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11.09.2012 / Interview / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Nelli Löwen

Thema an- oder wegklicken?

Eine Gießener Gemeinde geht das Thema Internetpornographie an und ignoriert es nicht weiter.

Durch Berichte in den Medien ist das Thema Internetpornographie kein Tabu-Thema mehr, wie noch vor wenigen Jahren. Betroffene bekommen kompetente Hilfe und lernen Wege aus der Pornofalle kennen. Sind christliche Gemeinden somit „aus dem Schneider“, oder liegt es trotzdem in ihrer Verantwortung, dieses heiße Eisen anzupacken, um Betroffenen zu helfen?

Pastor Torsten Pfrommer über den Umgang seiner Gemeinde mit diesem brisanten Thema.

 

ERF: Herr Pfrommer, Ihre Gemeinde greift das Thema Internetpornographie gemeinsam mit der Organisation „Weißes Kreuz“ bei einer Informationsveranstaltung auf. Warum bieten Sie als Gemeinde diese Veranstaltung an?

Torsten Pfrommer: Der Impuls kam von den Mitarbeitern unserer Ehe- und Paararbeit  "2+". Sie erkannten die Notwendigkeit, zu dieser Thematik einen Infoabend anzubieten. Diesem Gedanken sind wir nachgegangen und sprechen damit ein Thema an, das oft tabu ist.  
 

ERF: In einem Interview mit ERF Online mutmaßte der Leiter vom Weißen Kreuz, Rolf Trauernicht, dass ca. ein Drittel der Männer und 10 % der Frauen in einer Gemeinden pornoabhängig sind. Wenn das tatsächlich unsere Realität ist, warum gehen dann so wenige Gemeinden dieses Thema an?

Torsten Pfrommer: Meiner Ansicht nach ist Internetpornographie ein relativ neues Phänomen. Es dauert eine gewisse Zeit, bis ein Thema als Problem erkannt und realisiert wird. Es ist außerdem schwierig sich diesem Thema zu nähern, weil es schambesetzt ist. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern die Zahlen von Herrn Rolf Trauernicht Realität sind. Wenn es jedoch annähernd um diese Größenordnung geht, dann sind auch viele Personen betroffen, die die Themenwahl in Gemeinden mitverantworten. Das macht die Thematik umso komplizierter.
 

ERF: Inwiefern kann eine Gemeinde den Betroffenen Hilfestellung geben?

Torsten Pfrommer: Wir stehen selbst ganz am Anfang des Weges, in der Hoffnung, irgendwann diesbezüglich genauere Antworten geben zu können. Der Informationsabend ist ein erster Schritt, um auf einer niedrigschwelligen Ebene über Internetpornographie zu reden und die Thematik in Gemeinden anzustoßen. Es ist wichtig, Betroffenen Möglichkeiten der Hilfe aufzuzeigen.

Hilfe in- oder außerhalb der Gemeinde suchen?

ERF: Suchen Menschen bei diesem Thema in der Gemeinde um Hilfe oder greifen Sie eher auf Möglichkeiten außerhalb der Gemeinde zurück?

Torsten Pfrommer: Wahrscheinlich gibt es beides. Unsere Erfahrung beispielsweise aus der Ehearbeit ist die, dass Paare mit Eheproblemen eher externe Hilfen in Anspruch nehmen, anstatt sich in der eigenen Gemeinde helfen zu lassen. Eine langjährige Vertrauensbasis ist oft die Voraussetzung, damit Paare sich innerhalb der Gemeinde Hilfe suchen. Ich denke, dass es beim Thema Pornographie ähnlich aussieht.
 

ERF: Besteht ein Mehrwert, wenn der Betroffene direkt von der Gemeinde Hilfe erfährt?

Falls Sie Interesse an der Informationsveranstaltung haben, hier weitere Infos:
Vortragsabend mit Rolf Trauernicht vom Weißen Kreuz e.V.
Datum: Mittwoch, 12. September 2012
Ort: Freie evangelische Gemeinde Gießen, Talstraße 14 -16, 35394 Gießen
Uhrzeit: 20:00-22:00 Uhr

Torsten Pfrommer: Es ist schwierig, diese Frage eindeutig zu beantworten. Natürlich ist es der Wunsch unserer Gemeinde, den Menschen in den Nöten zu helfen, die vorhanden sind. Um im Bereich der Internetpornographie kompetent helfen zu können, müssen Kenntnisse über die Thematik vorhanden sein. Ich vermute, dass Gemeindeseelsorger an ihre Grenzen stoßen werden, wenn sie mit Betroffenen arbeiten.

Außerdem muss die Frage geklärt werden, warum Menschen sich pornographische Filme ansehen. Wenn das einen Suchtcharakter bekommt, ist es umso herausfordernder. Primär ist es wichtig, dass eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und den externen Hilfestellen besteht. Sicher ist es auch eine Frage der Gemeindegröße, inwiefern eine Gemeinde in spezifischen Themen Hilfestellung geben kann.
 

ERF: Gibt es Möglichkeiten, die nächste Generation für dieses Thema zu sensibilisieren, bevor sie unvorbereitet ebenfalls in diese Falle tappen?

Torsten Pfrommer: Es ist wichtig, Internetpornographie in der Jugendarbeit immer wieder anzusprechen. Damit signalisieren wir als Gemeinde, dass es kein Tabu-Thema ist und wir darüber ohne Weiteres sprechen können. Nach unserer Erfahrung bitten Teenager bei diesem Thema öfter um Hilfe, weil ihre Hemmschwelle niedriger ist als bei Erwachsenen. Es scheint, dass Teenager und leider auch Kinder früh zum ersten Mal mit Internetpornographie in Berührung kommen. Dementsprechend sollten wir rechtzeitig beginnen, Aufklärung zu leisten.
 

ERF: Vielen Dank für das Interview.


Betroffene finden auch Hilfe in unserem Workshop „Raus aus der Porno-Falle“

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