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© Brad Neathery / unsplash.com

09.01.2023 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Franziska Decker

Gott hat alle Zeit der Welt – auch 2023

Welcher Geist prägt meinen Umgang mit der Zeit?

„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen, hat seine Zeit; suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit" (Prediger 3,1-8).

Kurz & gut?

Wie ist es Ihnen ergangen, als Sie die ersten Sätze gelesen haben? Wenn ich diese Verse lese, spüre ich jedes Mal den inneren Drang, sie abzukürzen und dieses fast schon lästige „hat seine Zeit“ nach jedem aufgezählten Verb einfach wegzulassen. Kurz gesagt: Geborenwerden, Sterben, Pflanzen und Ausreißen etc. hat seine Zeit. 

Genau das haben andere Übersetzer (Prediger 3,1-8) gemacht. Offensichtlich sind Texte wie dieser für Menschen des 21. Jahrhunderts eine echte Geduldsprobe. Für langatmige Beschreibungen und immer wiederkehrende Formulierungen fehlt uns die Zeit. Und doch werden z.B. in der Elberfelder Übersetzung, die bekannt dafür ist, sehr nahe am Urtext dran zu sein, die Aufzählungen immer wieder um dieses „hat seine Zeit“ ergänzt.

War Salomo einer, der die Dinge nicht auf den Punkt bringen konnte? Nein. Im Gegenteil. Er hat das Wesentliche im Fokus, wie ich finde. Zeithaben für etwas ist ein göttliches Prinzip, das offensichtlich eine größere Aufmerksamkeit meinerseits verdient. Wenn alles seine Zeit hat, kann ich mir die dafür zur Verfügung stehende Zeit auch nehmen. Soweit die Theorie.

Mein Zeit-Geist braucht Heilung

Praktisch sieht es bei mir oft anders aus. Ich versuche, von der Zeit, die etwas hat, ein bisschen abzuzwacken – für ein weiteres Etwas und noch eines. Damit laufe ich Gefahr, durch Abzwacken Zeit vom Aktuellen wegzunehmen. Oder ich verlängere die Zeit, die etwas bereits hatte, in dem ich das nicht mehr Aktuelle verlängere und damit etwas vom Kommenden abschneide. Beides führt unterm Strich zu demselben Ergebnis: Dass am Ende Zeit für etwas oder jemanden fehlt.

Brauche ich also mehr Zeit? Nein. Was ich brauche, ist eine von Gott veränderte Einstellung zur Zeit.

Wie oft erlebe ich mich fremdbestimmt und als Opfer der Umstände. Ich scheine keine Wahl zu haben. Mit genug Zeit erkenne ich, dass meine Entscheidungen aber häufig weniger von den vermeintlichen Sachzwängen abhängen. Ausschlaggebend sind vielmehr meine Motive. Das können sogenannte Glaubenssätze sein wie „Beeil dich, sonst wirst du überholt“ oder „Das hat bisher noch immer gereicht.“. Überzeugungen wie „Vorsicht vor allem, was du nicht kennst“ oder „Nur die Sache zählt“ u.v.m. bestimmen oft mehr, als mir bewusst ist, wofür ich meine Zeit einsetze oder verstreichen lasse.

Habe ich die Zeit oder hat die Zeit mich?  

Bin ich jemand, der Neues liebt und ständig Dinge optimiert, könnte es für mich dran sein, Bewährtem seine Zeit zu geben. Liebe ich die Routine und lasse am liebsten alles, wie es ist? Auch Bisheriges hat seine Zeit und vielleicht sollte ich Neuem Raum geben. Habe ich Enttäuschungen erlebt, könnte die Zeit meiner Bitterkeit darüber abgelaufen sein. Habe ich einen lieben Menschen verloren, hat meine Trauer um diese Person ihre Zeit. Und die darf ich mir nehmen; unabhängig davon, ob meine Mitmenschen es verstehen oder nicht.

Habe ich mich stark an Menschen gebunden, könnte es an der Zeit sein, mich mit Gottes Hilfe aus dieser Abhängigkeit zu befreien. Lassen berufliche Erfolge im gewohnten Tempo auf sich warten, könnte ich Zeit in die Veränderung meines Charakters investieren usw.

König David hatte etwas Wesentliches begriffen: Dass seine Zeiten in Gottes Hand sind.

Wenn ich wirklich glaube, dass auch meine Zeiten in Gottes Hand sind und alles seine Zeit hat (Psalm 31,16) – welche praktischen Auswirkungen hat dieser Glaube auf meinen Alltag und meine Prioritäten? Auf mein Arbeitspensum und das meiner Mitarbeiter/-innen, wenn ich eine Führungsposition habe. Auf meine Entscheidungen? Und welche auf Ihr persönliches Leben? Es ist Zeit! Für ehrliche Antworten.
 

 Franziska Decker

Franziska Decker

  |  Coach Evangelisation & Follow-Up

Franziska Decker ist Coach „Evangelisation und Follow-Up“ und in Seelsorge und Beratung tätig. Sie fördert Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Sozialkompetenz und in ein Leben hineinzuwachsen, wie Gott es sich vorgestellt hat. Sie ist gastfreundlich, liebt die Nordsee und Wanderungen sowie Stille und aufmerksame Blicke nach innen.

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