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© Kevin Mueller / unsplash.com

03.01.2020 / Andacht / Lesezeit: ~ 9 min

Autor/-in: Steffen Brack

Alle Zweifel inklusive

Das Vorbild für echtes Gottvertrauen – Abraham.


Ein Glaubensvorbild, das um sein Gottvertrauen ringt. Und dem die eigene Lage zuweilen hoffnungslos erscheint. Ein ehrlicher Blick auf die Geschichte Abrahams. Und was Gott aus seinem Leben gemacht hat.
 

Auf den ersten Blick unwirklich und groß

Aus der Entfernung wirken Berühmtheiten meistens beeindruckender, als sie in Wahrheit sind. Vor Jahren war ich als Zuschauer bei der Fernsehshow „Wetten dass“. Die gibt es heute schon gar nicht mehr. Aber verblüfft stellte ich damals fest: Der Erfinder und damalige Moderator der Show, Frank Elstner, ist in Wirklichkeit viel kleiner, als ich gedacht hatte. Kannte ich ihn bis dahin nur aus dem Fernsehen, stand er doch mit einem Mal direkt neben mir. Dick geschminkt. Und er wirkte viel zerbrechlicher als auf dem Fernsehschirm.

So geht es mir auch oft mit den Persönlichkeiten der Bibel. Sie erscheinen mir auf den ersten Blick unfassbar groß. Und unerschütterlich in ihrem Gottvertrauen. Doch bei einem genaueren Blick auf die biblischen Berichte über ihr Leben, stelle ich immer wieder fest: auch die Glaubensheldinnen und -helden waren offenbar wirkliche Menschen. Mit all ihren Stärken. Und mit ihren Schwächen. Und mit ihrem Kampf darum, Gott zu vertrauen. Auch wenn offensichtlich alles dagegen sprach.
 

Ein mutiger Schritt – im Vertrauen auf Gottes Zusage

So ist auch die Geschichte Abrahams für mich so durch und durch menschlich. Auf der einen Seite. Und andererseits ist sein Leben und das seiner Frau derart verflochten mit Gottes Plänen, dass ich hier doch viel mehr als die Geschichte zweier Menschen vor mir habe. Staunend wird mir bewusst: in den Berichten der Bibel über Abraham und seine Frau Sara begegne ich der Geschichte zweier Menschen – zweier wirklicher Menschen mit all den Höhen und Tiefen ihres Lebens – und gleichzeitig ist es die Geschichte davon, wie Gott in ihr Leben spricht und eingreift. Das macht mir Mut:

Gott lässt sich offenbar auf echte Menschen ein. Auf Menschen wie Sie und mich. Und auch mit Ihnen und mit mir will er seine Geschichte fortsetzen.

 

Abrahams Geschichte, zumindest das, was davon in der Bibel berichtet wird, beginnt mit der kurzen Notiz, dass er Terachs Sohn ist. Und dass er Sara heiratet, die aber keine Kinder bekommt (1 Mose 11,27-32). Eine kurze Bemerkung, die aber einen Großteil ihres weiteren Weges bestimmen wird. Außerdem erwähnt der biblische Bericht: Terach zog mit seinem Sohn Abraham und dessen Frau Sara von der Stadt Ur, im heutigen Südirak, weit in den Westen nach Haran, im Südosten der heutigen Türkei. Wieviel Zeit danach verging, bis Gott sich bei Abraham meldete, wird nicht berichtet. Aber als Gott zu Abraham die entscheidenden Worte sprach, die sich auf das Schicksal der ganzen Welt auswirken sollten, da war Abraham bereits 75 Jahre alt (1 Mose 12,4): „Gott sagte zu Abraham: »Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde!“ (1 Mose 12,1).

Und dann heißt es einfach: „Da zog Abraham los, wie Gott zu ihm gesagt hatte.“ (1 Mose 12,4) Mit diesen wenigen Worten wird das große Gottvertrauen Abrahams beschrieben. Gott sagte zu ihm: Geh los! Und Abraham macht sich auf den Weg. Genauso, wie Gott zu ihm gesagt hatte. Er ist 75 Jahre alt. Und das Leben als Nomade, das ihm und seinen Leuten bevorsteht, ist damals ziemlich riskant. Vor etwa 4.000 Jahren. Doch offensichtlich verlässt er sich voll und ganz auf Gottes Zusagen.
 

Die ersten Schwierigkeiten

Gott spricht erneut zu Abraham. Und er sagt ihm zu, seinen Nachkommen das Land Kanaan zu geben, in dem sich Abraham mittlerweile aufhält (1 Mose 12,7). Doch trotz dieser ermutigenden Erfahrung, beginnen anschließend die Schwierigkeiten. Eine schwere Hungersnot sucht das Land heim. Und Abraham flieht mit seiner gesamten Karawane ins benachbarte Ägypten. Aber in Ägypten gilt er als Ausländer. Eine Tatsache, die im Altertum gefährlich werden konnte. Denn Ausländern wurden in vielen Landstrichen wenig Rechte eingeräumt. Und Abrahams Angst ist so groß, dass er seine Frau Sara als seine Schwester ausgibt. Damit niemand ihn tötet, weil er die immer noch schöne Sara zur Frau begehrt (1 Mose 12,7-13). Eine Halbwahrheit zwar. Gelogen ist es aber trotzdem. Wodurch eine Menge Leute in ersthafte Probleme geraten (1 Mose 12,14-20).

Obwohl Abrahams Unwahrheit das Schlamassel ausgelöst hat, steht er am Ende auch noch als Gewinner da. Weil Gott mit drastischen Mitteln Sara davor geschützt hatte, dass der Pharao, der König Ägyptens, sie zur Frau genommen hat. Und zurück in Kanaan erneuert Gott noch einmal seine Zusage an Abraham: „Das ganze Land, alles, was du jetzt siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben – für immer!“ (1 Mose 13,15).
 

Tief enttäuscht – von Gott

Nach einigen turbulenten Jahren, erscheint Gott dem Abraham in einer Art Vision: „Fürchte dich nicht, Abraham, ich selbst bin dein Schild und schütze dich; dein Lohn wird sehr groß sein.“ (1 Mose 15,1). Eine weitere großartige Ermutigung. Aber die kommt beim Empfänger offenbar gar nicht an. Denn Abraham entgegnet Gott: „Herr, mein Gott, womit willst du mich denn belohnen? Ich sterbe ohne Kinder, und meinen Besitz erbt mein oberster Diener Eliëser.“ (1 Mose 15,2).

Nach all der Zeit ohne festen Wohnsitz – und noch immer ohne Kind – bricht der ganze Frust aus Abraham heraus. Das Kind, das Gott ihm bei seinem Weggang aus Haran versprochen hatte – es lässt immer noch auf sich warten. Und Abraham hat jede Hoffnung verloren, dass Gott dieses Versprechen noch einmal erfüllen wird. Und wiederholt seine bittere Klage: „Sieh doch, du hast mir keine Kinder gegeben.“ (1 Mose 15,3). Ich weiß nicht, ob ich so offen mit Gott über meine tiefsten Enttäuschungen reden kann. Aber Abraham tut genau das. Ob das überhaupt noch irgendetwas mit Glauben an Gott zu tun hat? Das ist ihm ganz egal. Und nachdem von Gottes großer Zusage bislang absolut nichts zu sehen ist, glaubt Abraham auch gar nicht mehr daran.
 

Getröstet und ermutigt – von dem Gott, der seine Leute nicht aufgibt

Ich frage mich auch: was hätte ich nun an Gottes Stelle getan? Mich beleidigt zurückgezogen – bei so wenig Vertrauen? Dem undankbaren Abraham eine anständige Standpauke verpasst? Und wieder merke ich: Gott reagiert ganz anders. Er führt Abraham hinaus in die Dunkelheit der Nacht und spricht zu ihm: „Sieh hinauf zu den Sternen am Himmel! Kannst du sie zählen? So unzählbar werden deine Nachkommen sein.“ (1 Mose 15,5). Gott erneuert seine Zusage. Mit dem einprägsamen Bild der Sterne am Nachthimmel. Und jeden Abend, wenn es dunkel wird, kann Abraham sich daran erinnern: Gott hat es mir noch einmal versprochen. Ich werde ein Kind haben. Ganz gewiss. Und so verwandelt Gott den Zweifel des tief enttäuschten Abraham in neuen Glauben: „Abraham glaubte Gott, und so wurde er von Gott angenommen.“ (1 Mose 15,6). Wenn Gott das damals gelungen ist, warum sollte er das nicht auch heute bewerkstelligen können? Bei Ihnen und bei mir.
 

Wer zuletzt lacht … - große Freude nach etlichen Irrwegen

Wer Abrahams und Saras Geschichte kennt, der weiß: sie sind noch manche Irrwege gegangen, in ihrer Sehnsucht nach dem versprochenen Nachkommen. Der Gipfel war sicherlich der Versuch, mithilfe einer Dienerin Saras – der Ägypterin Hagar – für den schmerzlich vermissten Nachwuchs zu sorgen. Mit ihr sollte Abraham ein Kind zeugen. Eine Idee Saras. Und so geschah es auch. Die ganze Angelegenheit hat zuletzt einen großen Scherbenhaufen hinterlassen. Zwei tief verletzte Frauen, Sara und Hagar, und einen Vater, der sich zwischen zwei geliebten Söhnen entscheiden muss (1 Mose 16; 21,9-21). Denn Ismael, der Sohn Abrahams und Hagars, war nicht der Nachkomme, den Gott dem Abraham versprochen hatte.

Und so erschien Gott noch einmal dem Abraham. Und erklärte ihm: „Ich will deine Frau Sara segnen und dir auch von ihr einen Sohn schenken. Ich segne sie so, dass sie die Mutter ganzer Völker wird, sogar Könige werden von ihr abstammen.“ (1 Mose 17,16). Das konnte nun niemand mehr missverstehen. Auch Abraham nicht.

Doch seine Reaktion entsetzt mich, den frommen und braven Bibelleser. Aber vielleicht ist sie auch ganz natürlich: Abraham lacht. Und er denkt bei sich: „Ich bin hundert Jahre alt, da soll mir noch ein Sohn geboren werden? Und Sara ist neunzig, da soll sie noch ein Kind zur Welt bringen?“ (1 Mose 17,17). Ja, das erscheint tatsächlich völlig unmöglich. Und das ist es wohl auch. Aber Gott lässt keinen Zweifel daran: genau das ist sein Plan. Das, was für Menschen vollkommen unmöglich ist. Das ist genau das, was Gott tun will. Irgendwie ist das typisch für ihn. Deshalb wiederholt Gott es noch einmal für Abraham, sozusagen zum Mitschreiben: „Nein! Deine Frau Sara wird dir einen Sohn gebären, den sollst du Isaak nennen. Ihm und seinen Nachkommen gilt meine Zusage für alle Zeiten.“ (1 Mose 17,19).

Ismael, Abrahams Sohn mit Hagar, will Gott ebenfalls zu einem großen Volk machen. Aber seine Verheißung, durch Abrahams Nachkommen die ganze Welt zu segnen – diese Verheißung will Gott durch Isaak erfüllen. (1 Mose 17,20). Und damit es nun nach 24 Jahren Wanderschaft durch das Land Kanaan keine Missverständnisse mehr gibt, offenbart Gott auch seinen Zeitplan: in einem Jahr wird das Kind geboren. Isaak, was so viel heißt wie: „er lacht“ (1 Mose 17,21). Als Abraham von Gottes hochfliegenden Plänen hört, lacht er still und heimlich in sich hinein. Was Gott wohl nicht verborgen bleibt. Aber das spöttische Lachen Abrahams wird übertönt werden. Durch die Freude und das Lachen, die Isaaks Geburt auslösen wird.
 

Ein Lachen auf zwei Kinderbeinen – Isaak ist da!

Aber nicht nur Abraham muss lachen, als er Gottes verwegenen Plan erfährt. Sara geht es genauso. In der Gestalt eines durchreisenden Mannes – und wie es aussieht begleitet von zwei Engeln – sucht Gott die kinderlosen Eheleute auf. Und er kommt noch einmal auf das zu sprechen, was mit ihnen geschehen soll: „Nächstes Jahr um diese Zeit komme ich wieder zu dir, dann wird Sara, deine Frau, einen Sohn haben.“ (1 Mose 18,10).

Sara lauscht vom Eingang des Zeltes aus. Und sie reagiert ebenso wie ihr Mann: „Sie lachte in sich hinein und dachte: »Jetzt, wo ich alt und verwelkt bin, soll ich noch ein Kind empfangen? Und mein Mann ist auch viel zu alt!“ (1 Mose 18,12). Über die Wechseljahre ist sie längst hinaus. Und soll sie mit 90 Jahren noch einmal Lust auf Sex haben? So heißt es im hebräischen Text. Und Gott fragt: „Warum lacht Sara? Warum zweifelt sie daran, dass sie noch ein Kind gebären wird? Ist für Gott irgendetwas unmöglich?“ (1 Mose 18,13-14). Und schon ist Sara zur Stelle: „»Ich habe nicht gelacht!« log sie aus Furcht. Aber Gott erwiderte ihr: »Doch, du hast gelacht!«“ (1 Mose 18,15).

Und dann geschieht, was Abraham und Sara seit Jahrzehnten so sehnsüchtig herbeigefleht haben. Endlich. Sara wird schwanger. Und sie bringt einen Sohn zur Welt. Genau zu der Zeit, die Gott den beiden genannt hatte (1 Mose 21,1-2). Und er bekommt den Namen Isaak – das heißt „er lacht“. Und Sara fasst ihre Freude so zusammen: „Gott hat dafür gesorgt, dass ich lachen kann. Alle, die davon hören, werden mit mir lachen.“ (1 Mose 21,3.6).

Mir kommt es so vor, als ob Gott selbst mitlacht an diesem Tag. Nicht um das tapfere Ehepaar auszulachen, das so lange und ausdauernd um sein Gottvertrauen gerungen hat. Sondern um sich mit ihnen zu freuen. Und mit allen, die ihre Geschichte noch Jahrhunderte später hören werden. Oder lesen. Und wie wird es den beiden ergangen sein, wenn sie ihren Sohn rufen? „»Er lacht!« Komm nach Hause. Das Abendessen ist fertig!“. Ob sie dann an ihr ungläubiges Lachen zurückdenken? Als sie einfach nicht glauben konnten, dass Gott – ausgerechnet an ihnen – das Unmögliche möglich machen will. Und jetzt läuft es auf sie zu, verschwitzt und ausgelassen. Und ruft: „Was gibt’s denn zum Abendessen?“

 Steffen Brack

Steffen Brack

  |  Coach Evangelisation & Follow-Up

Theologe und Redakteur, verheiratet, drei Kinder. Begeistert von Gottes unerschütterlicher Liebe.

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