Navigation überspringen
© Stephanie Hofschlager / pixelio.de

25.10.2012 / Sexualität / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Nelli Löwen

Wie mache ich mein Kind stark?

Tipps für Eltern, damit ihr Nachwuchs nicht in die Pornofalle tappt.

Pornographie ist ein Tabuthema – zumal im Gespräch zwischen Kindern und Eltern. Das sollte sich ändern. Viel steht auf dem Spiel: Dem Heranwachsenden wird eine gesunde sexuelle Entwicklung erschwert, wenn er häufig mit pornographischen Bildern und Filmen konfrontiert wird.

Regelmäßiger Pornokonsum kann zum Beispiel dazu führen, dass sich die Einstellung zum anderen Geschlecht negativ verändert. Frauen werden in den Darstellungen beispielsweise als Sexobjekte betrachtet und nach ihren Kurven und ihrer Attraktivität gemessen, statt in ihrem ganzen Wesen wahrgenommen zu werden. Das hat nicht nur Konsequenzen für das Selbstbewusstsein der Pornodarstellerinnen. Auch generell macht es Frauen selbstkritischer was ihr Aussehen betrifft. Die Dr. Sommer-Studie von 2009 spiegelt dies: Die Zufriedenheit der Mädchen mit ihrem Körper ist laut dieser deutlich gesunken. Diese Unzufriedenheit kann in einer Partnerschaft noch wachsen, wenn der Mann die Frau (teilweise vielleicht auch unbewusst) mit Pornodarstellerinnen vergleicht und ihr dadurch das Gefühl gibt, nicht schön genug zu sein.

Auch für die Jungen bleibt der Zugriff auf die erotischen Bilder und Filme nicht ohne Folgen. Psychologische Lerngesetze besagen, dass Dinge, die häufig gemacht oder gesehen werden, sich bei einem Menschen stark einprägen. Das, was konsumiert wird, beeinflusst also das Verhalten eines Menschen. Das gilt auch bezüglich der Pornographie: Die Gefühle, die ein Jugendlicher beim Pornokonsum hat, prägen sich u. U. fest ein und drücken sich in seinen Einstellungen aus. Das ist nicht verwunderlich, denn die Reaktionen und Emotionen, die im Körper durch Pornokonsum ausgelöst werden, befriedigen ihn, sodass der Heranwachsende mehr davon erleben möchte. Es besteht die Gefahr einer Abhängigkeit.  

Häufiger Konsum  kann außerdem die Hemmschwelle zur sexuellen Gewalt mindern.  In einem Pornofilm hat die Frau ja schließlich auch immer Lust auf Sex, warum sollte das in Wirklichkeit anders sein? Nicht jedem ist klar, dass diese Darstellung nicht der Realität entspricht. Laut dem Weißen Kreuz, einer christlichen Organisation für Sexualethik und Seelsorge, sind Jungen mit täglichem Pornokonsum fast dreimal so oft Täter von irgendeiner Form von  sexuellen Missbrauch wie seltene Konsumenten (27% vs. 11%).1

Kinder müssen gestärkt werden

Das Weiße Kreuz ermutigt Eltern deswegen: „Es braucht starke Kinder, um NEIN sagen zu können. Im Internet muss Pornografie nicht gesucht werden. Im Internet muss sich das Kind aktiv dagegen entscheiden. Machen Sie Ihr Kind stark!“ Lediglich der Wunsch der Eltern, ihren Heranwachsenden in dieser Thematik Rückgrat zu geben, reicht nicht aus. Schritte müssen folgen, um dem Nachwuchs tatsächlich zu helfen.

Zur Vorsorge gehören zum einen praktische und technische Maßnahmen. Steht der Computer in einem gemeinschaftlich genutzten Raum der Wohnung, erhöht das zum Beispiel die Hemmschwelle, unkontrolliert im Internet zu surfen und Pornoseiten aufzurufen. Auch der Gedanke, dass jemand den Verlauf der zuletzt aufgerufenen Internetseiten durchschauen kann, könnte den Jugendlichen bremsen, diverse Seiten aufzurufen. Zum ausgewählten Standplatz des Computers bietet auch geeignete Filter-Software auf PC und Smartphone Schutz vor unerwünschten Kontakt mit pornografischem Material.

Folgende Organisationen bieten Prävention und Schulung im Bereich Pornografie: return-mediensucht.de, weißes-kreuz.de und Safersurfing. Die Organisation Safersurfing hat eine spezielle Website für Eltern als Ratgeber für Umgang mit Pornokonsum vom Nachwuchs online gstellt. Außerdem gibt es über nacktetatsachen.at ebenfalls hilfreiche Informationen.

Vertrauensvolle Beziehung

Neben praktischen Hilfen ist eine vertrauensvolle Beziehung wichtig. Auf einer solchen Basis können Vater und Mutter mit ihren Kindern über Sexualität sprechen. Ihre Vorstellung von Liebe und körperlicher Intimität prägen das Kind. Diese Prägung sollte frühzeitig und altersgemäß geschehen und nicht erst wenn man Indizien für einen Pornokonsum erkennt. Die Erziehungsberechtigten sollten sich vor Augen halten, dass bereits Vorschulkinder sexuelle Wesen sind, selbst wenn sie ihre Sexualität noch nicht ausleben. Die Vagina und der Penis sind ein Teil des Körpers, wie die Hand oder der Fuß, auch wenn sie einen persönlichen Bereich betreffen. Schon einem Kindergarten- oder Grundschulkind können Eltern vermitteln, dass Gott die Unterschiede der Geschlechter gewollt hat und sich darüber freut, dass Menschen sexuelle Wesen sind. Daneben können sie aufzeigen, dass Erwachsene mit dieser wunderschönen Sache Dinge tun, die nicht gut oder richtig sind.

Philipp Pöschl, Referent von der Organisation Safersurfing, zeigt anhand eines Beispiels aus seiner Familie, wie man altersgemäß über ungute Formen der Sexualität reden kann: Hat sein 6-jähriges Kind ein Plakat mit einem aufreizendem Dessous-Model gesehen, hat Pöschl ihm erklärt , dass es nicht gut ist, wenn „Mamas“ sich öffentlich so zeigen. Durch solche kleinen alltäglichen Impulse bekomme ein Kind ein Gefühl für gesunde Sexualität. Es wird zum Nachdenken angeregt und sensibilisiert, um Botschaften im sexuellen Bereich besser filtern zu können. Pöschl betont außerdem den Gedanken, dass  Aufklärung quasi mit der Geburt ihren Startpunkt haben sollte. Es sei außerordentlich wichtig, als Eltern die erste Botschaft bezüglich Liebe und Sexualität zu setzen, da sie das Kind prägt.

Ein Gespräch mit gegenseitiger Wertschätzung

Ab der Pubertät reichen solche allgemeinen Denkanstöße jedoch nicht mehr aus. Der Erstkontakt mit Pornographie lag 2008 bereits bei 50 % der Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und vierzehn Jahren. Da die Problematik rund 80% aller 16- bis 19-jährigen mehr oder weniger stark betrifft, sollte das heiße Eisen rechtzeitig angesprochen werden.

Der Artikel "Generation Porno?" thematisiert die Bedeutung pornographischer Web-Inhalte für Jugendliche.

Ergibt sich eine Gelegenheit, können Eltern sich zum  Beispiel erkundigen, ob der Heranwachsende im Freundeskreis schon pornographisches Material gesehen hat und wie es ihm damit ergangen ist. Dabei spielt der Ton im Gespräch eine wichtige Rolle. Eine moralisierende Gesprächsführung, bei der Eltern dem Jugendlichen mit erhobenem Zeigefinger alle möglichen Folgen von Pornographiekonsum aufzeigen, führt voraussichtlich nicht weit. Stattdessen wird der Teenager in die Defensive gedrängt und zukünftige Gespräche über das Thema meiden. Auf diese Art und Weise schaffen es Eltern nicht, eine wertschätzende Kommunikation mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter aufzubauen. Diese ist jedoch wichtig, damit der Jugendliche die Ratschläge seiner Eltern beherzigt.

Besser wäre, wenn Eltern beispielsweise nachhaken, wenn sich der 12-jährige ein Smartphone wünscht. Sie können diese Gelegenheit nutzen und ihn fragen: „Mit einem Smartphone hast du grundsätzlich Zugang zur Pornografie. Wie willst du dich davor schützen?“ Vater und Mutter  sollten offen mit dem Teenager kommunizieren, jedoch nicht verurteilend oder rigoros verbietend. Nur so bekommt der Heranwachsende die Möglichkeit, seine Gedanken zu dieser Thematik auszusprechen, ohne Angst zu haben, von seinen Eltern nicht verstanden zu werden.

Für das Gespräch sollten Eltern eine eigene klare Haltung zur Thematik haben, um hilfreich argumentieren zu können. Dem Erwachsenen muss klar sein, welche Werte er vertritt und warum er gewisse Dinge ablehnt.

Lohnt sich dieser ganze Aufwand? Können Eltern mit diesen doch recht kleinen Hilfestellungen ihren Sprössling tatsächlich unterstützen und gegenüber Pornographie stark machen? Philipp Pöschl meint: „Eltern können ihre Kinder zwar nicht vor der Konfrontation mit diesem Problem schützen. Sie können ihre Kinder jedoch im Umgang mit dieser Problematik anleiten.“ Eine solche Anleitung kann Jugendlichen den Rücken stärken, sich bewusst gegen das schmutzige Geschäft mit Sexbildern und –filmen zu positionieren, bevor sie beginnen,  selbst Pornos zu konsumieren. Vorsorge ist besser als Nachsorge - und das gilt eben auch im Bereich der Pornografie!


1 Angaben nach dem Weißen Kreuz, Broschüre Arbeitsheft Nr. 1: Pornografie, Seite 6

 

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (4)

Stefan /

Auch ein differenzierter Blick auf Erotik und Pornographie wird die Chancen einer erfolgreichen Kommunikation erhöhen. Eine grundsätzliche Verteufelung ist für Jugendliche sicher nicht nachvollziehbar. Eltern sollten vielmehr zu einem verantwortungsvollen Umgang anleiten.

Regina /

Phil vom genannten Verein hat einen Online Video Kurs gestalltet der auch für Eltern gedacht ist hier der Link http://www.loveismore.de/kurs/

Jaques L. /

Wie sagte Seneca: Wenn Männer anfangen die Götter zu verspotten und Frauen durchsichtige Kleider tragen, ist das Ende einer Epoche gekommen.

Dorothea I. /

Das fängt ja schon an bei der Kleiderwahl. Wie oft habe ich Mädchen von 14 Jahren mit Miniröckchen und freizügigem Topgesehen. Muss das sein? Muss man und frau jede x-beliebige Mode mitmachen? Ich mehr

Das könnte Sie auch interessieren