Angefangen hatte es ganz anders. Geplagt von Ängsten und Alpträumen war ich glücklich, als ich Gott kennen lernte. Ich betete und die Alpträume wurden weniger bedrohlich und seltener. Ich las in der Bibel und Gott sagte mir dadurch, dass er mich lieb hat. Ich hatte eine große Sehnsucht nach einem erfüllten Leben mit ihm. Doch irgendwie ging das im Laufe der Jahre verschütt. Gesetze, Regeln und Erwartungen – auch an mich selber – bestimmten mein Leben immer mehr. Gott empfand ich immer mehr als Antreiber, der forderte: „Du musst! Du sollst! Gib Dich auf! Mach´s mir Recht!“ Ein ausschließlich autoritäres und strafendes Gottesbild.
Das Gebet wurde zur Pflichtübung. Insgeheim war ich der Überzeugung, dass Gott sowieso macht, was er will und ich nur noch dafür beten kann, dass ich damit klar komme: „Selbst schuld, wenn nichts passiert! Zu wenig oder falsch gebetet. Nicht demütig genug, du dankst Gott zu wenig. Darum straft er Dich und überhört Deine Gebete!“ Dazu entstand die Haltung, allein für den „Erfolg“ meines Lebens verantwortlich zu sein: „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“. Trotzdem war ich christlich engagiert und betete brav. Ich hatte mich damit arrangiert – zutiefst von Gott und mir selbst enttäuscht.
Jahre später hatte ich eine tiefe Krise. Ich war so verzweifelt, ängstlich und wütend auf Gott, dass ich ihn massiv anklagte. Ich ließ alles heraus, was ich ihm immer schon mal sagen wollte: Verletzungen, Anklagen, Vorwürfe und geheime Gedanken. In dieser Zeit entdeckte ich die Psalmen, eine Liedsammlung der Bibel neu. Menschen in tiefsten Nöten beschreiben darin, wie sie zu Gott geschrieen hatten – genau wie ich. Das war entlastend und neu und unglaublich befreiend. In einem langen Prozess entdeckte ich Gott neu, jenseits aller Regeln, jenseits aller Ge- oder Verbote. Gott hat mich lieb, wie ich bin
Trotzdem fiel mir das vertrauensvolle Gebet weiterhin schwer. Als meine Mutter vor drei Jahren an Brustkrebs erkrankte bat ich meine Freundin, mit mir für meine Mutter zu beten – natürlich auch um Heilung. Alleine konnte ich das nicht. Mir fiel es noch immer schwer, konkret für eine Sache oder eine Person zu beten, weil ich Angst vor Enttäuschungen hatte. Ganz langsam tastete ich mich wieder ans Beten heran. Es fiel mir lange Zeit schwer, mich wirklich vertrauens- und erwartungsvoll mit Gott zu unterhalten. Insgeheim beneidete ich Leute, die das alles viel besser konnten und anscheinend dauernd tolle Erfahrungen mit Gott machten. Die Verzweiflung blieb.
Als vor einigen Monaten mein Sohn, der eine schwierige Schullaufbahn hat, trotz Übens wieder eine Vier schrieb und darüber zutiefst enttäuscht war, wagte ich es doch: Ich bat Gott, dass mein Sohn in der nächsten Mathearbeit eine Drei schreibt. Jeden Abend, nur diese kurze Bitte. Und dann kam er nach Hause, er hatte keine Drei, auch keine Zwei sondern tatsächlich eine Eins bekommen.
Ein erwartungsvolles Gebet wird beantwortet - nicht immer so, wie wir es wünschen. Aber Gott gibt über Bitten und Verstehen - und das macht beinahe automatisch dankbar! |
Gott erhört Gebete, auch wenn er nicht alle meine Wünsche erfüllt.
Früher nur ein billiger Spruch zum vertrösten, heute weiß ich, dass Gott es wirklich gut meint. Manche Wege bleiben schwierig. Doch ich bin überzeugt, dass wir uns mit allem vertrauensvoll an Gott wenden können und sollen. Ich bin überzeugt, dass er auch für meine Kinder eine Zukunft vorbereitet hat. Darum sind meine Sorgen bei Gott wirklich gut aufgehoben. Mein Gebetsleben ist oft noch kurz und zaghaft, aber erwartungsvoll. Und ich weiß, dass er sich immer um meine Belange kümmert, auch wenn es nicht danach aussieht. Ich kann Gott wieder vertrauen. Das macht mich sehr glücklich und verändert mein Leben.
„Der Herr spricht: Es soll mir eine Freude sein, ihnen Gutes zu tun!“
Jeremia 32,41
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