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© Joel Muniz / unsplash.com

12.05.2024 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Elisa Meyer

Am Ende des Tages

Wie du am Abend durch Gebet innerlich zur Ruhe kommen kannst.

Es wird Abend. Jetzt noch einige To-Dos erledigen oder den Tag lieber mit einer Serie abschließen?

Mein erster Blick geht häufig aufs Smartphone und ich verbringe mehr Zeit als ich möchte in einer virtuellen Welt, die mich entweder ablenkt oder mich mit scheinbar wichtigen Nachrichten überflutet. All das, was mich den Tag über beschäftigt hat – das aufmunternde Gespräch mit einem Kollegen, der seltsame Kommentar einer Bekannten oder die unerledigten Aufgaben – werden überladen mit neuen Informationen. Vielleicht kennst du das.

Was, wenn da eine Einladung wäre? Eine Einladung, all das Schöne und Schwierige mit jemandem zu besprechen? Mit jemandem, der zuhört und mit dem ich all meinen Ballast besprechen kann? Denn auch wenn es sich gut anfühlen kann, viel geschafft zu haben oder in eine virtuelle Welt einzutauchen, bleibt am Ende des Tages doch die Frage zurück, ob mein Herz dadurch zur Ruhe findet. Genau diese Ruhe verspricht Jesus denen, die zu ihm kommen. Er lädt uns ein: „Kommt alle her zu mir, die ihr müde seid und schwere Lasten tragt, ich will euch Ruhe schenken“ (Matthäus 11,28).

Wie kann das aussehen, am Abend zur Ruhe zu kommen und meinen Ballast loszuwerden? Diese Anregungen können dich dazu inspirieren, diese Zeit zu gestalten:

In der Stille – Das Examen nach Ignatius

Ein bekanntes Gebet stammt von einem Menschen, der vor etwa 500 Jahren lebte: das „Examen nach Ignatius“, auch „Examen“ oder „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“ genannt. Der Mitbegründer des Jesuitenordens Ignatius nahm sich jeweils etwa eine Viertelstunde Zeit für dieses Gebet, angeblich seine „wichtigste Viertelstunde“.

Das Gebet umfasst folgende vier Aspekte, die ich um einige Anregungen zur Umsetzung ergänzt habe:

– Wahrnehmen von Gottes Gegenwart

Ich mache mir bewusst, dass ich in Gottes Gegenwart bin. Dazu werde ich auch äußerlich ruhig. Es kann helfen, Ablenkungen beiseitezuräumen wie zum Beispiel das Smartphone, wegzulegen und sich einen ruhigen Raum zu suchen.

Um mir bewusst zu machen, dass Gott da ist, kann ich auch eine Kerze anzünden oder mehrmals tief durchatmen. Ich kann Gott einladen, meine Gedanken zu lenken und mich auf das aufmerksam zu machen, was er mir zeigen möchte.

– Betrachten

Ich betrachte den Tag oder die vergangenen Stunden und danke Gott für das Gute: schöne Begegnungen, der Sonnenuntergang oder ein Problem, das sich gelöst hat.

Zudem achte ich auf Situationen, die in mir starke Emotionen oder unerwartetes Verhalten ausgelöst haben. Das kann ein Gespräch sein, bei dem ich oder eine andere Person aufgewühlt reagiert haben oder eine Sorge, die mir immer wieder durch den Kopf geht.

Manchmal kommen mir diese Dinge nicht direkt in den Sinn oder ich lasse mich ablenken. Weil der Alltag so voll ist, dreht sich das Gedankenkarussell weiter, auch wenn keine neuen Gedankenanstöße kommen. Das ist völlig normal. Aber das Stillwerden und Warten kann trainiert werden wie ein Muskel.

– Umkehren

Ich bekenne vor Gott, wo ich in Gedanken, Worten oder Taten gesündigt und damit Schaden in mir oder anderen angerichtet habe. Das können eindeutige Zielverfehlungen oder subtile Dinge sein. Der Wutausbruch kommt mir vermutlich schneller in den Sinn als die Situation, in der ich geschwiegen habe, obwohl ich eigentlich das Wort hätte ergreifen sollen.

Wenn der Heilige Geist mir Situationen gezeigt hat, in denen ich nicht gut reagiert habe, macht er das nicht, um mir schlichtweg ein schlechtes Gefühl zu geben. Wie bei einer Wunde, die behandelt werden muss, kann das zwar im Moment unangenehm sein oder schmerzen. Langfristig dient es aber dazu, dass ich heil werde und befreit weitergehen kann. In der Bibel wird uns versprochen: „Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“ (1. Johannes 1,9).

– Mit Gebet abschließen

Nachdem ich für das Gute gedankt und für meine Verfehlungen um Vergebung und eine Veränderung meines Herzens gebetet habe, bitte ich Gott, dass er mir Ruhe für die Nacht und alles Nötige für den kommenden Tag schenkt. Damit gebe ich das, was mich heute beschäftigt hat, in Gottes Hand.

Das Examen nach Ignatius kann dazu beitragen, dass ich Gottes Wirken inmitten meines Alltags wahrnehme. Ich kann dadurch lernen, auf das stille Flüstern des Heiligen Geistes zu achten – und werde darauf vielleicht auch schon im Laufe des Tages immer stärker aufmerksam.

Mit den Psalmen beten

Noch viel älter als das Examen nach Ignatius sind die göttlich eingegebenen Texte der Bibel. Die Psalmen sind eine Sammlung von Liedtexten, in denen Schreiber wie König David Gott gegenüber ganz ehrlich waren. Sie brachten ihre Gefühle und Gedanken ungefiltert vor Gott. Das motiviert mich, auch so vor Gott zu kommen.

In den Psalmen spiegeln sich unterschiedlichste Bedürfnisse und Gefühlslagen wider. Hier ein paar Beispiele: Ruhe und Geborgenheit (Psalm 131), Frieden inmitten von Bedrängnissen (Psalm 27, Psalm 46), Angst und Not (Psalm 13, Psalm 55), Umgang mit Versuchungen (Psalm 73) und die Suche nach Wegweisung (Psalm 25), Sehnsucht nach Gottes Gegenwart (Psalm 63, Psalm 84), Wunsch nach Hilfe und Schutz (Psalm 121), Umgang mit Schuld (Psalm 51), Lob und Anbetung (Psalm 45) und viele weitere.

Die Worte der Psalmen können mir zu eigen werden. Ich persönlich habe immer wieder erlebt, dass ich in den Psalmen auf Gebete stoße, die genau das ausdrücken, wofür ich selbst keine Worte finde.

Die Worte der Psalmen können mir zu eigen werden.

Ein passender Psalm für einen Tagesabschluss ist zum Beispiel Psalm 139 von König David. Der Psalm beginnt damit, dass David sich bewusst macht, wie nah Gott ihm ist: „HERR, du erforschest mich und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege“ (Psalm 139,1-3). Er beschreibt weiter, wie unfassbar viele und wie kostbar Gottes Gedanken über ihn sind. Seinen Wunsch nach Rache und seine Hassgedanken versteckt er nicht.

Am Ende seines Psalms bittet David Gott: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege“ (Psalm 139, 23-24). Auch David weiß, dass sein Herz immer wieder Korrektur braucht und er wendet sich damit an Gott. Das Gebet nach Ignatius erinnert an manchen Stellen an diesen Psalm: Der Beter macht sich Gottes Gegenwart bewusst und öffnet sich dafür, dass Gott ihn prüfen und korrigieren darf.

Natürlich kann ich auch ein eigenes Gebet, einen eigenen Psalm, sprechen. In Psalm 62,9 ermutigt König David sein Volk dazu, ihr Herz vor Gott auszuschütten. Das Herz kann ich nicht gefiltert ausschütten, sondern beim Ausschütten kommt alles heraus, was sich in meinem Inneren befindet.

Keine langweilige Routine

Ist das Abendgebet dann nicht schlichtweg ein weiteres To-Do? Wenn das Gebet zur Routine wird, kann es sein, dass das Herz nicht ganz bei der Sache ist. Doch genau so soll es nicht sein. Wir können Gott nicht mit religiösen Übungen beeindrucken, sondern er sieht unser Herz und wünscht sich eine ehrliche Herz-zu-Herz-Beziehung.

Es gibt viele weitere Ideen, wie ich den Abend mit Gott verbringen kann. Beispielsweise kann ich einen Gebetsspaziergang machen oder ich kann Instrumental- oder Lobpreislieder hören. Da Gott lebendig ist, ist auch meine Zeit mit ihm kein vorprogrammierbarer Vorgang.

Dennoch geht es mir wie bei anderen guten Gewohnheiten: Je öfter ich erlebt habe, was für einen Unterschied es macht, mir diese Zeit genommen zu haben, desto stärker motiviert es mich, mehr Zeit dafür zu schaffen.

Guter Herzensboden

Ein paar stille Minuten am Abend können auf Dauer einen großen Unterschied machen, auch wenn es manchmal schwer sein kann, diese Zeit auszusondern. Wenn ich den Raum dafür schaffe, kann der Heilige Geist in meinem Inneren sprechen und ich bekomme wieder einen dankbaren Blick auf meinen Alltag. Ich schleppe unangenehmen Ballast nicht in die nächsten Tage, wo er im Stillen Wurzeln der Unzufriedenheit oder Bitterkeit schlagen können. Stattdessen bleibe ich in Beziehung zum Schöpfer, der sich bestens mit meinem Herzensboden auskennt.

Egal, ob du mit der Bibel betest oder Gottes Reden in der Stille suchst – die Einladung steht, dass du zu Jesus kommen und bei ihm Ruhe finden kannst.
 

 Elisa Meyer

Elisa Meyer

  |  Crossmedia-Volontärin

Die crossmediale Redaktionsvolontärin setzt sich im Bereich Online und auf Social Media ein. In ihren Beiträgen gibt sie am liebsten ermutigende und biblische Themen weiter. Die studierte Kommunikationsgestalterin ist auch in ihrer Freizeit gerne kreativ oder in der Natur unterwegs.

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