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© Sebastiaan Stam / unsplash.com

31.03.2020 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Johannes Kolk

Hass macht Spaß!?

Feindseligkeit ist fester Bestandteil der Medien. Warum man überlegen sollte, was man konsumiert.

Streit und Hass als Unterhaltungsgarant

Nicht nur in Kommentaren unter Youtube-Videos sind Streit und Hate Speech allgegenwärtig. Auch in der aktuellen Medienlandschaft begegnet man immer wieder Rücksichtslosigkeit und Mobbing. Im Fernsehen boomen Formate, die auf die Zur-Schau-Stellung von Personen in extremen Umständen abzielen. Was mit gut gemeinten Späßen in „Verstehen Sie Spaß“ begann, ist mittlerweile zu einem schonungslosen Bestrafen von Leuten in abgelegenen Dschungelcamps geworden. Der schelmisch lächelnde Frank Elstner, der sich stets darum bemühte, den Menschen trotz der Streiche ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern, wurde ersetzt durch Moderatoren, die gezielt emotionale Ausbrüche provozieren und denen ihr Gegenüber scheinbar egal ist.

Was mit gut gemeinten Späßen in „Verstehen Sie Spaß“ begann, ist mittlerweile zu einem schonungslosen Bestrafen von Leuten in abgelegenen Dschungelcamps geworden.

In der Musikbranche zeigt sich ein ähnliches Bild. Deutsch-Rap dominiert die Charts. Und was hier textlich vermittelt wird, ist durchaus fragwürdig. Selbstdarstellung ist der Schlüssel zum Erfolg. Neben dem Zur-Schau-Stellen von Luxus steht vor allem eins im Vordergrund: Das Beleidigen der anderen. Wo die fantastischen Vier in den Neunzigern noch freundlich grüßten, beginnen Rapper wie Apache 207 ihre Hits mit: „Du Bastard, du Schwätzer, Du kannst viel, aber Mann sein nicht.“ Das klingt erstmal gar nicht freundlich. Aber ist das wirklich so schlimm? Kunst ist Kunst und das sollte man doch von realen Motiven unterscheiden können, oder?
 

Dazu an dieser Stelle drei Gedanken über Medien, ihren Einfluss auf unser Denken und den persönlichen Umgang damit:

1. Medien nehmen Einfluss auf mein Verhalten.

Obwohl ich die Texte und Ansichten von Apache 207 nicht im geringsten teile, ertappe ich mich selbst doch dabei, sie zu zitieren, wenn ich durch die Stadt laufe. Warum?! Der Schweizer Kommunikationscoach Markus Knill schreibt dazu: „Es gibt keine Immunität gegen Beeinflussung.“ Verstehe ich. Trotzdem bin ich verwundert darüber, dass ich scheinbar so unreflektiert nachsinge, was ich eigentlich gar nicht unterstützen möchte. Auch dafür liefert Markus Knill eine Erklärung: Persönlichkeit und Stimme sind viel wichtiger für die Beeinflussung als der eigentliche Inhalt.

Persönlichkeit und Stimme sind viel wichtiger für die Beeinflussung als der eigentliche Inhalt.  Markus Knill

Das macht Sinn. Die Musik von Apache 207 ist gut produziert und hat Ohrwurmpotenzial. Ich öffne mich dem und ehe ich mich versehe, kreisen seine Texte in meinem Kopf herum - auch wenn ich diese gar nicht mag. Persönlichkeit und Stimme (beziehungsweise Ausstrahlung und Musik des Künstlers) faszinieren mich und lassen den Inhalt zweitrangig werden.

Ein weiterer essentieller Bestandteil von Beeinflussung ist Wiederholung. Laut einer Studie von ARD/ZDF verbringt der Durchschnittsdeutsche 7 Stunden am Tag mit dem Nutzen von Medieninhalten. Das schließt selbstverständlich auch die oben genannten Formate mit ein. Und damit tritt ein Gewöhnungseffekt ein: was mich vielleicht früher noch abschreckte, wird normal.  Unterhaltung ist wichtig, macht Spaß und kann ein wichtiges Element im Bewältigen des Alltags sein. Aber deshalb vorbehaltlos konsumieren kann zum Problem werden. Denn was wir konsumieren beeinflusst uns, ob wir es wollen oder nicht.

2. Die Macht der Konsumenten

Mobbing und Hate Speech sind allgegenwärtig in den Medien, die ich regelmäßig konsumiere. Aber man muss sich bei dem Ganzen vor Augen halten: Die Medienmacher sind nicht darauf aus, mich zu manipulieren! Ich glaube nicht, dass die Deutsch-Rapper oder Reality-TV Redakteure dieser Zeit mit Absicht schlechte Ansichten und Werte verbreiten wollen. Sie erkennen vielmehr, was erfolgreich ist und orientieren sich daran. Tabubrüche haben eben schon immer funktioniert.

Aber was wäre wenn dem nicht mehr so ist? Wenn zum Beispiel niemand mehr Reality-TV-Formate schauen würde, bei denen Menschen öffentlich vorgeführt und gedemütigt werden? Konsumenten haben, wie bei so vielem, Macht. Was keiner hört oder schaut, wird weniger oder nicht mehr produziert. Wenn jeder darauf achtet, was er sich ansieht, und abwägt ob es gut oder schlecht ist, könnte viel Diskriminierung in Medien verhindert werden.

3. Ich entscheide, was ich konsumieren will

Ich bin dem aktuellen Treiben nicht schonungslos ausgesetzt und kann selbst frei entscheiden, mit was ich meine Gedanken „füttere“. Die Fülle an medialen Alternativen, die meine Gedanken positiv beeinflussen ist größer als man vielleicht denkt. Klar, man muss sie suchen, aber diese Suche lohnt sich! Und auch wenn Medieninhalte mich beeinflussen, ich bin keine willenlose Marionette. Letztlich habe ich selbst die Wahl wie ich handle, was ich sage und wie ich mit anderen umgehe.

Über äußere Einflüsse nachzudenken und ehrlich zu reflektieren kann dabei hilfreich sein. Wie verhalte ich mich? Warum mache ich das? Habe ich eventuell unbewusst etwas übernommen, was eigentlich Unfrieden stiftet? Diese Fragen können beim Reflektieren über den eigenen Medienkonsum und dessen Einflüsse helfen. In der Bibel schreibt Paulus: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten“ (1. Korinther 6, 12a). Sorgfältiges prüfen von dem, was mich beeinflusst, hilft dabei, Hate Speech zu vermeiden und Streit nicht destruktiv werden zu lassen.

Fazit: Ich bin es mir selbst wert!

Natürlich wäre es wahnsinnig verkürzt zu sagen: „Wer Deutsch-Rap hört oder das Dschungelcamp guckt wird zum Mobber!“ Solche vereinfachten Ursache-Folge Ketten gibt es nicht. Dieser Artikel soll auch kein Aufruf zum Boykott von irgendetwas sein. Jeder darf frei entscheiden, was er  in seinen durschnittlichen 7 Stunden Medien pro Tag so anstellt. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass ich mir selbst und anderen einen Gefallen tue, wenn ich nicht alles aufnehme, was mir so geboten wird. Es ist gut Inhalte zu suchen, die positive Botschaften vermitteln und ein faires Miteinander fördern. Reflektiert Konsumieren ist hier die Devise.

Es ist gut Inhalte zu suchen, die positive Botschaften vermitteln und ein faires Miteinander fördern. Reflektiert Konsumieren ist hier die Devise.

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 Johannes Kolk

Johannes Kolk

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Kommentare (1)

Jens R. /

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