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© gettyimages.com/24d8bd43_811, mapodile; Stuke/ERF Medien e.V.

11.09.2025 / Persönlich / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Christine Bangel

Wie ein unsichtbares Band

Christine Bangel erzählt von Freundschaften, die bleiben, und einem Band, das selbst die Zeit nicht löst.

Es ist inzwischen über 30 Jahre her, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Wir haben uns irgendwann aus den Augen verloren. Nach dem Schulabschluss sind die einen geblieben, die anderen weggezogen. Studium und Ausbildung, der erste Job. Neue Kontakte am neuen Wohnort. Familiengründung. Wir hatten viel zu tun. Wie sagt man so schön: Wir haben unser Leben gelebt.

Mein Jobwechsel zum ERF und der Umzug nach Wetzlar vor vier Jahren hat unverhofft alte Verbindungen wieder aufleben lassen. Meine Jugendfreunde haben mich im Radio gehört, zuerst über die vertraute Stimme gerätselt und mich dann doch wiedererkannt. „Christine, bist du das?“ Wie schön war es, die E-Mails von Birgit, Karin und Roswitha zu lesen. 

Und dann haben wir uns wiedergesehen. Neugierig war ich schon. Wie meine Freunde von damals jetzt wohl aussehen? Obwohl 30 Jahre vergangen sind, haben wir uns sofort wiedererkannt. Natürlich haben wir uns verändert – grau-melierte Haare und die ein oder andere Falte im Gesicht –, aber trotzdem waren wir uns gleich wieder vertraut.

Es war, als hätten wir uns erst vor ein paar Tagen voneinander verabschiedet. Wie durch unsichtbare Fäden sind wir einander durch das Leben hindurch verbunden geblieben. 

Wir sind zusammen erwachsen geworden. Viele gemeinsame Erfahrungen haben uns zusammengeschweißt. Wir kannten uns durch und durch. Und diese Vertrautheit ist im Lauf der Jahre nicht verloren gegangen. Martin Pepper beschreibt diese Vertrautheit in seinem Lied „Freund“ ganz treffend: „Da ist ein Band, das uns keiner nimmt, das stille Wissen: Mensch, Du bist mein Freund.“1

Ein doppelter Knoten

Was macht meine Freundschaften für mich so wertvoll? Ich darf meinen Freunden ehrlich sagen, was mich ärgert oder wo ich enttäuscht bin. Genauso dürfen auch sie mir den Spiegel vorhalten. Zum Beispiel, wenn ich mich bei einem Thema ständig im Kreis drehe und keinen Schritt weiterkomme. Dann bin ich dankbar, dass mich meine Freunde darauf aufmerksam machen und mir ihr offenes Ohr leihen. Ihre Hinweise und Ratschläge formen und schleifen meinen Charakter.

Das stärkt unser Freundschaftsband und schweißt uns zusammen. 

Aber solch ein ehrlicher Umgang miteinander ist nur möglich, weil für uns alle feststeht: Wir meinen es gut miteinander und wollen das Beste füreinander. Unbezahlbar ist das.

Wenn das Band plötzlich abreißt

Freundschaft ist ein wertvolles Geschenk. Ich darf wissen: Meine Freunde bleiben meine Freunde – egal, wie lang die Pausen zwischen unserem Wiedersehen auch sind. Allerdings habe ich auch erleben müssen, dass langjährige Freundschaften nicht selbstverständlich sind. 

Ich erinnere mich an meine Freundin Christina. Wir haben unsere Jugendzeit zusammen verbracht, sind miteinander durch Höhen und Tiefen gegangen. Wir haben geglaubt und gezweifelt, gefeiert und geweint und uns gegenseitig unser Herz ausgeschüttet. Dann, irgendwann, hat jede von uns die Liebe ihres Lebens gefunden, wir haben geheiratet und ich bin weggezogen. Uns trennten 600 Kilometer, die wir mit Telefonaten überbrückten. Wenn wir uns getroffen haben, dann war es immer eine wertvolle gemeinsame Zeit.

Christina ist leider vor ein paar Jahren gestorben. Es ging sehr schnell. Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich es begreifen konnte. Und ich vermisse sie. Ihr fröhliches „Hallo, hier ist Christina“ am Telefon und ihre klugen Ratschläge. Sie hat eine Lücke in meinem Leben hinterlassen, die wohl immer bleiben wird. Hätte ich ihr öfter sagen sollen, wie sehr ich ihre Freundschaft schätze und was sie mir bedeutet? 

Das Freundschaftsband stärken

Auch wenn meine Freunde immer da zu sein scheinen, unser gemeinsames geteiltes Leben ist nicht selbstverständlich. Ich will Gelegenheiten künftig häufiger nutzen! Um ihnen Danke zu sagen, wenn es mir in den Sinn kommt. Mich bei ihnen zu melden, wenn ich an sie denke. Eine Karte schreiben oder einfach mal anrufen. Mir Zeit nehmen, wenn ich spüre, dass ein „Herz ausschütten“ dran ist. 

Das ist nicht immer leicht. Aber auch, wenn es mir manchmal nicht gelingt, weiß ich: Da ist ein Band, das uns keiner nimmt, das stille Wissen: Mensch, Du bist mein Freund. 

1 Text und Musik: Martin Pepper © 2022 mc-peppersongs, Berlin.

 

Autor/-in

Christine Bangel

  |  Moderatorin

Die gebürtige Pfälzerin ist eine der Live-Moderatoren von „Aufgeweckt“. Ursprünglich ist sie gelernte Pädagogin und Bankkauffrau. Die leidenschaftliche Minimalistin liebt lange Strandspaziergänge an der Nordsee.

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