18.11.2025 / Serviceartikel

Du betest nicht? Entspann dich!

5 befreiende Wahrheiten, wenn du mit deinem Gebetsleben haderst.

Kommt dir das bekannt vor? Du glaubst an Gott und daran, dass Gebet gut und heilsam ist, aber in deinem Alltag kommen Stille Zeit und Gebet viel zu kurz. Eventuell hast du bereits einiges unternommen, um das zu verändern, aber es hat nichts gebracht. Mittlerweile fühlst du dich als Gebets-Versager und jedes Gebet, was dir über die Lippen kommt, ist von Scham und einem schlechten Gewissen begleitet. Dann ist dieser Artikel für dich.

In seinem Buch „Gesund beten statt gesundbeten“ schreibt Christof Lenzen darüber, wie wir ehrlich und ohne Druck mit Gott ins Gespräch kommen können. Als eine Hemmschwelle sieht er dabei die Erwartungen, die wir an uns selbst in puncto Gebet stellen. Dass uns das Beten – gerade auch in manchen Lebenslagen – schwerfällt, ist nichts, für das wir uns schämen müssten.

Tatsächlich verhindern oft genau diese Scham und unser schlechtes Gewissen die ehrliche Begegnung mit Gott. In einem Kapitel benennt Christof Lenzen daher fünf entlastende Wahrheiten zum Gebet, die ich hier mit dir teilen möchte.

1. Auch wenn du nicht betest, betest du

Diese Aussage klingt zunächst widersprüchlich, doch sie enthält eine Kernbotschaft. Wenn du an Jesus glaubst oder dich auf die Suche nach ihm machst, streckt sich etwas in dir nach Gott aus.

Es mag sein, dass du keine Worte für diese Sehnsucht findest, aber sie ist da. Und über sie bist du mit Gott verbunden und mit ihm im Gespräch.

Christen sprechen hier vom Heiligen Geist, den jeder Mensch geschenkt bekommt, der sich für ein Leben mit Jesus entscheidet. Selbst wenn du gerade eine Schweigezeit im Gebet durchmachst, bist und bleibst du als Christ über den Heiligen Geist mit Gott verbunden.

Vielleicht ist dein Leben gerade so stressig, dass du nicht ans aktive Beten denkst. Oder du hast etwas Schweres erlebt und findest nicht die richtigen Worte, darüber mit Gott zu reden. Ganz gleich, was deine Gebetsebbe auslöst, Gott hört trotzdem die Worte in deinem Herzen. Er weiß, dass du dich nach Gemeinschaft mit ihm sehnst. Und wenn du es im Augenblick von dir aus nicht schaffst, diese Verbindung zu halten, hält er sie.

2. Glaube darf und muss sich verändern, um zu reifen

Oft fallen uns geistliche Routinen wie das Gebet und die Stille Zeit in Phasen schwer, in denen sich etwas in unserem Glauben verändert. Vielleicht passt ein bestimmtes Gottesbild für dich nicht mehr oder du hast plötzlich Zweifel. Dann ist es nur natürlich, dass auch dein Gebetsleben darunter leidet.

Vielleicht musst du neue Worte finden, um Gott gegenüber auszudrücken, was du gerade denkst und fühlst. Das ist ganz normal. Du kannst es dir ein wenig wie die Pubertät vorstellen. Um erwachsen zu werden, distanzieren Jugendliche sich zeitweilig von ihren Eltern. Meist leitet das keinen Kontaktabbruch zu den Eltern ein, sondern eine neue gereifte Beziehung.

Auch im Glauben gibt es Zeitspannen, in denen wir Dinge für uns neu sortieren müssen.

Dir selbst in einer solchen Phase Druck zu machen und Glaubensrituale auf Biegen und Brechen aufrechtzuhalten, hilft oft wenig. Es wird sich eventuell sogar so anfühlen, als würdest du dich in zu enge Kleider zwängen. Besser ist es, den Prozess neugierig zu betrachten und Gott gegenüber offen damit umzugehen.

Ein Gebet, was du in diesen Phasen sprechen kannst, könnte folgendes sein: „Herr, ich merke, in meinem Glauben steht gerade vieles Kopf. Das macht mir Angst und ich weiß nicht, wie ich mit dir darüber reden soll. Bleib du an meiner Seite und führe mich!“

3. Gebet ist mehr als Worte

Oft verbinden wir mit Gebet vor allem Worte. Ob still oder laut, ein „vollwertiges“ Gebet ist für uns nur eines, welches gedacht oder ausgesprochen wird. Christof Lenzen weitet in seinem Buch den Blick dafür, dass das eine sehr enge Definition von Gebet ist. Auch mit Gesten und Handlungen können wir Gott anbeten, wenn wir sie „in der Gegenwart Gottes (…) und mit der Herzensausrichtung auf ihn“ hin tun.

Wenn wir beim Singen im Gottesdienst die Hände erheben, ist das für uns klar. Schließlich kommen hier zusätzlich auch Worte zum Einsatz. Doch was, wenn auch ein Waldspaziergang in der Gegenwart Gottes, eine Atemmeditation vor dem Einschlafen oder das Tanzen bei der Hausarbeit eine Form von Gebet sein könnten? Und was, wenn Gott gar nicht meine Worte braucht, um zu verstehen, was ich ihm sagen will?

Das stille Knien am Bett eines kranken Kindes, der wilde Jubel über die neue Stelle oder auch das erschöpfte Seufzen nach einem langen Arbeitstag sagen Gott doch schon, wie es mir gerade geht.

Besonders in Situationen, wo uns Gefühle übermannen oder wir schlicht keine Worte haben, können uns Gesten helfen, unsere Gefühle Gott gegenüber auszudrücken. Wir müssen nicht um Worte ringen, wenn wir keine Worte haben.

4. Wenn du dich selbst besser kennenlernst, lernst du Gott besser kennen

Manche Menschen spielen Selbstreflexion und Gotteserkenntnis gegeneinander aus. Was soll es mir bitte schön bringen, Verletzungen aus meiner Kindheit aufzuarbeiten? Reicht es nicht, zu wissen, dass Gott sie geheilt hat? Leider tut es das oft nicht.

Tatsächlich kann die Beschäftigung mit uns selbst ein Weg sein, auch Gott besser kennenzulernen. Teils ist sie sogar entscheidend, um Gott wieder näherzukommen. 

Denn negative Muster und Glaubenssätze sind wie ein Schleier, der sich über unsere Wahrnehmung gelegt hat. Uns ist dieser Schleier nicht bewusst – schließlich tragen wir ihn schon sehr lange mit uns herum. Aber wir nehmen auch Gott und seine biblischen Worte nur durch diesen Schleier wahr. Dadurch lesen und verstehen wir manches in einer Weise, die uns nicht guttut. 

Irgendwann spüren wir das und unser Gebetsleben gerät in die Krise. Wenn das der Fall ist, kann es helfen, sich zunächst einmal selbst auf die Spur zu kommen. Wer bin ich überhaupt? Wie hat Gott mich geschaffen? Und was weckt in mir Erinnerungen an alte Verletzungen? Sich das ehrlich und im besten Fall mit einem Berater, einer Seelsorgerin oder Psychologin anzuschauen, kann auch meinen Blick auf Gott wieder scharfstellen.

5. Meide das Vergleichen wie die Pest

Gemeinsam eine gute Sache zu tun, kann sehr belebend sein. In meiner Tätigkeit als Autorin verabrede ich mich regelmäßig mit einer anderen Autorin zum Co-Working. Doch eines ist dabei tödlich: das Vergleichen. Wenn ich beginne, aufzurechnen, wie viele Wörter meine Autorenfreundin in der gleichen Zeit schafft, wird aus motivierender Gemeinschaft lähmende Frustration.

Genauso ist das beim Beten. Auch als Christen haben wir in Gemeinden Menschen an unserer Seite, deren Art zu glauben und zu beten, uns motivieren kann, darf und soll. Gleichzeitig geht es hier genauso wenig um Konkurrenz. Tatsächlich ist Vergleichen sogar Gift für das eigene Gebetsleben.

Gebet ist zuallererst Beziehungspflege. Gott geht es um das, was in meinem Herzen ist, und nicht darum, wie lange ich Stille Zeit mache.

Natürlich wird eine Beziehung, in der ich viel Zeit mit dem anderen verbringe, automatisch enger. Doch nur weil ich weniger oder anders bete als andere, bin ich kein schlechter Christ. Wie auch in anderen Beziehungen kommt es darauf an, die Beziehung zu Gott so zu leben, dass ich mich dabei wohl und mit ihm verbunden fühle. Daher meide es wie die Pest, dein Gebetsleben mit dem anderer zu vergleichen.

Gibt es weitere Punkte, die du als entlastende Wahrheiten in puncto Gebet erlebt hast? Oder hast du Einwände und Fragen zu diesen Punkten? Dann schreib mir gerne einen Kommentar.

Wenn du tiefer in das Thema Gebet eintauchen willst, lohnt sich ein Blick in das Buch von Christof Lenzen. Hier findest du eine Buchrezension zu „Gesund beten statt gesundbeten“.
 

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

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