Navigation überspringen
© Tiberius Film

13.04.2017 / Eine Filmbesprechung / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Martin Mandt

„40 Tage in der Wüste“

Interpretation der Versuchung Christi ohne inhaltlichen Bezug auf die Bibel.

Kurz und knapp berichtet das Markusevangelium von der 40tägigen Fastenzeit und der damit verbundenen Versuchung Christi: „Danach trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.“ (Markus 1,12-13) Matthäus und Lukas ergänzen die Versuchungen des Teufels inhaltlich (Matthäus 4,1-11 und Lukas 4, 1-13). Im vorliegenden Film schmückt Drehbuchautor und Regisseur Rodrigo García, Sohn des Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez, die Geschichte nach eigenem Gutdünken aus:

Als Jeshua 40 Tage in die Wüste geht, tut er dies, um Erleuchtung und Führung zu bekommen. Schon dieser Ansatz weicht so eklatant von der Bibel ab, dass nichts Gutes zu erwarten ist. Eine Annahme, die sich im Übrigen durchaus bestätigt. Laut biblischem Bericht wird Jesus vom Geist (Gottes) in die Wüste geführt.

Die Versuchungen im Film sind nicht mit den biblischen deckungsgleich. Hier trifft Jeshua auf eine Familie, bei der er eine Zeit lang bleiben wird. Der Vater baut eine kleine Hütte aus Stein. Die Mutter liegt sterbenskrank im Zelt. Der Sohn will statt der kargen Existenz in der Wüste lieber ins lebendige Jerusalem. Die Mutter ist ganz bei ihrem Sohn, während zwischen ihm und dem Vater keine emotionale Verständnisebene vorhanden ist. Jeshua versucht zu helfen, indem er bei der täglichen Arbeit hilft und versucht, zu vermitteln. Dabei taucht der Teufel immer wieder als fieser, sarkastischer Doppelgänger Jeshuas auf, um Jeshua zu verführen, ja sogar, um Jesus eine Wette anzubieten. Um das Einkommen der Familie zu sichern, will der Vater in der Wüste gefundenen Jaspis abbauen, um damit Geld zu verdienen. Beim Versuch, an den Stein an einer Klippe heranzukommen, kommt der Vater ums Leben.
 

Neben der falschen Grundannahme, warum Jesus überhaupt in die Wüste geht, bietet die Geschichte weitere Unmöglichkeiten auf, die so nie stattgefunden hätten:

  • Eine Familie hätte nie versucht, mitten in der Wüste, wo es keine Nahrungsgrundlage gibt, eine Existenz aufzubauen.
  • Jeshua wird als Gast als Schlafplatz das Zelt neben der Kranken angeboten, während Vater und Sohn draußen übernachten. Es wäre kulturell eine Schande gewesen, einen Fremden mit seiner Frau allein im Zelt schlafen zu lassen.
  • Jaspis kommt in Israel nicht vor.


Rodrigo García möchte seinen Film als zeitlose Parabel auf Vater-Sohn-Konflikte verstanden wissen. Warum er dazu die 40tägige Fastenzeit von Jesus in der Wüste braucht, bleibt unklar. Warum er keine Geschichte um die biblische Erzählung herum konstruiert, ebenso. Möglicher Weise ist das auf den Einfluss seines Vaters Gabriel García Márquez zurückzuführen, der in seinem literarischen Schaffen den magischen Realismus als literarische Form etabliert hat. Dabei lässt der Schriftsteller die Realität mit Traum- und Halluzinationswahrnehmungen zusammenfließen und schafft so eine Art dritte Realität, die auch an Surrealismus grenzt.

Auch Rodrigo García flicht Traumsequenzen von Jeshua in den Film ein. Die Idee, den Teufel als Doppelgänger Jeshuas auftreten zu lassen passt ebenfalls dazu. Allerdings wirkt dies eher wie eine zynische Behauptung, Jesus habe in der Wüste Selbstgespräche geführt, als sei ein Dialog mit Gott (in der Einsamkeit und im Verzicht des Fastens) nur ein Ergebnis eines Wüstendeliriums. Dazu kommen die schlecht recherchierten Umstände (s.o.). Diese Mixtur lässt keine vernünftige Auseinandersetzung mit dem Stoff zu.

Am Schluss bleibt „40 Tage in der Wüste“ ein gähnend langweiliger und beliebiger Film, der mit der Person Jesus spielt, als sei sie irgendein Protagonist, dem man beliebig Ereignisse auf den Leib schreiben könnte. Daran ändern auch die vier guten und gefeierten Darsteller nichts.

Spaß --
Action --
Spannung --
Gefühl --
Anspruch --
Note 6

 

„40 Tage in der Wüste“

Spielfilm, USA, 2015

OT: Last Days in the Desert
Kinostart: 13.04.2017
Regie: Rodrigo García
Verleih: Tiberius
Länge: 99 Min
Darsteller:  
Ewan McGregor Jesus / Teufel
Tye Sheridan Sohn
Ciarán Hinds Vater
Ayelet Zurer Mutter
FSK: b 12 (beantragt)
Keine
Empfehlung
 

 

 Martin Mandt

Martin Mandt

  |  Redakteur (✝)

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren