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© Dylan Ferreira / unsplash.com

13.01.2025 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Wolf-Dieter Kretschmer

Glauben in stressigen Zeiten

Manchmal fühle ich mich vom Leben überrollt. Gibt es Hilfe für solche turbulenten Zeiten? Eine Andacht.

Probier’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit. Dann jagst du den Alltag und die Sorgen weg. Das rät der dicke Bär Balu dem kleinen Mogli im Dschungelbuch. Ich mag das Lied. Die Melodie ist eingängig und der Text leicht zu merken. Ein echter Ohrwurm eben.

Von Zeit zu Zeit kommt mir der Gedanke: Was wäre das schön, wenn es so einfach wäre! Aber leider gelingt es mir nicht wie Balu durchs Leben zu tänzeln. Mir fehlt sein sonniges Gemüt. Manchmal werde ich von plötzlich eintretenden Ereignissen regelrecht überrollt. Es ist, als werde mir das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Ich fühle mich fremdbestimmt, kann bestenfalls reagieren. An Ruhe und Gemütlichkeit ist dann nicht zu denken.

Pause nicht in Sicht

Im Markusevangelium wird von einer Situation berichtet, in der es den Jüngern von Jesus ähnlich ergangen ist. Jesus hatte sie zu zweit losgeschickt. Die Jünger sollten in den umliegenden Dörfern über das anbrechende Reich Gottes predigen und kranke Menschen heilen. Das hatten sie dann auch getan und dabei erstaunliche Erfahrungen gemacht.

In der Bibel lese ich: „Die zwölf Apostel kehrten zu Jesus zurück und erzählten ihm, was sie auf ihrer Reise getan und den Menschen verkündet hatten. »Kommt mit«, forderte Jesus sie auf, »wir gehen jetzt an einen einsamen Ort, wo wir für uns sind. Dort könnt ihr euch ein wenig ausruhen.« Es war nämlich ein ständiges Kommen und Gehen, sodass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden. Deshalb fuhren sie mit dem Boot in eine entlegene Gegend, um allein zu sein“ (Markus 6,30-32).

Nach dieser aufregenden Zeit wollte Jesus seinen Schülern eine Pause gönnen. Doch unglücklicherweise fiel die Pause viel kürzer aus als erhofft. In Vers 33 heißt es weiter: „Aber das hatten viele Leute beobachtet. Aus allen Dörfern liefen sie dorthin und kamen sogar noch vor Jesus und seinen Jüngern am Seeufer an.“

Was als Zeit der Ruhe und Einkehr gedacht gewesen war, entpuppte sich als weiterer besonders intensiver Tag für die Jünger. Noch dazu einer, an dem Jesus sein bis dahin größtes Wunder vollbrachte. Er versorgte 5000 Menschen mit Essen.

Gruseliges Erschrecken in der Nacht

Am Abend dieses besonderen Tages war es Jesus wichtig, dass seine mittlerweile erschöpften Jünger nun endlich die nötige Ruhe bekamen. In den Versen 45 und 46 berichtet Markus: „Gleich darauf drängte Jesus seine Jünger, in ihr Boot zu steigen und an das andere Ufer nach Betsaida vorauszufahren. Er selbst blieb zurück, denn er wollte erst noch die Leute verabschieden. Danach ging er auf einen Berg, um zu beten.“

Die Jünger machten sich auf den Weg. Allerdings entpuppte sich die Überfahrt zum anderen Ufer als nächster großer Kraftakt, denn starker Wind blies dem Boot entgegen. Die Männer mussten mit aller Kraft rudern, denn das Fortkommen war nur unter größter Anstrengung möglich. Wenn sie heil am anderen Ufer ankommen wollten, war an Pause und Erholung nicht zu denken!

Markus berichtet über den Fortgang der Ereignisse: „Jesus sah, dass sie große Mühe mit dem Rudern hatten, weil ein starker Gegenwind blies. In den frühen Morgenstunden kam er über den See zu ihnen. Er war schon beinahe an ihnen vorüber, als die Jünger ihn auf dem Wasser gehen sahen. Sie schrien auf, denn sie hielten ihn für ein Gespenst. Bei seinem Anblick waren sie zu Tode erschrocken“ (Markus 6,48-50).

Überraschende Gotteserfahrungen

Was war das für eine Zeit! Die Ereignisse der letzten Stunden waren nicht nur wahnsinnig anstrengend und kräftezehrend gewesen, sondern die Jünger hatten auch Spektakuläres erlebt: Erst hatten die Jünger erlebt, wie sie im Namen Gottes Großartiges tun konnten. Sie waren glücklich zu ihrem Meister zurückgekehrt und hatten ihm von ihren Erfahrungen berichtet.

Aber anstatt ihrer Erlebnisse in aller Ruhe verarbeiten zu können, war es gleich weitergegangen. Die Menschenmassen waren ihnen in die Einöde gefolgt. Dort hatte Jesus das bisher größte Wunder vollbracht: die Speisung der 5000. Und jetzt? Jetzt kam er während eines Sturms mitten in der Nacht übers Wasser zu ihnen gelaufen!

Ich finde es bemerkenswert, dass die Jünger gleich zweimal besondere Glaubenserfahrungen gemacht haben während einer Zeit, in der sie Erholung eigentlich gut hätten gebrauchen können. Zweimal hatten sie zur Ruhe kommen sollen und waren in Situationen hineingeraten, die alles andere als erholsam gewesen waren. Ausgerechnet in diesen Umständen hatten sie Jesus von einer neuen und machtvollen Seite kennengelernt.

Von den Jüngern lernen

Das Leben verläuft nicht so, wie es von Balu im Dschungelbuch besungen wird. Häufig bekommt man es mit Überraschungen und Planänderungen zu tun, die einen herausfordern und gelegentlich bis an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit bringen – egal wie sehr man sich um Ruhe und Gemütlichkeit bemüht.

Aber die Geschichte aus Markus 6 zeigt mir, dass gerade die schwierigen Zeiten besonders wertvoll sein können, und zwar dann, wenn Jesus mir begegnet. Wenn er sich mir vorstellt als der Herr über Wind und Wellen, der mir in den Stürmen meines Lebens zur Hilfe kommt. Wenn er sich nicht nur mir, sondern zahllosen Menschen um mich herum zuwendet und mit dem versorgt, was zum Leben notwendig ist.

Die Jünger haben lebensverändernde Erfahrungen gemacht: unterwegs im Auftrag ihres Herrn, beim Austeilen von Brot und Fisch und nachts bei Sturm auf dem See Genezareth. Meine stressigen oder stürmischen Zeiten werden anders aussehen. Und doch bin ich davon überzeugt, dass Jesus auch mir in Momenten begegnen will, in denen ich drohe unterzugehen. Dass er sich mir zuwendet in Situationen, in denen meine Kräfte schwinden, und mir von oben neue zufließen lässt.

Mir hat die Beschäftigung mit dem Bibelabschnitt gezeigt, dass ich in unruhige Lebenssituationen hineingeführt werden kann, weil ich wesentliche Erfahrungen im Glauben machen soll.

Autor/-in

Wolf-Dieter Kretschmer

Der Theologe, Autor und Redakteur war Pionier und Gründer der Fernsehabteilung des ERF. Er leitete die Redaktion Theologie und das Seelsorgeteam. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

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Kommentare (3)

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Irene /

Jesus ist besorgt um seine Jünger, wünscht ihnen Gutes und lässt sie nicht im Stich, er ist bei ihnen in Herausforderungen und gerade dann, wenn es gefährlich wird.
Wie tröstlich, dass Er so auch mehr

Marie-Luise /

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