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16.12.2022 / Theologischer Artikel / Lesezeit: ~ 9 min

Autor/-in: Lee Strobel

Was ist dran an Weihnachten? Teil 1

Ein Journalist will wissen, ob die Weihnachtsgeschichte wirklich passiert ist.

Lee Strobel ist in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ein erfolgreicher Journalist der Chicago Tribune und erfahrener Gerichtsreporter mit atheistischem Hintergrund. Als eine Person in seinem unmittelbaren Umfeld Christ wird, beschließt er herauszufinden, wie verlässlich die Berichte des Neuen Testamentes eigentlich sind. Dazu interviewt er zahlreiche christliche Wissenschaftler von namhaften Universitäten, die anerkannte Kapazitäten auf ihrem Gebiet sind.

Strobel macht im Laufe seiner Recherche die Entdeckung, dass viele historische und archäologische Funde die Zuverlässigkeit der geschichtlichen Aussagen des Neuen Testamentes eher bestätigen, als sie in Frage zu stellen.

Bei seinen Nachforschungen nimmt Strobel auch den Inhalt der Weihnachtsgeschichte genauer unter die Lupe. Sein Gesprächspartner dafür ist John McRay, der unter anderem 15 Jahre lang Professor für Neues Testament und Archäologie gewesen ist. Lesen Sie im Folgenden einen Buchauszug aus dem, was Strobel bei diesem Interview herausgefunden hat:
 

Der Arzt und Historiker Lukas verfasste sowohl das Evangelium, das seinen Namen trägt, als auch die Apostelgeschichte, zusammen also etwa ein Viertel des gesamten Neuen Testamentes. Die Evangelien von Lukas und Matthäus sind die einzigen, die etwas Genaueres über die Geburt Jesu berichten. Man geht davon aus, dass Lukas persönlich einige Augenzeugen interviewt hat, die Details über die Geburt Jesu, über seinen Tod und seine Auferstehung wussten.

Macht der Evangelist Lukas richtige historische Angaben?

Tatsächlich hat dieser Gefährte des Apostels Paulus „alles von Anfang an sorgfältig erkundet“, damit er „in guter Ordnung“ etwas über „den sicheren Grund der Lehre“ aufschreiben konnte. Es bestand also für die Leser seines Evangeliums kein Grund, an seiner korrekten Aufzeichnung der historischen Ereignisse zu zweifeln. Aber auch mir war die Frage nicht unwichtig, ob Lukas ein Historiker war, dessen Angaben man vertrauen konnte.

„Wenn Archäologen die Details nachprüfen, die er erwähnt hat“, sagte ich, „kommen sie dann zu dem Ergebnis, dass Lukas sorgfältig war oder eher nachlässig?“ „Sowohl liberale als auch konservative Wissenschaftler sind sich im Allgemeinen darüber einig, dass Lukas als Historiker sehr sorgfältig gearbeitet hat“, erwiderte McRay. „Er war gebildet, sprachlich gewandt, sein Griechisch hat fast klassische Qualität, er schrieb wie ein gebildeter Mann, und archäologische Funde zeigen immer wieder, dass Lukas in dem, was er schrieb, sehr akkurat war.“

Ausgrabungen bestätigen Aussagen von Lukas

Er fügte hinzu, dass es verschiedene Fälle gab, in denen Wissenschaftler ähnlich wie bei dem Hafen von Cäsarea zuerst dachten, dass Lukas sich geirrt hätte. Spätere Funde hatten aber dann erwiesen, dass er doch Recht hatte. Lukas erwähnt beispielsweise, dass Lysanias um 27 nach Christus Tetrarch von Abilene war (vgl. Lukas 3,1).

Viele Jahre lang werteten Wissenschaftler diese Angabe als Beweis dafür, dass der Evangelist nicht wusste, wovon er schrieb, weil doch jedem bekannt war, dass Lysanias kein Tetrarch war, sondern vielmehr ein halbes Jahrhundert später der Herrscher von Chalkis. Und wenn Lukas nicht einmal eine so einfache Tatsache richtig wiedergeben konnte, wie sollte man dann dem Rest trauen?

An diesem Punkt griff die Archäologie ein. „Später fand man eine Inschrift aus der Regierungszeit des Tiberius, also aus der Zeit von 14 bis 37 unserer Zeitrechnung, auf der Lysanias als Tetrarch von Abilene bei Damaskus genannt wird – genau so, wie Lukas es geschrieben hatte“, erklärte McRay. „Es stellte sich heraus, dass es zwei offizielle Regierungsbeamte mit dem Namen Lysanias gab. Und wieder einmal zeigte sich, dass Lukas exakte Angaben gemacht hatte.“

Lukas wollte so genau wie möglich von Jesus berichten

Ein weiteres Beispiel ist Lukas’ Hinweis auf die „Politarchen“, die Stadtpräfekten, der Stadt Thessalonich (vgl. Apostelgeschichte 17,6). „Lange dachte man, dass Lukas hier etwas verwechselt hat, weil man den Begriff ,Politarchen‘ in keinem antiken römischen Dokument gefunden hatte“, erklärte mir McRay. „Doch später fand man eine Gewölbeinschrift aus dem ersten Jahrhundert, die mit den Worten beginnt: ,In der Zeit der Politarchen […].‘ Sie können ins Britische Museum gehen und sich die Inschrift selbst anschauen.

Und danach fanden Archäologen noch über 35 weitere Inschriften, die die Politarchen erwähnen. Darunter auch einige in Thessalonich aus der Zeit, auf die sich Lukas bezieht. Und wieder hatten die Kritiker Unrecht und es wurde bewiesen, dass Lukas Recht hatte.“

Ein prominenter Archäologe überprüfte sorgfältig Lukas’ Verweise auf 32 Länder, 54 Städte und 9 Inseln und fand dabei keinen einzigen Fehler. Das nach meiner Überzeugung Entscheidende aber ist die folgende Aussage: „Wenn Lukas so penibel genau bei seinen historischen Angaben war“, ist in einem Buch zu diesem Thema zu lesen, „auf welcher logischen Grundlage können wir dann annehmen, dass er leichtgläubig oder ungenau war, wenn er über Dinge berichtete, die ihm und vielen anderen bedeutend wichtiger waren?“ Und hier geht es um Themen wie die Auferstehung Jesu, das wichtigste Indiz für seine Gottheit, die – wie Lukas schreibt – „durch viele Beweise“ bestätigt ist.

Hat der Evangelist Johannes zuverlässig berichtet?

Die Archäologie mag ja die Zuverlässigkeit von Lukas belegen, doch ist dieser nicht der einzige Autor des Neuen Testamentes. Ich fragte mich, was die Wissenschaftler wohl zu Johannes sagten, der sein Evangelium sehr eloquent beginnt und etwas ungewöhnlich von der Menschwerdung an diesem ersten Weihnachten berichtet – davon, dass „das Wort“, oder Jesus Christus, „ein Mensch [wurde], ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut. Er lebte unter uns“.

Das Johannes-Evangelium erscheint manchmal etwas suspekt, weil der Verfasser von Orten spricht, deren Existenz sich nicht überprüfen lässt. Einige Wissenschaftler erklärten, dass Johannes nicht allzu dicht an den Ereignissen des Lebens Jesu dran gewesen sein kann, wenn er nicht einmal diese grundlegenden Details richtig überliefern kann.

Der Bericht von Johannes wird von Ausgrabungen  bestätigt

In den letzten Jahren wurde jedoch diese Schlussfolgerung erschüttert. „Es gab einige Funde, die zeigten, dass Johannes sehr genau war“, erklärte McRay. „Im Johannes- Evangelium, Kapitel 5, Verse 1 bis 15 wird beispielsweise berichtet, wie Jesus am Teich von Betesda einen Kranken heilt. Johannes erwähnt das Detail, dass der Teich fünf Säulenhallen hatte. Lange Zeit führte man diese Stelle an, um zu beweisen, dass Johannes ungenau war, da man diese Säulenhallen nicht gefunden hatte.

Doch inzwischen wurde der Teich von Betesda ausgegraben – er liegt etwa zwölf Meter unter dem Meeresspiegel – und natürlich fanden sich auch fünf Säulenhallen, also fünf mit Säulen gesäumte Hallen und Fußwege, genau so wie Johannes es beschrieben hatte. Und man entdeckte andere Orte, etwa den Teich von Siloam aus dem Johannesevangelium, Kapitel 9, Vers 7, den Jakobsbrunnen aus Johannes 4, Vers 12, den wahrscheinlichen Ort des Richterstuhles in der Nähe des Jaffatores, vor dem Jesus vor Pilatus erscheinen musste (wie im Johannes- Evangelium, Kapitel 19, Vers 13 beschrieben), und sogar die Identität des Pilatus – lauter Details, die das Johannes-Evangelium historisch glaubwürdig machen.“

„Das alles untergräbt also die Behauptung, das Johannes- Evangelium könne überhaupt nicht genau sein, weil es so viele Jahre nach dem Leben Jesu verfasst wurde“, hakte ich nach. „Ja, genau“, entgegnete er.

Hat es die Volkszählung der Weihnachtsgeschichte wirklich gegeben?

Ich fragte McRay, ob er jemals einem archäologischen Fund begegnet war, der den Angaben des Neuen Testamentes direkt widersprochen hatte. Er schüttelte den Kopf. „Die Archäologie hat nie etwas zu Tage gefördert, was in eindeutigem Widerspruch zur Bibel stand“, erwiderte er selbstbewusst. „Im Gegenteil: Die Archäologie hat viele Meinungen von Skeptikern widerlegt, die im Laufe der Jahre zu ,Fakten‘ geworden waren.“

Doch es gab noch einige Punkte, die ich klären wollte. Ich zog meine Notizen heraus und konfrontierte McRay mit drei schon lange bestehenden Rätseln, die auch die Archäologie vielleicht nur schwer erklären konnte. Lukas behauptet in seinem Bericht über die Geburt Jesu, dass Maria und Josef wegen einer Volkszählung gezwungen waren, in Josefs Heimatstadt Bethlehem zu reisen.

„Ehrlich gesagt“, fragte ich, „ist das nicht völlig absurd? Wie konnte die Regierung alle Bürger dazu zwingen, an ihren Geburtsort zurückzukehren? Gibt es irgendwelche archäologischen Beweise dafür, dass diese Art von Volkszählung jemals stattgefunden hat?“

Was antike Regierungsverordnungen über Volkszählungen sagen

McRay zog bedächtig ein Exemplar seines Buches hervor. „Die Entdeckung antiker Zensusformen hat inzwischen etwas Licht auf diese Praxis geworfen“, sagte er und überflog die Seiten. Als er die Stelle gefunden hatte, die er suchte, zitierte er aus einer offiziellen Regierungsverordnung aus dem Jahr 104 nach Christus:

„Gaius Vibinius Maximus, der Präfekt von Ägypten [sagt]: Da die Zeit gekommen ist, das Volk Haus für Haus zu zählen, ist es nötig, all diejenigen, die außerhalb ihrer Provinzen wohnen, dazu aufzufordern, in ihre eigenen Häuser zurückzukehren, damit die Volkszählung ordnungsgemäß durchgeführt werden kann und sie sich auch eifrig um die Pflege ihres Besitzes kümmern können.“

„Wie Sie sehen“, sagte er und schloss das Buch, „wird diese Praxis durch dieses Dokument bestätigt, auch wenn Ihnen diese Vorgehensweise seltsam vorkommen mag. Ein anderer Papyrus aus dem Jahr 48 nach Christus lässt erkennen, dass die ganze Familie in diese Volkszählung eingebunden war.“

Wann lebte der Statthalter Quirinius?

Dennoch war damit das Problem noch nicht ganz gelöst. Lukas schrieb, dass die Volkszählung, die Maria und Josef nach Jerusalem brachte, durchgeführt wurde, als Quirinius unter Herodes dem Großen Statthalter von Syrien war. „Das wirft ein ernsthaftes Problem auf “, erklärte ich, „weil Herodes im Jahre 4 unserer Zeitrechnung starb und Quirinius erst im Jahre 6 die Regierung über Syrien übernahm. Kurz danach setzte er die Volkszählung an. Hier haben wir eine große zeitliche Lücke. Wie können Sie mit solchen zeitlichen Abweichungen umgehen?“

McRay wusste, dass ich ein Thema ansprach, mit dem Archäologen schon seit vielen Jahren kämpften. Er antwortete: „Ein bedeutender Archäologe namens Jerry Vardaman hat in dieser Hinsicht großartige Arbeit geleistet. Er fand eine Münze mit dem Namen des Quirinius in einer sehr kleinen Schrift, die wir ‚mikrographische‘ Schrift nennen. Diese Münze weist ihn als Prokonsul von Syrien und Kilikien von 11 vor Christus bis in die Zeit nach dem Tod des Herodes aus.“ Ich war verwirrt. „Was heißt das?“, fragte ich.

„Das bedeutet, dass es offensichtlich zwei Personen dieses Namens gab“, erwiderte er. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass viele Römer dieselben Namen tragen, deshalb besteht kein Grund, daran zu zweifeln, dass es nicht auch zwei Personen mit dem Namen Quirinius gegeben haben kann. Die Volkszählung hätte demnach unter der Herrschaft des früheren Quirinius stattgefunden. Wenn man davon ausgeht, dass Volkszählungen etwa alle 14 Jahre abgehalten wurden ,dann passen die Daten ziemlich gut.“

Lesen Sie im zweiten Teil des Artikels mehr zu den beiden Fragen, ob es den Ort Nazarth und den Kindermord von Bethlehem tatsächlich gegeben hat.
 

Über den Autor: Lee Strobel gewann nach einem Studium an der Yale Law School mehrere Preise als Gerichtsreporter der Chicago Tribune. Seine Nachforschungen zur Zuverlässigkeit des Christentums führten dazu, dass er selbst Christ wurde. Anschließend war er nacheinander Pastor der zwei größten Gemeinden in den USA – der Willow Creek Community Church bei Chicago und der Saddleback Church bei Los Angeles. Zusammen mit seiner Frau Leslie lebt er in Südkalifornien. Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Was ist dran an Weihnachten?“ Wir danken dem Verlag Gerth Medien für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.
 

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