Fall können die Helfer nicht die Menschenmassen durchdringen. Sie entscheiden sich für eine radikale Lösung. Sie steigen aufs Dach des Hauses und an der Stelle, wo sie Jesus vermuten, machen sie ein Loch. So können sie den Gelähmten direkt vor Jesu Nase platzieren. So ein Haus der Antike darf man sich nicht wie ein Haus in Deutschland mit Schrägdach vorstellen. Es hatte ein Flachdach. Über eine Treppe gelangte man zum Arbeiten aufs Dach. Somit war es den Trägern nicht schwer, hinaufzukommen.
Jesus ist vom Glauben der Helfer sehr beeindruckt und spricht den Gelähmten von seinen Sünden frei.
Der Begriff „Glaube“ ist im Griechischen ein sogenannter Containerbegriff mit mehreren Bedeutungen. Und diese Bedeutungen lassen sich nicht voneinander trennen. Er bedeutet Glaube, Vertrauen und Treue. Glaube an Jesus ist somit nicht bloßes Kopfwissen. Glaube manifestiert sich in den eigenen Ansichten und Handlungen, welche die Treue zu Jesus bzw. Gott ausdrücken. Dies geschieht nicht aus Angst vor Strafe o. ä., sondern die innere Überzeugung drängt zu einer veränderten Lebensweise. Die sogenannte Buße ist somit ein Teil der Botschaft des Evangeliums.
Der Begriff „Sünde“
Zudem möchte ich das Wort „Sünde“ genauer betrachten. In unserem Kulturkreis ist es meist negativ behaftet und bezeichnet eine moralisch verwerfliche Handlung. Ein Sünder zu sein, bedeutet, sich schämen zu müssen und oft auch ausgeschlossen zu sein. Im biblischen Kontext und insbesondere aus dem Griechischen übersetzt bedeutet es aber vielmehr Fehler bzw. Zielverfehlung. Meine Handlungen entsprechen nicht den ursprünglich guten Absichten und Rahmenbedingungen Gottes. Das führt dazu, dass das eigentliche Lebensziel - im Sinne Gottes - verfehlt wird. Gott möchte, dass seine Schöpfung ein überfließendes Leben hat und alles Gute, das Gott ermöglicht, genießen kann. Zu diesem Zweck ist Jesus auf die Welt gekommen. Im Johannesevangelium, Kapitel 10, Vers 10 sagt er: „… ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben.“
Somit haben wir hiermit einen weiteren Baustein des Evangeliums.
Es ist mir unheimlich wichtig zu betonen, dass es beim Sündenvergeben darum geht, dass der Mensch heil wird und wieder in seine ursprüngliche Stellung kommt. Als Repräsentant Gottes innerhalb der Schöpfung und einer intimen Beziehung zu Gott und anderen Menschen. Wer hat nicht diesen Wunsch? Eine Entwicklung hin zu einem erfüllten Leben? Dies tut Jesus hier mit dem Gelähmten. Zunächst erfolgt Heilung auf einer geistlichen Ebene, der Sündenvergebung. Darauf dann die körperliche Heilung. Beides ist wieder in der universell gültigen Zeitform beschrieben und zeigt somit einen generellen Weg der Heilung. Zunächst in der gefallenen Welt die Sündenvergebung durch das Opfer Jesu am Kreuz, die durch den Glauben an Jesus eintritt. Später auch die körperliche Heilung bei der Auferstehung. Dazu später mehr.
Die Schriftgelehrten
Die Szene wird von den Schriftgelehrten beobachtet. Dies sind Gelehrte, die damit beauftragt sind, Gottes Wort auszulegen und dem Volk Israel alltagstauglich beizubringen. In Schriften, die wir das Alte Testament nennen, wird seit jeher ein Erlöser angekündigt. Jemand, der die Menschen von der Sünde erlöst und vor allem Israel wieder zu einer besonderen Stellung unter den Nationen verhilft. Zu Zeiten Jesu trat immer mal wieder irgendeine neue Person auf, die behauptete, dieser Erlöser, der Messias der Juden, zu sein. Die Schriftgelehrten hatten dann die Aufgabe, diese Person zu beobachten und zu beurteilen, ob es sich um den Messias oder einen Verrückten handelt. So auch in dieser Szene. Die Schriftgelehrten beobachten, was Jesus sagt und tut. In ihren Herzen, also den eigenen Gedanken, bewerten sie das Tun Jesu als Blasphemie. Nur Gott kann Sünden vergeben.
Jesus nutzt die Situation um 2 Dinge klarzustellen: Zum einen sagt er den Schriftgelehrten ins Gesicht, dass er genau weiß, was sie denken. Zum anderen bezeichnet Jesus sich mit dem Titel „Sohn des Menschen“. Dieser Titel bezieht sich auf das Buch Daniel, Kapitel 7 Vers 13. Am Ende aber wird das Königreich Gottes aufgerichtet und alle Macht an den „Sohn des Menschen übergeben“. Dieser regiert das Königreich Gottes in alle Ewigkeit.
Jesus behauptet also nicht nur Gott selbst zu sein, sondern eben der versprochene Erlöser, den alle Juden sehnsüchtig erwarten. Der Messias, der das Problem der Sünde löst. Um das zu beweisen, heilt er den Gelähmten. Das Angebot Gottes, Sündenvergebung zu erlangen und den Weg der Heilung sowie zu einem erfüllten Leben einzuschlagen, steht jedem Menschen offen. Wie stehen Sie selbst zu Jesus?
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Ich glaube an Jesus und rede und denke auch so wie er. Danke für dich. Sabine.