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© Christian Bangert

11.05.2016 / Interview / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Hans Wagner

Bloß keine Torschlusspanik!

Das Singlesein annehmen, ohne sich damit abzufinden. Ein Interview.

In jedem guten Liebesfilm kommt er vor – der sprichwörtliche „Prinz auf dem weißen Ross“. Viele junge Frauen suchen nach dem Partner fürs Leben und sind enttäuscht, wenn ihre Suche erfolglos bleibt. Nelli Löwen war selbst viele Jahre Single und hat sich intensiv mit dem Thema „Singlesein“ auseinandergesetzt. In ihrem Buch „Wo bleibt mein Prinz? Warum du Gott voll und ganz vertrauen kannst“ macht sie Singlefrauen Mut, die Partnersuche an Gott abzugeben. Wir haben bei ihr nachgefragt, wie Partnersuche und Gottvertrauen zusammenhängen.
 

ERF: Nelli, du hast das Buch „Wo bleibt mein Prinz?“ geschrieben. Worum geht es dir in deinem Buch?

Nelli Löwen: Ich wollte das Buch als Ermutigung für junge Singlefrauen schreiben, weil ich selbst erlebt habe, dass das Singlesein so viele bunte Farben und tolle Facetten hat. Ich selbst habe nicht immer die schönen Seiten vom Singlesein sehen können. Aber irgendwann habe ich das für mich entdeckt und dachte: Das muss ich mit anderen Frauen teilen.
 

ERF: Der Untertitel lautet: „Warum du Gott voll und ganz vertrauen kannst.“ Was hat das Thema Partnersuche denn mit Gottvertrauen zu tun?

Nelli Löwen: Es ist ein Sehnsuchtsthema. Da braucht es eine gewisse Portion Vertrauen. Denn ein unerfüllter Partnerwunsch hat das Potential, einen sehr traurig zu machen. Deswegen braucht es die Leichtigkeit zu wissen: Gott meint es gut mit mir. Deshalb dieser Untertitel.

„Ich möchte persönliche Aha-Erlebnisse an andere weitergeben“

ERF: Es gibt eine Menge Menschen, die sich mit diesem Thema aus eigener Betroffenheit beschäftigen. Wie bist du auf die Idee gekommen, daraus ein Buch zu machen?

Nelli Löwen
Nelli Löwen ist 28 Jahre. Seit ihrem Volontariat bei ERF Medien arbeitet sie als Redakteurin bei „Nightlight“, einer christlichen Jugendinitiative, die Jugendliche über unterschiedliche Medien zum Glauben an Jesus einlädt. (Foto: Christian Bangert)

Nelli Löwen: Die Idee zu dem Buch kam so. Ich war drei Jahre Single gewesen. Es war ein lauer Sommerabend und ich joggte draußen ganz gemütlich meine Runde. Plötzlich hatte ich diesen Arbeitstitel vor mir: „Wo bleibt mein Prinz?“ Ich habe nicht gedacht, dass das wirklich mal der Buchtitel wird. Aber das ganze Konzept hat sich plötzlich irgendwie zusammengefügt. Ich habe es vor meinem inneren Auge gesehen und dachte mir: „Das Buch muss ich schreiben. Das ist mein Projekt, das Gott mir vor die Füße geworfen hat.“ Ich habe dann mit meiner Lektorin gesprochen und sie war direkt hellauf begeistert.
 

ERF: Das Buch ist sehr persönlich geschrieben. Du hättest das Thema auch sachlicher aufgreifen können. Warum hast du dich für diese Form entschieden?

Nelli Löwen: Ich glaube, das liegt an meinem Naturell. Ich bin auf vielen Mädels-Veranstaltungen unterwegs und möchte gerne mein Leben teilen und aus meinem Erleben meine persönlichen Aha-Erlebnisse an andere Menschen weitergeben. Das ist eher meine Stärke als auf einer sachlichen Ebene zu schreiben. Dafür wäre ich wahrscheinlich die falsche Person gewesen. Aber gerade weil ich es selbst durchlebt habe und mit meinem Singlesein auch gerungen habe, wollte ich es auf diese Art und Weise schreiben.

Dem gesellschaftlichen Druck standhalten

ERF: Denkst du, dass Singlefrauen es schwerer in der Gesellschaft haben?

Nelli Löwen: Das hängt immer davon ab, aus welchem Kontext man kommt. Ich persönlich komme aus einem Kontext, in dem Singlefrauen es schwerer haben, weil die meisten Frauen früh heiraten und schnell Kinder bekommen. Generell ist unsere Gesellschaft so geprägt, dass sehr viel auf die Paarbeziehung hinausläuft. Personen, die alleine unterwegs sind, fühlen sich dadurch oft benachteiligt, weil sie scheinbar nur einen halben Wert in der Gesellschaft haben.
 

ERF: Wie sehen Singles sich deiner Meinung nach selbst?

Nelli Löwen: Das ist unterschiedlich. Es gibt auf jeden Fall junge Singlefrauen, die mit dem Singlesein kein Problem haben. Es gibt aber auch viele Singlefrauen, die sich durchaus viele Gedanken machen und sich die Frage stellen: „Was ist falsch an mir? Bin ich nicht attraktiv genug? Bin ich nicht beziehungsfähig?“ Das Problem dabei ist, dass man sich in diesen Gedanken suhlen kann, ohne eine Lösung zu finden. Das kann sehr frustrierend sein.

Ich glaube, viele junge Singlefrauen haben daher auch ein Selbstwertproblem. Ich weiß zwar nicht, ob das Selbstwertgefühl automatisch steigt, sobald man geheiratet hat. Vielleicht denkt man nur, dass es dann besser wird. Wie dem auch sein: Ein gebrochenes Selbstwertgefühl ist nicht gerade hilfreich, um irgendjemanden kennenzulernen.
 

ERF: Meinst du, diese Frauen fühlen sich von einem bestimmten Gesellschaftsbild unter Druck gesetzt?

Nelli Löwen: Ich denke schon, dass es gewisse Schablonen in der Gesellschaft gibt, je nachdem wo man lebt. Ich habe es in meiner eigenen Vergangenheit so erlebt, dass die meisten meiner Freundinnen mit 18 einen Freund hatten und zwei Jahre später geheiratet haben. Mit 22 Jahren hatten sie dann das erste Kind. Das war fast wie eine Schablone, die man auf jede Freundin drauflegen konnte. Aber bei mir war das nicht so.

Bei Äußerlichkeiten sind Abstriche okay, beim Charakter nicht

ERF: Oft hören langjährige Singles den Satz „Du bist zu anspruchsvoll“. Was würdest du einer jungen Frau empfehlen, die sich fragt, ob sie zu anspruchsvoll ist?

Nelli Löwen: Das ist eine heikle Frage. Ich würde ihr vorschlagen: „Komm, wir gucken uns deine Liste an.“ Wenn da nur Äußerlichkeiten drauf stehen, würde ich persönlich sagen: „Denk noch mal darüber nach, ob das wirklich relevant ist.“ Aber wenn es um sein Wesen und um seinen Glauben geht, würde ich niemals Abstriche machen. Denn das ist grundlegend. Das sind Grundlagen fürs Leben. Bei Äußerlichkeiten kann man Abstriche machen.
 

ERF: Viele Singlefrauen haben beim Thema Partnersuche auch den Gedanken im Kopf: „Ich möchte Kinder haben“ und wissen, dass dies irgendwann nicht mehr möglich sein wird. Was rätst du jungen Frauen in einer solchen Situation?

Nelli Löwen: Ich habe schon oft gesehen, dass Mädels im Alter von 25 bis 30 in eine gewisse Torschlusspanik geraten − teilweise aus diesem Grund. Aber das ist gefährlich, denn dann ist man plötzlich an der Seite eines Mannes, der vielleicht gar nicht zu einem selbst passt. Es bringt nichts, einfach mit irgendeinem Mann Kinder zu bekommen, wenn er sonst nicht passt. Vielleicht ist es dann sinnvoller, keine Kinder zu bekommen und das eben nicht als Lebensziel anzuvisieren. Denn eine Partnerschaft – die muss wirklich passen. Also bloß nicht in Torschlusspanik geraten.

Das Leben als Wundertüte begreifen

ERF: Kannst du dir vorstellen, dass Gott zu manchen Menschen sagt: „Bleib du mal Single, damit du etwas Bestimmtes tun kannst“?

Nelli Löwen: Das glaube ich schon. Es gibt viele Singles, die einen tollen Beitrag in der Gesellschaft geleistet haben, zum Beispiel Mutter Teresa. Ich denke, wenn man seine Zeit in eine Ehe und Familie investiert, hat man oft weniger Ressourcen für andere Menschen. Wenn man allein ist, hat man mehr Kapazitäten, sich auf Menschen einzulassen. Das ist eine Riesenchance.
 

ERF: Ist es nicht unfair von Gott, jemanden als Single leben zu lassen, wenn dieser Mensch sich eigentlich eine Partnerschaft wünscht?

Nelli Löwen: Ich persönlich glaube, dass Gott uns mit dem Leben eine Wundertüte schenkt mit ganz vielen tollen Dingen. Da fehlen vielleicht Dinge, die wir gerne drin hätten. Und wir können dann darüber meckern oder wir können sagen: „Okay, Gott, das ist meine Wundertüte. Ich nehme sie an und sage Ja dazu.“ Dann fange ich an, sie auszupacken, sie zu genießen und zu nutzen. Es ist immer eine Frage der Perspektive.

Die Reise in ein erfülltes Singleleben antreten

ERF: Aber so eine Entscheidung kommt nicht von einem auf den anderen Tag, oder?

Nelli Löwen: Das stimmt. Das ist eine kleine Reise, die man antritt, um dieses Ja zu finden. Erst wenn man dieses Ja gefunden hat, kann das Singlesein erfüllend sein. Denn erst dann ist man auch frei, sich auf die Möglichkeiten einzulassen und nicht nur mit einem verschleierten Blick durch die Gegend zu laufen und zu denken: „Ich habe nicht das Leben, das ich mir so sehr gewünscht habe.“
 

ERF: Auch du hast diese Reise angetreten und dabei sogar neue Begabungen entdeckt. Wie sah das bei dir aus?

Nelli Löwen: Als ich zur Bibelschule gegangen bin, habe ich zwei Dinge für mich entdeckt: Einmal dass ich ein Herz für junge Mädels habe. Und zweitens das Schreiben. Ich war in Deutsch schon immer ziemlich gut, aber ich habe das nie als besondere Stärke gesehen. Als ich in der Bibelschulzeit Hausarbeiten schreiben musste, merkte ich, dass mir das Schreiben Spaß macht. Da habe ich gemerkt: „Das könnte nicht nur eine Stärke, sondern ein Stück weit auch meine Berufung sein.“ Ich sage heute: „Wäre ich nicht Single gewesen, hätte ich vermutlich niemals mit dem Schreiben angefangen und mich auch vermutlich niemals in Mädelsarbeit investiert.“
 

ERF: Vielen Dank für das Interview.

 Hans Wagner

Hans Wagner

  |  Unit Lead und Produktverantwortlicher ERF Plus

Als Finanzbeamter, Theologe, Mediengestalter-Print und Moderator hat sich der gebürtige Niederrheiner viel Fachwissen angeeignet und ist mit ganzem Herzen unterwegs, um Menschen zu einer Begegnung mit Jesus Christus einzuladen. Er legt Wert auf eine verständliche Sprache und mag musikalisch vor allem die Zeit der 1970er Jahre.

Ihr Kommentar

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Kommentare (7)

GL. /

...zu A.C.: alle Altersgruppen haben da Erfahrungen, die evtl. weiterhelfen.
Als junge Frau vor allem in Wunschträumen rumhängen, das führt wohl zu nichts Aufbauendem. Sportlich aktiv bleiben, das mehr

M.W. /

Es gibt nichts besseres als ein Single Leben. Als sehr introvertierte Frau habe ich alle Zeit für Gott und keine Partner Probleme. Ich brauche das absolut nicht. Ein Partner lenkt nur vom mehr

A. C. /

Danke für den Beitrag. Jedoch finde ich, wenn eine jg. Frau mit 28 J., welche jetzt ihren Partner gefunden hat, wirklich nicht ganz geeignet für dieses Thema. Es klingt eben für mich durch, dass es mehr

Jutta /

Danke für diesen Beitrag! Er spricht mir aus der Seele! Nur Gott weiß, welche Lebensform und welcher Partner gut für uns ist!

Julia /

Sorry, ein für mich unmöglicher Beitrag.
Ich weiß nicht, in welcher Zeit die Dame lebt, ich sage es allen: lieber allein als alleinerziehend! Wer schafft es schon heute, eine Beziehung über mehrere mehr

HB7 /

Ich bin der Meinung, dass es Menschen gibt, die dafür bestimmt sind Single zu sein. Ich glaube aber nicht, dass es solche sind, die darunter leiden würden. Ich finde es bewundernswert, wenn Menschen die Single-Zeit genießen können. Ich persönlich finde es sehr grausam.

G. W. /

Spontan: ein sehr wichtiger, wesentlicher Beitrag und: wunderbar, daß es für dieses entscheidende Thema nun auch eine aktuelle Stellungnahme und Buchtitel gibt!
Ich habe selbst sehr gelitten unter mehr

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