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06.07.2021 / Zum Schwerpunktthema / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Christian Kolb

Das haben wir doch immer… neu gemacht!

Immer wieder müssen wir Teile unseres Lebens anpassen, manchmal neu denken. Christian Kolb über einen guten Umgang mit dem Neustart – der jetzt dran ist.


„Es liegen wichtige Aktualisierungen vor, Ihr Handy muss neu gestartet werden“. In unregelmäßigen Abständen erinnert mich mein Smartphone daran, dass ein Neustart erforderlich ist. Erst dann kann ich das Update nutzen. Nach dem Neustart ist mein Handy oft sicherer als bisher, manchmal kann ich neue Funktionen nutzen.

Technische Geräte erledigen solch einen Neustart fast wie von allein. Bei uns Menschen ist der Neustart in einem Bereich des Lebens komplexer. Dabei gehört es zum Leben dazu, sich neu auszurichten. Unser Umfeld ändert sich ständig – und manchmal drängt sich die Erkenntnis geradezu auf, dass ich etwas verändern muss. 

Dafür brauchen wir Momente, in denen wir einen Schritt zurücktreten, auf unser Leben blicken und uns fragen: Was passt hier nicht mehr? Wo sollte ich justieren? Das geht in der Regel nicht bei voller Fahrt. Die Corona-Pandemie hat viele Menschen ausgebremst. Sie hat uns die Möglichkeit gegeben, diesen Schritt zurückzugehen. Wir haben erkannt, wie uns zum Beispiel die Digitalisierung helfen kann. Wir haben aber auch wieder neu die persönliche Nähe zu anderen Menschen schätzen gelernt. Was wird am Ende davon bleiben?

Was hindert uns? 

In der Pandemie brauchten viele Menschen den Mut, etwas Neues auszuprobieren. Beispielsweise war es für christliche Kirchen und Gemeinden ungewohnt, ihre Gottesdienste per Livestream zu übertragen. Die Notwendigkeit und praktisches Wissen haben gefehlt. Heute ist eine digitale Übertragung für viele normal. Auch viele unserer sonstigen Begegnungen, Meetings und Diskussionen haben wir in den digitalen Raum verlegt. 

Manchmal braucht es mehr als die Übertragung von bekannten Dingen in neue Formate, es braucht echte Innovation oder lebensverändernde Neustarts. Hier hindert uns oft die Angst zu scheitern, die neuen Wege wirklich zu gehen. Für andere kann der überhöhte Maßstab, den wir zum Bespiel an uns selbst anlegen, ein echtes Hindernis sein.

Aber auch was andere denken könnten, hindert uns daran, Dinge auszuprobieren. Oder es sind gelernte Grundüberzeugungen wie „Das haben wir schon immer so gemacht!“ Natürlich sollten wir auf die Erfahrung anderer hören. Das darf uns aber nicht daran hindern, eigene und neue Erfahrungen zu machen.

Ein großes Hindernis für einen Neustart ist auch die weit verbreitete Neigung, alle Risiken auszuschließen. Wenn wir immer auf Nummer sicher gehen, wird sich wahrscheinlich auch nichts verändern.

Neustart oder Sicherheit? 

Wie kann ich mit meinem Bedürfnis nach Sicherheit gut umgehen? Mir hilft das Beispiel eines Freundes von Jesus: Petrus. In einer Szene geraten er und weitere Freunde bei Sturm in Seenot. Jesus kommt ihnen zu Hilfe und läuft dabei auf dem Wasser (Matthäus 14).

Daraufhin will Petrus auch auf dem Wasser gehen, um sich sicher zu sein, dass es wirklich Jesus ist. Jesus ruft ihm zu: „Komm her!“ Und tatsächlich, solange er seinen Blick auf Jesus richtet, geht er auf dem Wasser. Sein persönliches Wagnis beginnt, das Wasser trägt. Erst als er realisiert, dass um ihn herum der Sturm tobt, zweifelt er – und sinkt. Jesus reicht ihm die Hand und rettet ihn.

Ob die anderen Jünger Petrus erst zurückhalten wollten und ihm alle Risiken vor Augen geführt haben? Wir wissen es nicht. Klar ist: Erst durch den Mut und den Zweifel von Petrus hat er – und mit ihm die anderen im Boot – erkannt, wie außergewöhnlich Jesus ist. Dass er der Sohn Gottes ist. Es war sicher ein Neustart-Moment für die Freunde von Jesus. 

Mich begeistert hier, dass Jesus ein Mutmacher ist. Er ermutigt Petrus, den ersten Schritt aus dem sicheren Boot zu wagen. So erlebe ich Jesus auch heute. Auch ich bekomme immer wieder Mut für meine ersten Schritte von ihm zugesprochen. Den Mut, etwas zu wagen. Darauf verlasse ich mich bei jedem persönlichen Neustart. 
 

Mein persönlicher Neustart 

Das führt unweigerlich zum nächsten Schritt: Der Mut für den Neustart beinhaltet, die Dinge einmal vom Grunde her neu zu denken und Altbewährtes in Frage zu stellen. Ein richtiger Neustart darf also etwas sein, das es bislang noch nicht gegeben hat.

Bei diesen größeren, neuen Schritten ist es hilfreich, den Neustart gut zu planen – und so dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis zu begegnen.

So habe ich es auch gemacht bei meinem letzten Neustart: meinem Wechsel zum ERF. Ich hatte eigentlich einen festen beruflichen Plan, war zufrieden mit meiner beruflichen Tätigkeit und gar nicht auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber.

Dann erreichte mich an einem Freitagnachmittag ein Anruf. Ich wurde gefragt, ob meine Adresse an den ERF weitergegeben werden darf. Nach ein paar Telefonaten habe ich Sonntagabend eine Bewerbung abgeschickt. Mit nicht viel mehr als dem Gedanken: „Was soll schon passieren?“ 

Acht Wochen später musste ich mich entscheiden: Verlasse ich den sicheren Beruf im Öffentlichen Dienst und wechsle zu einem Arbeitgeber, der sich über Spenden finanziert? Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen. Ich habe mit Gott im Gebet gerungen, mich mit meiner Frau beratschlagt. Letztendlich hat mich ein kleiner Zettel aus dem Adventskalender meiner Tochter überzeugt. „Der Herr versorgt und beschützt“ stand darauf. Ich habe zugesagt und meinen beruflichen Neustart beim ERF gewagt. Bis heute kann ich sagen, es war die richtige Entscheidung. 
 

Was es für einen Neustart braucht 

Gerade bei größeren Lebens-Entscheidungen, nach einem Scheitern oder nach einer persönlichen Verletzung brauche ich also Menschen, die mir Mut machen. Ein Netzwerk aus Mutmachern. Menschen, die meine Ideen hinterfragen, mich aber auch darin bestärken, es wieder neu zu wagen. Mir hilft es sehr, solche Vertrauenspersonen an meiner Seite zu wissen, in der Familie und darüber hinaus.

Losgehen ist auch immer mit Loslassen verbunden. Bevor ich mein neues Vorhaben starten konnte, musste ich Altes hinter mir lassen. Ich habe meinen engen Freundeskreis über meine berufliche Veränderung informiert. Im Rahmen meiner letzten Arbeitstage beim alten Arbeitgeber habe ich mich von vielen Kolleginnen und Kollegen persönlich verabschiedet. Die Rückgabe meines dienstlichen Laptops war dann das sichtbare Zeichen des Abschieds. 

Ich habe mir auch überlegt: Was passiert, wenn ich scheitere? Einen fertigen Plan B hatte und habe ich nicht in der Tasche. Meine Frau und ich haben aber durchdacht, was schief gehen könnte und wie wir darauf reagieren. Als wir die Risiken bewusst erkannt und benannt hatten, wurden diese aber auf einmal deutlich kleiner. So konnte ich befreiter die nächsten Schritte gehen. 

Ich habe mich auch an den vielen Neuanfängen in der Bibel orientiert. Ich denke an Noah, der ein 
Boot auf dem Land baute, das es so noch nie gab (1. Mose 6-8). Er machte einen Neustart der Menschheit möglich. Ich denke an Mose, der sein Volk in einen Neustart in die Freiheit führte (2. Mose). Oder ich denke an die Geschichte des verlorenen Sohnes, in der ein Vater der Beziehung zu seinem Sohn eine neue Chance gibt (Lukas 15,11-32). Diese Geschichten fordern mich heraus, sie helfen mir aber auch.

Der richtige Zeitpunkt? Jetzt. 

Berufswechsel, Corona und mehr: Herausforderungen begegnen mir immer wieder. Unsere Zeit bringt es jedoch mit sich, dass die Veränderungen gefühlt immer schneller auf mich zukommen. Kaum habe ich mir einen guten Plan zurechtgelegt, passt dieser nicht mehr zum Umfeld. Die Suche nach dem richtigen Zeitpunkt für einen Neustart erscheint fast unmöglich.

Ich habe gelernt: Den perfekten Zeitpunkt für einen Neustart gibt es vermutlich nicht. Manchmal muss ich es einfach mutig ausprobieren.

Das hat übrigens nicht unbedingt etwas mit dem Alter zu tun. (1. Mose 12,1-6) Der richtige Zeitpunkt, um den Plan in die Tat umzusetzen, ist im Zweifelsfall jetzt.
 

Neustart mit Hoffnung 

Mutig zu sein ist also eine Voraussetzung für einen Neustart. Dafür brauche ich Hoffnung. Die Überzeugung, dass es gut werden kann. Diese Hoffnung spricht mir Gott immer neu zu. Jesus ist bei meinen Neuanfängen eine Konstante. An ihm und seinen Mut machenden Aussagen kann ich mich ausrichten und immer wieder neue Hoffnung schöpfen.

Sind Sie dabei? Fassen Sie den Mut, einen Neustart zu wagen – und freuen Sie sich, wenn andere Menschen einen Neustart wagen? Ich denke: Die Zeit ist jetzt. 


Christian Kolb, seit September 2020 geschäftsführender Vorstand des ERF. Er ist leidenschaftlicher Nutzer von neuen digitalen Lösungen und sieht viel Potenzial, auf diesen Wegen Gottes Wort zu verbreiten.

 

 Christian Kolb

Christian Kolb

  |  Stellvertretender Vorstandsvorsitzender

E-Mail: [email protected]  |  Tel. 06441 957–377

Gotteskind, Bankbetriebswirt, Unternehmensentwickler, Veränderungsbeschleuniger, seit September 2020 stellvertretender Vorstandsvorsitzender mit den Schwerpunkten Finanzen, Spenderbetreuung, IT & Services, Personal. 

Ehrenamtliches Engagement:

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