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Enttäuscht

/ Wochenration / Lesezeit: ~ 3 min

Enttäuscht

Wie die Dinge wirklich sind.

Seit einigen Wochen nehme ich immer mehr ein Gefühl von Enttäuschung in meinem Leben wahr. Ich stelle fest, dass ich über größere oder kleinere Dinge enttäuscht bin. Mal ist es so, dass ein Tag nicht so gelaufen ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Dass ich nicht so viel geschafft habe, wie ich mir vorgenommen hatte. Dass jemand anderes nicht so reagiert hat, wie ich es mir erhofft hatte. Oder es ist so eingetreten, wie ich es im Worst Case befürchtet hatte.

Ich finde mich an einem Punkt wieder, vom dem ich gehofft habe, dass ich ihn schon überwunden hätte. Zum Beispiel, dass ich in meinen Prozessen zu den Themen Leistungsdenken, Identität und Gottvertrauen schon weiter gewesen wäre. So weit bin ich aber noch nicht und habe mir selbst etwas vorgemacht. Es nervt mich, das zu erkennen, denn ich will doch weiterkommen. Aber ich bin noch nicht bereit gewesen, mich dem Prozess vollständig zu stellen. Ich würde gerne schon von dem berichten, was sein könnte, anstatt mich im Kreis zu drehen.

Habe ich versagt?

Aber so ist das nun mal, denn es kommt selten vor, dass ich Prozesse einmal durchlaufe und danach ist alles tipptopp. Eher braucht es mehrere Durchläufe oder Anläufe. Diesmal nervt es mich allerdings besonders.

Ich bin enttäuscht von mir selbst und gerne würde ich davor wegrennen. Denn zuzugeben, dass ich enttäuscht bin, fällt mir schwer. Enttäuschung geht mit einem Gefühl des Versagens einher, als hätte ich Erwartungen nicht erfüllt. Leistungsdenken eben.

Ich habe eine bestimmte Vorstellung davon, wie etwas werden soll, wie ich mich entwickeln soll, wie jemand anderes sich verhalten soll. Dann kann es genauso kommen oder nicht. Wenn es nicht so kommt, dann entsteht Enttäuschung. Woher rührt sie? Sind die anderen oder die Umstände schuld? Bin ich es? War das, was ich getan habe, nicht genug?

Vorstellungen und Realität

Dazu ein Beispiel: Nehmen wir mal an, ich habe ein bestimmtes Bild von Gott, wie er ist oder wie er handelt. Wenn ich Gott vor allem als den liebenden Vater wahrnehme, dann kann es sein, dass ich mich mit Gott und seiner Rolle als Richter schwertue. Vielleicht bin ich auch enttäuscht von ihm. Ich dachte zu wissen, wer er ist. In dem Moment wird an dem Gottesbild gerüttelt; es steht auf dem Prüfstand.

Da kann man Unsicherheit oder sogar Angst empfinden oder auch den Sinn hinterfragen. Im Optimalfall wird das Gottesbild am Ende durch diese Krise erweitert und es kommt zu einem erweiterten und etwas vollständigerem Gottesbild. Ich weiß, wir werden Gott niemals ganz begreifen können und er lässt sich in keine Schublade stecken. Aber oft versuchen wir es halt doch.

Und wie mit Gott, so ist es auch mit anderen Dingen, wie mir selbst, anderen Menschen oder Situationen. Ich habe eine Vorstellung von etwas und glaube zu wissen, wie es werden wird. Doch am Ende kommt es vielleicht anders. Wie ich an Dinge herangehe und welche Vorstellungen ich habe, darauf habe ich mehr Einfluss als auf die äußeren Umstände, die ich nur sehr bedingt beeinflussen kann.

Oft ist eben nicht der andere schuld. Ebenso wenig liegt es an meiner Leistung, sondern vielmehr an der Vorstellung, die ich hatte. Mich beruhigt mich das. Denn am Ende kann ich nicht immer das Ruder rumreißen und das macht die Enttäuschung ein wenig leichter. Aktuell zumindest wenigstens ein bisschen.

Dieser Text von Juliane Dupont wurde zuvor auf www.keineinsamerbaum.org veröffentlicht.

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