08.07.2023 / Serviceartikel

Die Gedanken sind frei

Oft hat man das Gefühl, negativen Gedanken hilflos ausgeliefert zu sein. Es gibt aber Möglichkeiten, sie zu steuern und zu verändern.

Kann ich meine Gedanken steuern? Habe ich die Verantwortung dafür – abgesehen davon, dass ich sie einfach nicht weiter denke? Wie gehe ich mit „schlechten Gedanken“ um? Was sagt Gott dazu und will er mir dabei helfen, reine Gedanken zu haben?

Die Gedanken in die Schranken weisen?

Als ich diese Fragen las, musste ich an das Lied von Hoffmann von Fallersleben denken: „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Sie ziehen vorbei, wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen mit Pulver und Blei. Die Gedanken sind frei.“

Das Lied drückt aus, was mit den Gedanken dem Anschein nach passieren kann: Sie machen sich selbstständig, sie sind „frei“. Wie automatisch scheint sich im Kopf eine Gedankenwelt in Gang zu setzen, von der man das Gefühl hat, sie nicht mehr beeinflussen zu können. Je mehr man versucht, diese Gedanken zu unterdrücken, „wegzudenken“, umso mehr kommen sie zurück und umso stärker werden sie. Da stellt sich die Frage, ob man dieses Gedankenkarussell durchbrechen und wo man ihm Halt gebieten kann.

Je mehr man versucht, Gedanken zu unterdrücken, „wegzudenken“, umso mehr kommen sie zurück und umso stärker werden sie.

Die Gedanken mit Positivem füttern

Bei aller Freiheit der Gedanken habe ich eine Verantwortung dafür, was ich denke, so wie ich eine Verantwortung für mein Handeln habe. Eine Möglichkeit im Umgang mit negativen Gedanken ist, dass Sie die Auslöser für sie meiden: Wenn ein Horrorfilm ängstliche, schreckliche Gedanken auslöst, dann ist es sinnvoll, solch einen Film nicht mehr anzuschauen.

Umgekehrt hilft es, wenn man sich bewusst mit Büchern, Filmen, Musik usw. beschäftigt, die positive Gedanken auslösen. Machen Sie dies nicht erst dann, wenn die unangenehmen Gedanken schon da sind, sondern vorher. In diesem Sinne können wir selbst mit entscheiden, wie und mit was wir unsere Gedankenwelt „füttern“. Langfristig gesehen kann das den Inhalt unseres Denkens entscheidend prägen und verändern.

Martin Luther wird sinngemäß folgender Satz zugeschrieben: „Schlechte Gedanken sind wie Vögel. Wir können nicht verhindern, dass sie um unseren Kopf kreisen. Aber wir können verhindern, dass sie auf unserem Kopf nisten.“ Ein negativer Gedanke ist also noch nicht an sich zwangsläufig falsch in Gottes Augen. Erst, wenn wir ihm nachgehen und ihm „Nahrung geben“, ihn zum Bleiben einladen, kann daraus ein schuldhaftes Verhalten werden.

Die Bibel gibt in dieser Hinsicht folgenden Tipp: „Und nun, liebe Freunde, lasst mich zum Schluss noch etwas sagen: Konzentriert euch auf das, was wahr und anständig und gerecht ist. Denkt über das nach, was rein und liebenswert und bewunderungswürdig ist, über Dinge, die Auszeichnung und Lob verdienen“ (Philipper 4,8).

Schlechte Gedanken sind wie Vögel. Wir können nicht verhindern, dass sie um unseren Kopf kreisen. Aber wir können verhindern, dass sie auf unserem Kopf nisten.

Martin Luther

Am Schlafittchen packen

Sie fragen weiter: Wie gehe ich mit negativen Gedanken um? Gedanken fangen ja meist klein an und wachsen irgendwann zu einem ungeheuren Konstrukt heran.

Ich sehe im lauten Aussprechen eine gute Möglichkeit, den Keim eines negativen Gedankens zu ersticken. Das hilft, die Gedanken zu ordnen und gegebenenfalls in die Schranken zu weisen.

Wenn man einen negativen Gedanken erkennt, kann man ihn laut aussprechen und sich sagen: „Das will ich nicht denken. Dieser Gedanke ist falsch.“

Wenn die negativen oder sündigen Gedanken hartnäckig sind, hilft es, wenn man sie vor einem Menschen ausspricht, den man kennt und dem man vertraut. Mit ihm kann man die Gedanken sortieren. Manche negativen Gedanken können uns nur so lange beherrschen, wie wir sie für uns behalten. Einmal ausgesprochen – und je nachdem auch vor Gott und vor Menschen bekannt – verlieren sie viel von ihrem Einfluss auf uns.

So weiß man auch, dass diese belastenden Gedanken vergeben worden sind, da wo man sich durch sie wirklich schuldig gemacht hat. Ein anderer Mensch kann Ihnen auch eher sagen, ob Ihre Gedanken wirklich so schlecht sind, oder ob Sie Ihre eigene Gedankenwelt härter beurteilen, als es nötig ist.

Vor Gott können wir auch negative Gedanken aussprechen

Wenn Sie Ihre Gedanken nicht vor einem Menschen aussprechen möchten, dann sprechen Sie sie laut vor Gott aus, im Gebet. Nicht leise, sondern wirklich laut. Hören Sie sich selbst dabei zu, wenn Sie Ihre Gedanken vor Gott bringen und denken Sie nicht, Gott könnte nicht damit umgehen. Keine menschliche, noch so absurde Gedankenwelt ist Gott zu fremd, als dass er sie sich nicht anhören würde.

Es bringt übrigens nichts, wenn man versucht, die unerwünschten Gedanken zu verdrängen oder zu unterdrücken. Um sie loszuwerden, muss man sie am „Schlafittchen“ packen und ihnen ins Gesicht sehen: Warum ärgere ich mich ständig über diesen Menschen und wünsche ihm nichts Gutes?

Oder: In welcher Stimmung und Tagessituation bin ich besonders anfällig dafür, gewisse Bilder vor meinem inneren Auge zu sehen? Wenn Sie wissen, was der tiefere Grund oder der Auslöser für Ihre Gedanken ist, dann können Sie ihre Gedanken und Ihr Verhalten auch leichter entsprechend ändern.

Keine menschliche, noch so absurde Gedankenwelt ist Gott zu fremd, als dass er sie sich nicht anhören würde.

Durchschaut

Was Gott zu unseren Gedanken sagt und ob er uns im Umgang mit ihnen helfen will, können wir in der Bibel nachlesen. Deswegen einige Bibelstellen zum Thema:

Gott kennt unsere Gedanken, er durchschaut sie und uns. Wir brauchen auch gar nicht so zu tun, als hätten wir keine negativen Gedanken. Gott kennt sie, so wie er uns bis in unser Innerstes kennt.

Gott lässt uns nicht im Regen stehen

Aber Gott bleibt nicht dabei stehen, indem er sagt „Ja, ich kenne deine Gedanken und nun sieh' mal zu, wie du damit klar kommst.“

Er bietet uns Möglichkeiten an, sie bei ihm los zu werden. Das geschieht, indem er uns Vergebung anbietet. Wenn wir sie in Anspruch nehmen, dann brauchen wir uns über vergangene negative Gedanken keinen Kopf mehr machen: Gott hat sie vergeben, er denkt nicht mehr an sie – dann brauchen wir sie uns auch nicht mehr vorhalten.

Zum anderen bietet Gott uns aber auch die Möglichkeit, unsere Gedankenwelt zum Positiven hin zu verändern. Wie sieht das praktisch aus? Paulus empfiehlt den Korinthern die „Waffenrüstung Gottes“ anzulegen:

„Ich setze nicht die Waffen dieser Welt ein, sondern die Waffen Gottes. Sie sind mächtig genug, jede Festung zu zerstören, jedes menschliche Gedankengebäude niederzureißen, einfach alles zu vernichten, was sich stolz gegen Gott und seine Wahrheit erhebt. Alles menschliche Denken nehmen wir gefangen und unterstellen es Christus, weil wir ihm gehorchen wollen“ (2.Korinther 10,4-5).

Wenn Paulus hier von Waffen spricht, dann ist das bildhaft zu verstehen. Die „Waffen Gottes“ finden wir in den Aussagen der Bibel. Wenn wir zum Beispiel negative Gedanken über uns selbst haben, dann ist Psalm 139 z.B. eine „Waffe Gottes“, die wir dagegen setzen können. Dort wird beschrieben, wie wertvoll der einzelne Mensch in Gottes Augen ist.

Die „Waffen Gottes“ zu gebrauchen, bedeutet für mich: Ich lebe bewusst in Gottes Gerechtigkeit, ich vertraue darauf, dass Jesus für meine Schuld gestorben ist und mir ein neues Leben geschenkt hat. Und es bedeutet für mich: Leben in und mit dem Wort Gottes – der Bibel. Wenn man regelmäßig in ihr liest, fängt der Heilige Geist an, durch sie die Gedanken und Einstellungen eines Menschen zu ändern:

„Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird“ (Römer 12,2a).

Die „Waffen Gottes“ zu gebrauchen, bedeutet für mich: Ich lebe bewusst in Gottes Gerechtigkeit, ich vertraue darauf, dass Jesus für meine Schuld gestorben ist und mir ein neues Leben geschenkt hat.

Fazit

Von unserer Seite aus braucht es dazu die Bereitschaft, sich verändern zu lassen. Das kann geschehen, indem man Dinge meidet, die einem schaden oder sich neu ausrichtet, indem man sich überlegt: Was will ich stattdessen denken und tun.

Gott zu danken oder darüber nachzudenken, wer er ist und was er Gutes im eigenen Leben getan hat, ist auch eine Möglichkeit, negativen Gedanken Einhalt zu gebieten. Auch hier ein praktischer Rat: Wenn Sie gerne singen, dann singen Sie ein Lobpreislied (falls bekannt), das Ihre Gedanken auf Gott, seine Liebe und seine Möglichkeiten richtet.

Gott will Ihnen auf jeden Fall dabei helfen, reine Gedanken zu haben. Er möchte nicht, dass wir uns mit negativen Gedanken belasten, aber er weiß auch um unsere Schwächen. Sicher wird es nicht von heute auf morgen geschehen, dass negative Gedanken verschwinden. Aber vielleicht werden die Zeitspannen ohne sie immer länger und die Verzweiflung und das schlechte Gewissen weniger.
 

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